Schon von weitem konnte Benjamin seine Kumpels an dem weißen Stehtisch sehen. Er wollte seinen Schritt beschleunigen, aber damit würde er seinen coolen Gang gefährden. Also blieb Ben, wie er lieber genannt wird, nach außen hin ganz gelassen, während er innerlich total angespannt war. Seine Kumpels, Noah und Timon, waren bereits lautstark am Diskutieren als Ben endlich zu ihnen stieß.
„Okay, wenn also die Welt und alles Leben auf ihr aus diesem 'Teig' gemacht wurde, woraus wurde dann der Teig gemacht?" „Ist doch logisch. Aus der Kleidung Gottes. Außerdem darfst du nicht vergessen, dass es nicht irgendein Teig ist." „Ja ja. Ich weiß. Der Teig ist mit Smarties." „Riesigen Smarties!"
Ben ist nicht überrascht. Sorgen würde er sich machen, wenn die Diskussionen seiner Freunde einmal nicht komplett hirnverbrannt und verrückt wären. Also versuchte er erst gar nicht zu verstehen worum es genau geht. Letztendlich hatte Ben viel wichtigere Sorgen.
„Hey, Ben. Auch endlich da. Wir haben dir schon einen Döner bestellt." meinte Noah, nachdem er die Diskussion für beendet erklärt hat. Timon klopft Ben zur Begrüßung nur kurz auf die Schulter. „Jo, Leute. Danke. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich den schaffe." „Hast du etwa schon ohne uns gegessen? Wie kannst du nur?" gespielt gekränkt schaute Timon Ben an und versuchte wieder einmal seinen Hundeblick. Ohne Erfolg. „Du kannst den immer noch nicht. Frag Mal meine Schwester, die kann dir den Hundeblick perfekt vormachen!" Bevor Timon Noah wegen dieser Bemerkung eine nicht ernst gemeinte Beleidigung an den Kopf werfen konnte, bemerkte er die Miene, welche Ben nun zeigte.
Seine Hände waren, wie zum Gebet, aneinander gelegt und ruhten vor seinem Mund. Er entließ ein leises Seufzen und starrte an seinen Freunden vorbei in den wolkenlosen Himmel. „Bruder," Timon legte seine Hand auf Bens Schulter „da ist definitiv etwas passiert. Was ist los? So habe ich dich noch nie erlebt. Der coole Ben, komplett aus der Fassung." „Ich kenne diese Haltung. Das letzte Mal, als ich ihn so gesehen habe, hatte er eine Schramme in die Karre seines Alten gefahren. Da hatte er auch diesen 'Ich weiß nicht was ich jetzt machen soll'- Blick drauf."
Noah hatte ja keine Ahnung. Sein Problem war auf einer anderen Ebene verzwickt. „Scheiße, Jungs. Wenn es nur eine Schramme am Auto wäre, dann wüsste ich wie ich das regeln kann. Aber in diesem Fall, hab ich wirklich keine Ahnung." Gespannt hörten sie Ben zu.
„Ich bin doch letztens von zu Hause ausgezogen. Beste Entscheidung ever. Günstige Wohnung, nah an meiner Arbeitsstelle. Aber meine Nachbarn ..." „Machen Ärger!" „Nein, sie wollen dich raus ekeln mit Falschmeldungen über Leichen in deinem Keller." „Besser. Sie sind zu freundlich und lassen dich keine Sekunde in Ruhe. Ich verstehe wie das ist. Nicht Mal eine Minute um sich zu erleichtern. Du hast mein vollstes Mitleid."
Natürlich musste so etwas von meinen Kumpels kommen, wie hätten sie sich auch so eine Chance entgehen lassen. Aber all das wäre ihm lieber gewesen. „Jungs, hört auf damit. So ist das nicht. Es geht um eine bestimmte Nachbarin. Sie wohnt in dem Haus gegenüber von meinem." „Sprich nicht weiter. Ich weiß es. Eine verheiratete Frau. Ihr seid euch zufällig immer wieder begegnet, bis sie dich in ihr Haus gezogen hat. Ganz übel." „Nein, anders. Seine Nachbarin hat sich in unseren Kumpel verknallt und stalkt ihn jetzt jede freie Sekunde. Schau da hinten ist sie. Hinter dem Baum dort!" Noah zeigt mit seinem ausgestreckten Finger auf den Gummibaum vor dem Einkaufszentrum, hinter dem sich ein kleines Mädchen versteckt, dass gerade mit ihren Freunden verstecken spielt.
„Könnt ihr endlich mit dem Mist aufhören. Es ist mir wirklich ernst. Wenn ich nicht mit euch darüber sprechen kann, dann werde ich noch wahnsinnig. Dann rede ich mit meiner Mutter, denn mit irgendwem ..." schon wieder wurde Ben unterbrochen. Es war nun für seine Freunde deutlich zusehen, dass es ihm gar nicht gut ging. Es war nicht so, dass Ben gleich anfangen würde zu weinen. Nein. So etwas tun Männer nicht. Aber es ging ihm nicht gut, soviel war klar. „Ben, ist gut. Wir wollten nur Spaß machen. Erzähl was los ist. Ich schwöre für mich und Noah, dass wir dich nicht mehr unterbrechen und zuhören," mit seinem Fuß kickte Timon Noah an, der noch ein wenig am Lächeln war über seinen lustigen Einfall, „nicht war?" „Ja, klar. Wir hören zu."
