Der Text

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Ihr seid so wie sie wollen, dass ihr seid

Ich war nie besonders mutig. Deshalb ist dieser Text auch anonym. Bisher fand ich das überhaupt nicht schlimm, denn ich habe andere Stärken. Doch erst jetzt habe ich gemerkt, wie hinderlich mir diese Tatsache in den letzten Jahren war, weil ich mich nie getraut habe, das zu sagen, was ich jetzt schreibe.

Ich bin komplett fertig mit meinen Nerven. Ich bin erschöpft und so unglaublich wütend, dass ich nicht mehr alles in mich hineinfressen kann. Ich muss JETZT alles herausschreien!

Ich bin 15 Jahre alt, und verschwende meine gesamte Kindheit und Jugend damit, Dinge zu tun, die ich nicht will und deren Zweck ich nicht einsehe. Und trotzdem tue ich es. Wahrscheinlich tut jeder von euch, der diese Zeilen jetzt grade liest, egal ob Schüler oder Lehrer, oft Dinge, die ihr nicht tun wollt. Ihr nehmt es hin, beschwert euch vielleicht noch nicht einmal, hinterfragt es nicht und existiert einfach so dahin während eure Lebenszeit euch durch die Finger rinnt. Wenn das wirklich das ist, was ihr wollt, dann kann ich nichts dagegen machen. Doch ich muss mein Leben in die Hand nehmen und für mein Glück tätig werden.

Ich bin unglücklich, damit wie es grade läuft! Ich finde es furchtbar, abends mit Kopfschmerzen ins Bett zu gehen, zu merken, wie die Schule wichtiger wird als meine Gesundheit. Ich halte diesem Druck nicht länger stand! Ich bin müde! Ich will glücklich sein! Und das, was mich daran hindert ist dieses dumme Schulsystem aus längst vergangenen Zeiten!

Ich finde es grauenhaft, dass mich der ganze Stress, den die Schule verursacht, zu einem teils anderen Menschen macht. Ich bin total gestresst und schnell gereizt. Ich kann mir nicht die Zeit für meine Freunde und meine Familie nehmen, die sie verdienen! Meine Freunde und meine Familie bedeuten mir alles! Sie geben mir Halt und Geborgenheit. Wegen der ganzen Zeit, die die Schule mit ihrem Leistungsdruck und Hausaufgaben frisst, habe ich viel zu wenig Raum für sie. Mir fehlt Geborgenheit, Halt und Freiheit! Deshalb fühle ich mich mehr und mehr verloren. Das kann doch nicht richtig sein?!

Ich kann nicht die Dinge tun, die ich gerne tun würde, weil ich keine Zeit dafür habe. Stattdessen muss ich Hausaufgaben für Chemie machen und für einen Test in Englisch lernen. Ich kann mich nicht mit Psychologie beschäftigen, weil ich überhäuft werde in einer Epoche in Biologie mit Hausaufgaben, obwohl mich Psychologie viel mehr interessiert!

Es gibt unter euch bestimmt auch Menschen, die ähnlich empfinden wie ich. Viele Menschen würden vielleicht auch gerne etwas sagen, aber trauen sich nicht, weil uns an der Schule nicht beigebracht wird, wie wir unsere Meinung sagen. Uns wird nicht einmal beigebracht, eine eigene Meinung zu entwickeln! Und viele von euch sagen bestimmt etwas, und werden einfach überhört, von Mitschülern und Lehrern, weil uns an der Schule nicht beigebracht wird, wie man zuhört!

An unserer Schule gibt es Lehrer, die lieber wollen, dass ich stumm funktioniere, als eigenständig zu denken. Es gibt Schüler, die sagen, ich soll im Unterricht die Klappe halten und aufhören mit dem Lehrer zu diskutieren, ich solle einfach machen was er sagt. Ich werde groß in der nächsten Generation von Ja-Sagern!

Braucht es immer noch unkritische preußische Soldaten, die nichts hinterfragen? Wir bekommen immer noch Gedachtes gelehrt anstatt uns endlich Denken beizubringen. Und die wenigen, die selbständig denken können, stehen mit ihrer Meinung allein und am Rand. Herzlich willkommen in Orwells 1984!

Ich kritisiere nicht allein unsere Schule, und ich weiß auch, dass vieles was ich an unserer Schule falsch finde, vorgeschrieben wird. Wir müssen Notenprostitution betreiben, brauchen Abschlüsse, und werden nicht nach unserem Charakter und echten Fähigkeiten beurteilt, sondern nur danach, was wir in der Schule so wiederkäuen. Daher gilt diese Kritik auch allen anderen Schulen. Sie gilt dem Schulsystem, welches dringend überarbeitet werden muss.

Ich bin wütend, weil ich mich nicht traue zu sagen: „Ich mache die Hausaufgaben nicht!"

Anstatt das zu sagen, sitze ich bis in den späten Abend auf meinem Bett und lerne.

Ich möchte, dass ihr euch jetzt alle eine Frage stellt: Sagt ihr immer was ihr wirklich denkt und wollt? Wisst ihr, was ihr wollt?

Warum wird uns in der Schule nicht beigebracht, wie wir unsere Zeit organisieren? Ich bin wirklich gut in der Schule, aber ich bekomme nicht den Input den ich brauche! Das meiste was ich mache, sind Fleißarbeiten. Ich verstehe vollkommen, das man bestimmte Dinge für das Leben braucht, aber über die Hälfte der Sachen, die ich jetzt in der Schule lerne, brauche ich sowieso nicht.

Ich habe das Gefühl, meine Jugend mit Schule zu verschwenden! Ich bin nur ein einziges Mal 15. Und ich war nur ein einziges Mal 14. Ich kann nie wieder 14 sein, oder 13, oder 10. Dabei hätte es vieles gegeben, was ich gerne gemacht hätte. Ich wäre gerne einmal ein unbeschwerter Teenager. Aber jetzt komme ich mir vor wie eine 40 jährige.

Ich bin traurig, weil ich zu einem Menschen werde, den ich selbst verachte. Ich tue brav, was mir gesagt wird, obwohl ich es in meinem Innern zutiefst ablehne! Ich wollte nie jemand sein, der Dinge tut, weil sie einem gesagt werden! Eigentlich bin ich ein Mensch, der für die Dinge kämpft, die ihm viel bedeuten. Aber meine Kraft ist gering. Und trotzdem könnt ihr diesen Text nun lesen. Ich beginne zu kämpfen. Ich fange an zu sagen, was ich denke und fühle, und hoffe, dass es euch erreicht.

Ich weiß, das dieser Text viel zu wahr ist, um schön zu sein. Aber das ist das, was ich sagen musste.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 07, 2020 ⏰

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