1. Das geht nicht

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Jeden Morgen stand er da, vor dem Spiegel. Kaum aufgestanden und schon betrachtete er den Körper den er von Mutternatur bekommen hatte. Diese Figur, die Brust, einfach alles war daran falsch. Dylan wusste, dass das nicht der richtige Körper war, aber niemand wollte ihm glauben, also redete er sich ein, dass das alles schon so richtig war.
Müde von der viel zu kurzen Nacht, die er überwiegend mit nachdenken verbracht hatte, schlurfte er zu seinem Schrank. Zuallererst, und das war für ihn überhaupt das wichtigste, zog er seinen hautfarbenen Binder über. Nach passender Kleidung suchend griff er sich einen dunkelblauen Hoodie, eines seiner karierten Hemden zog er über diesen. Als nächstes nahm er eine graue, an den Knien gerissene Jeans. 
Jetzt begann der Horror erst richtig.

Vorsichtig steckte er den Kopf aus der Tür um zu lauschen ob seine Eltern noch zu Hause waren. Als er keinerlei Geräusche vernahm wagte er sich aus seinem Zimmer. In der Küche angekommen machte er sich nur ein leichtes Frühstück und nahm sich noch eine Birne für den Schulweg.
Mit seinem Rucksack auf dem Rücken lief er schließlich in Richtung der Schule. Jeden Tag wurde er direkt nervös wenn er das Haus verließ. Aber es brachte ihm auch nichts sich zu verstecken.

Auf halben Weg sah er die ersten Mitschüler. Diese liefen zum Glück aber weiter vor ihm und sahen den Teenager nicht. Zu seinem Glück blieb der Hinweg zur Schule ruhig, das passierte nur selten.
Kaum hatte er das Schulgelände betreten bekam er die Wörte wieder an den Kopf geklatscht. Von der einen Seite kamen immer wieder Wörter wie "Missgeburt" oder "Transe". Von der anderen Seite kamen sogar Sätze "Deine Eltern hätten besser ein Kondom benutzen sollen, du ****fehler". Dylan war es gewohnt, also ignorierte er alles was um ihn herum geschah. Trotzdem ging ihm das sehr nah. Sein Herz stach bei all diesen abwertenden Worten. Niemand verstand ihn. Nicht mal er selbst verstand sich. Er wusste selbst nicht wirklich warum er so fühlte, aber darüber sprechen, nein das war keine Option, mit wem auch?

Die erste Stunde verlief ruhig, ein paar Anküdigung die Dylan überhörte und der übliche Unterrichtsstoff. Das Schlimme kam aber erst noch, um genauer zu sein heute Nachmittag. Sportunterricht.

Wiedermal stand er vor den Umkleiden. Er wollte so sehr zu den Jungen, aber weder diese noch der Lehrer ließen dies zu. Also verschwand er auf die Toilette um sich dort alleine umzuziehen. Während des Unterrichts war er durchgehend angespannt, niemand kümmerte es ob er mal einen Ball ins Gesicht bekam oder ob er mal alleine auf der Bank saß und in keines der Teams gewählt wurde.
Heute war einer der besonders nervigen Tage. Zuerst bekommt er einen Basketball direkt vor die Nase und dann...hat ihm auch noch jemand dir Klamotten zerrissen. Welcher Mensch, der bei klarem Verstand ist, macht so etwas? Das schlimme war eigentlich nichtmal das sie kaputt waren, er hatte schließlich noch seine Sportsachen für den Heimweg, das Schlimme war das seine Eltern im keine neuen Sachen kaufen würden, nein, so ganz stimmt das nicht. Sie würden ihm neue Kleidung kaufen, aber feminine, und genau das wollte er vermeiden, nie mehr würde er weibliche Klamotten tragen.

Endlich aus der Schule raus musste es ja auch passieren, er rannte direkt in jemanden rein. So unkoordiniert wie er nun mal war strauchelte er und viel nach hinten. Bereit für den Aufschlag, kniff er seine Augen reflexartig zusammen. Nur kam kein Aufprall, jemand hatte ihn aufgefangen. Irritiert öffnet er die Augen und sah in zwei grüne Augen "Tut mir leid, alles in Ordnung?" Immer noch komplett perplex presste er die Lippen zusammen, wenn er jetzt redet, würde sein Gegenüber merken wie seltsam er war, das er ekelig war. Dylan wandte schnell den Blick ab und sprach so schnell wie möglich "Ja, alles gut, 'tschuldige". Gleich danach löste er sich von dem Fremden und rannte regelrecht schon nach Hause. Was war das für ein seltsames Gefühl? Dieser Typ muss ihm grade seine Seele ausgesaugt haben, sein Herz schlug ihm bis zum Hals, er hatte das Gefühl es würde gleich explodieren. Aber das, was er da grade spürte, das durfte nicht sein. Nein, er muss es weg sperren. Es musste sein.  

KörperknastWhere stories live. Discover now