Tief sog Ben Luft in seine Lungen und ließ sie wieder entweichen. Dann begann er richtig zu erzählen. „Meine Nachbarin wohnt in dem Haus mir gegenüber. Sie ist bestimmt schon 20, aber ihr wisst, dass ich mit dem Alter abschätzen so meine Probleme habe. Ich bin mir aber sicher, dass sie über 18 Jahre alt sein muss, denn sie fährt jeden Tag mit ihrem Auto weg. Um kurz nach sechs. Ich bin kein Stalker. Ich sehe sie nur jeden Morgen, weil ich mich zu der Zeit gerade fertig mache um selbst zur Arbeit zu fahren. Bevor ihr fragt. Sie sieht toll aus. Nicht so zerbrechlich, wie die Püppchen, die ihr zu den Partys immer dabei habt. Meistens ist sie schon vor mir zurück. Ich sehe dann ihr Auto in der Einfahrt. Das Haus gehört, glaube ich, ihren Eltern und sie lebt dort auch mit ihnen. Ja, ich weiß. Lasst mich weiter erzählen. Also, an dem einen Tag war ich zu spät dran. Ich habe meinen Wecker nicht gehört und musste mich ziemlich beeilen. Ich habe das Haus hektisch verlassen und sah, dass ihr Auto auch noch vor dem Haus stand. Normalerweise wäre es nicht da. Auch sie verließ das Haus und wirkte auf mich sehr aufgewühlt. Dann sah sie mich, ich wollte gerade in mein Auto steigen und losfahren. Sie hielt mich auf und fragte, ob ich sie mitnehmen könne. Ihr glaubt gar nicht wie schön ihre Stimme war. So klangvoll und autoritär. Auch wenn ich sie nicht schon seit längerem interessant finden würde, hätte ich sie nach dieser Aufforderung ohne zu zögern mitgenommen. Während der Fahrt sagte sie mir nur wohin es geht und das ich mich beeilen sollte. Das hatte ich sowieso vor, schließlich war ich auch spät dran. Es war schrecklich neben ihr zu sitzen. Sie hat nicht unangenehm gerochen, nein, im Gegenteil. Sie hatte ein sehr anziehenden Duft an sich. Einfach unfair. Besonders, weil es den Fahrer ablenkt.
Eins muss ich euch sagen, lasst es niemals geschehen, dass eine Frau in euer Auto steigt und dort irgendein Fach öffnet. Oder vielmehr, bewahrt nichts peinliches oder unangenehmes in eurem Auto auf. Sie hat mein Musikfach geöffnet und meine neuste Errungenschaft entdeckt. Ich weiß, wenn ich es gleich sage, dann lacht ihr mich auch aus. Aber ich mag die halt. Also sie fand meine neuste Ausgabe von meinem Lieblingsmanga. Als ich das realisiert hatte, habe ich es ihr schnell weggenommen und zurückgelegt. Jetzt war ich unten durch, garantiert. Doch sie sagte nichts weiter und blickte nur noch starr gerade aus, auf die Fahrbahn. Warum hatte ich bloß vergessen, dass ich es noch da aufbewahrt hatte. Dann auch noch eines der brutalen Sorte. 'Killing Morph'. Also, ich setzte sie an ihrer Arbeitsstelle ab, ein Bürokomplex mitten in der Innenstadt, und fuhr zu meiner Arbeit. Ich habe mich dann den ganzen Tag gefragt, wie sie wohl zurück kommen wird, ohne Auto. Dieser Gedanke war so hartnäckig, dass ich nach meiner Schicht bei ihrer Arbeit vorbei gefahren bin, nur um zu schauen, ob sie vielleicht vor dem Gebäude steht und nicht mitgenommen wird. Doch da war keiner. Aber seit dem Tag, dass ist jetzt vielleicht drei Tage her, habe ich ein schlechtes Gewissen und bekomme sie einfach nicht aus meinem Kopf. Dabei weiß ich nicht Mal ihren Namen. Ich glaube, es ist eingetreten, wovon wir meinten, dass es uns niemals passieren wird. Ich habe mich verliebt. In meine Nachbarin. So jetzt habe ich es endlich erzählt. Was kann ich dagegen tun?"
Fassungslos starrten mich Timon, Noah und Farid, vom Döner-Laden an. „Isch bin nich der richtige Ansprechpartner für so was. Wollt dir nur deinen Döner bringen, bevor der kalt wird." damit war Farid auch schon wieder weg.
Timon und Noah schauten immer noch erstaunt Ben an. „Bro, das du der erste sein würdest hätte ich nicht geglaubt. Wie konnten sie ihn nur so früh von uns holen. Er war doch noch so jung." In jeder anderen Situation hätten sich die drei jetzt über Timons schauspielerische Einlage lustig gemacht, aber heute war Ben so verzweifelt wie noch nie. „Ich glaube, dass hilft Ben reichlich wenig, Timon. Also halt den Rand. Was er jetzt braucht sind Profitips von einem Fachmann. Wer kennt sich mit Frauen besser aus als eine Frau. Ich rufe meine Schwester an, die kann dir sicherlich helfen." „Das meinst du nicht ernst, die feindliche Seite involvieren, spinnst du?" Timon, schon wieder. Mit einem Schlag von jeder Seite auf einen Arm verstummte er, aber nicht ohne noch ein theatrales 'Aua' hören zu lassen. Ben war nicht ganz überzeugt, die Schwester von Noah da mit reinzuziehen, immerhin wollte er ja einen Rat von seinen Jungs.
DU LIEST GERADE
The Girl across the Street
Teen FictionBenjamin hat ein Auge auf seine Nachbarin geworfen. Aber bisher hat er sich nicht getraut sie anzusprechen. Das ändert sich, als sie auf ihn zukommt.