Zwei

32 3 0
                                    

Nun, was soll schon groß aus mir geworden sein, seit meinem 16 Geburtstag? Natürlich nicht viel. Ich würde mich so beschreiben: ein Ex-Star, einst berühmt, heute nur noch geduldet. Zurückgezogen habe ich mich, in einen Kreis an den nur noch wenige herankommen.
Meine Maske? Die Beteiligte.
Ich bin nicht mehr wie früher eine die auslöst. Früher war ich aufgeweckter, lebendiger.
Doch diese Maske liegt jetzt ganz unten. Zu viel bedeutet sie mir, so viel dass ich sie niemals wieder tragen werde.
Mein soziales Umfeld lässt sich ähnlich beschreiben, früher alle Täter, heute nur noch Mitläufer.

Ich liege auf meinem Bett und mein Handy klingelt schon zum 4ten Mal innerhalb 3 Minuten und ich überlege mittlerweile ernsthaft ob ich nicht doch annehmen will.
Eigentlich gehe ich nie an mein Handy, ist so eine Angewohnheit, doch diesem jemand der mich anruft, scheint es sehr wichtig zu sein.
Das Klingeln stoppt und ich atme auf.
Während ich danach lange um zu sehen wer es war, fängt es schon wieder an zu vibrieren. Anonym steht auf dem Display. Ich stöhne und schmeiße es gegen meine Zimmerwand. Bestimmt ein Riss.
Auch egal.
Langsam richte ich mich auf.
Die kleine Digitaluhr auf meinem Nachttisch zeigt 13:06 Uhr und Samstag 14. Juli 2014.
Zeit mit dem Hund Gassi zu gehen.
Ich springe auf schnappe mir meine Jeans die auf dem Boden liegt.
Im Flur treffe ich auf meine sichtlich gestresste Mutter, die gerade versucht meinen 7 jährigen Bruder seine Schuhe anzuziehen. Leider ist er der festen Überzeugung, es könnte heute regnen und er muss seine Gummistiefel anziehen.
Ich ignoriere die beiden und nehme mir die Hundeleine. Natürlich kommt Josef nicht auf Pfiff und ich stapfe entnervt zur Küche. Josef, eine Labrador-Poodle Mischung mit einem seltsamen Namen (ich weiß) ist der warscheinlich faulste Hund dieses Gottverdammten Ortes. Wenn man mit ihm spazieren gehen will, benötigt es alle aufbringbaren Überredungskünste, um ihn in Richtung Tür zu zerren.
Heute habe ich Glück; der Hund muss warscheinlich kacken, deswegen steht er schwanzwedelnd in der Tür.
Draußen ist es schlimm, aber den ganzen Tag in meinem abgedunkelten Zimmer zu hocken ist deprimierend. Und ich hasse es deprimiert zu sein. Ich habe zwar Angst, jemanden zu treffen den ich kenne, oder noch schlimmer, der mich kennt (denn solche Leite lassen sich nicht ausblenden) aber selbst wer kurz davor steht depressiv zu werden, (Eigendiagnose, stimmt aber) muss gewisse Pflichten einhalten. Draußen ist es wärmer als erwartet und ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke herunter. Josef trottet gemächlich neben mir her. Gelegentlich grunzt er auf, wenn er glaubt etwas zu wittern, aber Hand aufs Herz; sein Geruchsinn ist seit Jahren nicht vorhanden. Ich bezweifel es sogar stark, dass er je einen bessen hat.
In der Ferne sehe ich jemanden kommen. Ich überlege ernsthaft, was ich jetzt tun soll.
a) Einfach weitergehen, die Person ignorieren
b) Einfach weitergehen, die Person abwimmeln
c) Einfach auf dem Absatz kehrt machen

Normalerweise hätte ich c) genommen, doch Josef hat sich noch nicht erleichtert und der Wald ist noch ein Stückchen entfernt. Also a). Es ist ein Typ, ca. in meinem Alter. Keine Ahnung, ich bin schlecht darin Menschen einzuschätzen. Ich habe ihn nich nie gesehen, was aber nicht viel bedeuted da ich auch schlecht darin bin, mir Menschen zu merken. Interessiert mich einfach wenig.

Es ist schon irgendwie lustig, wie mich das Schicksal immer zu den passendesten Gelegenheiten fickt. Denn anstatt einfach an mir vorbei zu gehen, lächelt der Junge mich an und redet los.
„Hallo, mein Name ist Julian, ich bin Neu hier. Könntest du mir vielleicht sagen, ob es hier in der Nähe einen Supermarkt gibt?"
Suchend blicke ich mich um, ob er nicht vielleicht jemand anderes gemeint haben könnte. Hat er nicht, natürlich.
„Woher willst du wissen dass ich von hier bin?" Ich weiss nicht warum ich das jetzt gesagt habe. Mit einem einzigen Satz habe ich a) und b) gestrichen.
„Naja, du bist mit deinem Hund unterwegs..." Josef schnuppert wie auf ein Stichwort an Julians Hose, der lächelt und streichelt dessen Kopf.
Der Konter war schwach, warscheinlich war es nicht einmal einer, doch ich bin sprachlos. Irgendetwas ist an diesem Typen, ich muss hier weg.
„Wir haben hier einen sehr kleinen Laden, der Brot, Eier und Gempse verkauft. Supermarkt ist knapp 10 Kilometer entfernt." Jetzt wo alles eh zu spät war, entschied ich mich für c) und rannte beinahe weg.
Ich hörte ihn noch hinter mir her rufen.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 23, 2015 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Angels with dirty facesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt