Earth Skills

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„Wir müssen hier weg!", rief Finn und wir schauten uns angstvoll an. Dann stiegen Octavia und Monty über die Steine und Finn und ich folgten ihnen. Ich drehte mich noch einmal um, um zu sehen, wo Jasper war, doch Finn zog mich am Arm mit sich. „Wir können ihn doch nicht einfach allein lassen!", protestierte ich, aber die anderen liefen weiter. Auch Monty drehte sich zu uns um und ich konnte erkennen, dass er seinen besten Freund genauso wenig zurücklassen wollte wie ich. Ich hatte die Hoffnung, dass der Speer Jasper nicht tödlich getroffen hatte, aber Finn schüttelte den Kopf. „Wir helfen niemandem, wenn wir auch noch getötet werden", meinte er und ich wusste, dass er recht hatte. Ich nickte und wir rannten weiter zurück in den Wald. Wir rannten querfeldein über Wiesen und Wurzeln und an einer der Wurzeln, die aus dem Boden ragten, blieb Monty hängen und fiel hin. „Los komm, wir müssen weiter", rief Finn und wir halfen ihm, aufzustehen. Schockiert drehte ich mich um und schaute auf den Boden. Vor Monty lagen die Rippen eines Skeletts. Auch Octavia und Finn, die Monty auf die Beine halfen, hatten es gesehen und Finn sprach die Frage aus, die ich mir auch gestellt hatte. „Wer sind die?" Neben dem Torso hatte ich auch einen Schädel entdeckt, den ich jetzt vorsichtig in die Hände nahm. Die Augenhöhlen waren tiefer als bei uns und der Kiefer schien mehr herauszuragen. Der Schädel war dem eines Affen ähnlich, soweit ich das beurteilen konnte und ich berichtigte Finns Frage von eben. „Was sind die?" Octavia sah zu mir. „Wir stecken so in der Scheiße", stellte sie fest und ich ließ den Schädel fallen. Da ertönte ein Schmerzensschrei und wir blickten den Weg zurück, den wir gelaufen waren. Dieser Schrei stammte zu 100 Prozent von Jasper! „Er ist am Leben!", rief ich und rannte zurück zum Ufer, während die anderen mir folgten. „Jade, warte!", rief Finn, aber ich hörte nicht auf ihn und lief weiter in Jaspers Richtung. Kurz vor den Steinen wurde ich langsamer und Finn hatte mich eingeholt und hielt mich fest. „Warte, Jade, geh in Deckung", sagte er und ich und die anderen duckten uns etwas, als wir zum anderen Ufer hinüber sahen. Ich erkannte das weiße Schild mit dem Mount Weather Schriftzug, doch von Jasper fehlte jede Spur. „Er war genau da!", hörte ich Monty und ich suchte mit den Augen das Ufer ab. „Wo ist er?", fragte Jaspers bester Freund angstvoll und ich sah zu ihm. Sie mussten ihn weggebracht haben! Doch ich fragte mich, wohin sie ihn ihn verschleppt hatten. Und vor allem, wer ihn verschleppt hatte. „Wir müssen ihn suchen", sagte Monty aufgebracht und ich wechselte einen Blick mit den anderen. Ich verstand, dass wir ihn unbedingt finden mussten, aber wir hatten keine Ahnung, mit was wir es zu tun hatten. „Monty, ich verstehe, dass du ihn suchen willst und das werden wir auch tun. Aber vorher müssen wir uns vorbereiten, bevor sie uns auch noch schnappen", erklärte ich ihm und sah ihn erwartungsvoll an. Ich konnte sehen, wie er mit sich kämpfte, aber schließlich schaute er mich verständnisvoll an. „Okay", nahm Finn das Wort an sich. „Wir gehen zurück zum Dropship und holen uns Verstärkung und etwas, womit wir uns verteidigen können. Dann kommen wir wieder und suchen Jasper", erklärte er und Monty nickte. Schweigend liefen wir zurück zu unserem Landungsort und ich hoffte, dass wir nicht zu spät für Jasper waren. Ein paar Meter entfernt hörten wir aufgebrachte Stimmen und Schreie und wir liefen um das Dropship herum. Die meisten waren auf der Rückseite hinter der Rakete vor einem Abhang und in dem kleinen Tal konnte ich Wells erkennen, der einem Jungen ein Messer an den Hals hielt. „Wells!", rief ich, als ich zu ihnen stieß und forderte, dass er den Jungen losließ. Was hatte ihn dazu gebracht, jemandem mit einem Messer zu bedrohen?! Er ließ den braunhaarigen Jungen los und dieser drehte sich sofort zu ihm und wollte auf ihn losgehen, doch Octavias Bruder hinderte ihn daran. „Hey, schon gut! Murphy!", sagte er und schaute dann zu Octavia und Monty, die etwas nach uns den Platz erreichten. Octavias Bein war immer noch verletzt und das Laufen hatte sie angestrengt, sodass sie humpelnd ankam und Monty sie stützte. Besorgt lief Bellamy zu ihr und fragte, ob alles in Ordnung war. Er half ihr den kleinen Hang hinunter und Octavia nickte als Antwort. Dann wandte er sich wieder zu uns und sah mich an. „Wo ist der Proviant?", fragte er und Finn antwortete ihm. „Wir kamen nicht bis Mount Weather." Bellamy sah ihn zweifelnd an. „Was zum Teufel ist passiert?", wollte er wissen und ich erklärte, dass wir angegriffen wurden. „Angegriffen? Von was?", mischte sich Wells ein. „Von wem, nicht von was", sagte Finn. „Sieht so aus, als wäre der letzte Erdbewohner auf der Ark gar nicht der letzte gewesen." Er schaute bedeutungsvoll zu Bellamy und Wells fragte, wo Jasper war. „Es scheint hier noch andere Menschen zu geben, Überlebende", erklärte ich und redete weiter: „Jasper wurde verletzt. Sie haben ihn mitgenommen." Ich blickte auf den Boden und bemerkte, dass Wells sein Armband nicht mehr trug. Auf meine Frage, was er damit gemacht hatte, schaute er zu Bellamy. „Frag ihn", war seine Antwort und ich sah zu dem Jungen mit den schwarzen Haaren, der immer noch bei Octavia stand. Ich fragte, wie viele ihr Armband abgenommen hatten, aber es war der Junge, dem Wells das Messer an den Hals gehalten hatte, der mir antwortete. „Vierundzwanzig, Tendenz steigend." Ich drehte mich ungläubig zu Bellamy um und sah ihn durchdringend an. „Die lebenserhaltende Technik auf der Ark versagt und sie haben uns runtergeschickt, um zu sehen, ob die Erde bewohnbar ist. Wir brauchen ihre Hilfe gegen die da draußen!", versuchte ich ihm klar zu machen, doch er sah mich bloß an. „Wir sind stärker, als du denkst. Wir können uns um uns selbst kümmern." Jetzt wandte er sich an die anderen Jugendlichen, die über uns am Rand des Abhangs standen und alles beobachteten. „Diese Bänder machen uns zu Gefangenen. Doch wir sind keine Gefangene mehr! Ihr seid Kämpfer, Überlebende! Die Grounder sollten sich vor uns fürchten!" Von den Jugendlichen kamen zustimmende Rufe und ich konnte nicht fassen, dass sie glaubten, was er gesagt hatte. Ohne ein weiteres Wort in dieser aussichtslosen Diskussion zu verlieren ging ich an Wells und den anderen vorbei, als ich merkte, dass Monty mir folgte. „Was machen wir jetzt?", fragte er und sah mich an. Ich war hierher zurück gekommen, um Verstärkung zu holen, aber so wie es aussah, blieb uns nur übrig, nützliche Gegenstände zu holen, bevor wir aufbrachen. „Jetzt gehen wir Jasper holen", antwortete ich auf Montys Frage und erklärte ihm dann, dass ich im Dropship nach etwas suchte, was uns helfen könnte. Oben in der Rakete fand ich lose Anschnallgurte, die ich in eine Tasche packte, als die Luke aufging und Wells hereinkam. „Da bist du ja. Als mein Vater sagte, sie hätten uns nichts mitgegeben, hat er das ernst gemeint." Ich leuchtete mit einer Taschenlampe in den Raum und schaute, ob ich noch etwas nützliches entdeckte, als ich die Schnittwunde an Wells Oberarm bemerkte. Er zog den Arm weg und winkte ab. „Ist nur ein Kratzer", meinte er und ich entgegenete, dass er einen Verband brauchte. Er ging nicht darauf ein und deutete auf die Sachen, die er dabei hatte. „Ich habe Sicherheitsgurte und Isolierung. Auch einen Fallschirm, um Jasper zu tragen", erzählte er und ich nickte ihm zu. „Gut, gib es jemand anderem. Du kommst nicht mit uns", beschloss ich und stieg die Luke hinunter. „Du bist hierhergekommen, um Verstärkung zu holen. Ich werde helfen!", protestierte er und lief mir nach. Monty wartete im unteren Teil des Dropships und mischte sich jetzt ein. „Jade, er hat recht. Wir brauchen ihn, noch hat sich niemand freiwillig gemeldet!" Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn an. Er hatte sich eben die kaputten Teile des Kommunikationssystems angesehen und wir brauchten dringend jemanden, der den Kontakt zur Ark wiederherstellen konnte. „Tut mir leid, Monty, aber du kommst auch nicht mit." Auch er protestierte und erklärte, dass Jasper sein bester Freund war. „Ich weiß und ich kann das verstehen", erklärte ich sanft und fuhr fort: „Aber du hast eine Technikausbildung und du musst herausfinden, wie wir die Ark anfunken können." Ich tippte an seine Stirn. „Was da oben drin ist, kann uns alle retten. Ich bringe Jasper zurück", versprach ich und sah, dass er verstand, was ich meinte. Er nickte und Finn kam durch die Vorhänge hindurch in das Innere des Dropships. Ich fragte ihn, ob er bereit war, aber er sah mich nur zweifelnd an. „Ich gehe nirgendwohin und das sollte auch keiner von euch tun. Dieser Speer traf direkt ins Ziel und das aus hundert Metern Entfernung!" Monty sah erschrocken zu uns. „Wir sollen Jasper sterben lassen?!", fragte er gleichzeitig aufgeregt und sauer. Ich drehte mich um und versicherte ihm, dass ich das auf gar keinen Fall zulassen würde. „Das ist reiner Selbstmord", versuchte Finn mich zu überzeugen, aber ich schüttelte nur genervt den Kopf. Sollte er doch bleiben, wenn er wollte, ich würde mein Versprechen halten und Jasper zurückbringen! Draußen merkte ich, wie Wells mir nachlief und ich sah Bellamy bei Octavia sitzen, der ihre Wunde am Bein versorgte. „Du hättest draufgehen können", hörte ich ihn sagen und lief zu ihnen. „Das wäre sie auch, wenn Jasper sie nicht rausgezogen hätte", sagte ich und Octavia wollte aufstehen. „Geht ihr los? Ich komme mit euch!", sagte sie, doch ihr Bruder hinderte sie daran. „Nein, vergiss es! Nicht schon wieder." Jetzt musste ich ihm recht geben, denn es war zu gefährlich für sie mit ihrer Wunde. Ich erklärte es ihr und wandte mich zu Bellamy. „Jade, was wird das?", fragte Wells, aber ich beachtete ihn nicht. „Ich hab gehört, du hast eine Waffe", sagte ich und schaute ihn erwartungsvoll an. Ohne ein Wort zu sagen zog er sein dunkelblaues T Shirt ein Stück hoch und ich konnte die Pistole in dem Hosenbund erkennen. „Gib sie mir", forderte ich, doch er schaute mich nur abwertend an. „Ganz sicher lasse ich euch nicht allein mit einer Waffe los!", meinte er und ich verdrehte innerlich genervt die Augen. „Dann komm eben selbst mit." Bellamy schüttelte den Kopf und fragte, warum er das tun sollte. Ich deutete mit einer vagen Kopfbewegung auf die Jugendlichen, die etwas weiter hinter uns herumliefen. „Weil du willst, dass sie dir folgen. Und im Moment glauben sie, dass nur einer von uns Angst hat", erklärte ich und ging ohne ein Wort an ihm vorbei. Wells folgte mir und ich hörte, wie Bellamy Murphy aufforderte, uns zu begleiten. Wells lief neben mir her und sah mich besorgt von der Seite an. „Das sind nicht einfach nur Schlägertypen", sagte er zu den beiden, die uns in einem kleinen Abstand folgten. „Das sind gefährliche Kriminelle!" Ich war mir dessen bewusst, aber wir waren auf sie angewiesen, wenn wir einen weiteren Angriff der Grounder überleben wollten. „Das hoffe ich doch", erwiderte ich und fügte hinzu: „Denn das ist jetzt genau das, was wir brauchen." Wir gingen ein paar Minuten schweigend den Weg entlang, bis Bellamy mich einholte. „Hey, wartet! Warum so eilig? Ein Speer im Herz ist tödlich", meinte er und fuchtelte dabei mit der Pistole in seiner Hand herum. „Waffe weg, Bellamy!", befahl Wells und wollte zu ihm hingehen, doch Murphy hinderte ihn daran. „Warum machst du nichts dagegen, hm?", meinte der Junge mit den braunen Haaren provokant und ich ignorierte die beiden. „Jasper hat geschrien, als sie ihn weggetragen haben. Der Speer muss sein Herz verfehlt haben", beantwortete ich seine Frage und wollte weitergehen, aber Bellamy griff nach meinem Handgelenk. „Sobald du das Armband abgenommen hast, können wir gehen", sagte er und grinste. „Der einzige Weg, dass die Ark denkt, ich wäre tot, ist wenn ich tot bin", stellte ich klar und befreite mich aus seinem Griff. „Mutige Prinzessin", entgegnete er nur und ich wandte mich von ihm ab, als ich die Stimme von Finn hörte. „Denk dir deinen eigenen Spitznamen aus!" Erstaunt drehte ich mich um und sah, wie er auf uns zukam. „Das soll ein Rettungsteam sein?! Wir teilen uns auf, um mehr Fläche zu durchkämmen", bestimmte er und ich ging zu ihm rüber, als er mich zu sich rief. „Besser spät als nie", sagte ich und war froh, nicht mit Wells allein sein zu müssen. „Das denke ich auch", antwortete Finn und wir gingen ein Stück vor den anderen her. „Ich hab nochmal über Mount Weather nachgedacht. Warum haben sie erst angegriffen, als Jasper den Fluss überquert hat? Wir waren nicht besonders leise, sie wussten, dass wir da waren." Ich dachte einen Moment darüber nach und stellte fest, dass sie gewartet haben mussten, bis wir auf der anderen Seite waren. „Der Fluss muss eine Grenze sein", teilte ich Finn meinen Gedanken mit und er nickte. Darauf war ich vorhin gar nicht gekommen, aber es war absolut logisch! „Dann dürfen wir Mount Weather nicht betreten", schlussfolgerte Finn und ich musste ihm recht geben. Aber wir mussten an den Proviant rankommen, denn bald würde es nichts mehr zu essen geben. Er erwiderte nichts darauf und lief ein paar Schritte vor. Ich folgte ihm und sah durch die Bäume hindurch einen wunderschönen Wasserfall. Einen Moment lang beobachtete ich nur, wie das Wasser den Abhang hinunter in den Fluss lief, bevor wir uns auf den Weg zum Wasser machten. Ich ging bis zu den Knien hinein und füllte einen Behälter mit dem Wasser, während Finn weiter hinein ging und mich etwas nass spritzte. Ich sah ihn an und erklärte, dass wir dafür keine Zeit hatten, doch es schien ihn nicht zu interessieren. „Wir marschieren schon seit Stunden, wir brauchen eine Pause", meinte er, doch ich antwortete, dass ich erst eine Pause machte, wenn ich Jasper gefunden hatte. Ich ging wieder aus dem Fluss und er folgte mir. „Ich denke, ich weiß, wieso du Jasper unbedingt finden willst. Wieso du dich immer um die anderen kümmerst." Ich schaute ihn zweifelnd an. „Ach ja?", fragte ich skeptisch und legte den Kopf schief. Ich war gespannt, was er zu sagen hatte und sah ihn unverwandt an. „Du konntest deinen Vater nicht retten", fing er an und die Erwähnung meines Vaters versetzte mir einen kleinen Stich. Es tat weh, das zu hören, denn ich wusste, dass es die Wahrheit war. Plötzlich sah ich hinter Finn auf den Steinen am anderen Ufer etwas rotes und ich bahnte mir einen Weg durch den Fluss, in dem ich überall stehen konnte und nur bis zu den Knien im Wasser war. Drüben angekommen sah ich, dass die Steine voller Blut waren und unter einem von ihnen entdeckte ich die Fliegerbrille, die Jasper aufgehabt hatte. „Jasper muss hier gewesen sein. Wir sollten die anderen holen", sagte ich zu Finn und wir machten uns auf den Weg zu ihnen. Als wir sie gefunden hatten, folgten wir auf der anderen Seite der Blutspur auf den Steinen. Wir gingen am Ufer lang und irgendwann war kein Blut mehr zu sehen. Nach einer Weile fragte Murphy, woher wir wussten, dass wir hier richtig waren und Bellamy antwortete ihm. „Wissen wir nicht. Spacewalker hält sich für einen Fährtenleser." Wells mischte sich ein. „Leute aufspüren. Erdkunde, vierte Klasse. Er ist gut." Finn ermahnte sie, leise zu sein und schien etwas auf dem Boden entdeckt zu haben. In der Nähe eines Strauches konnten wir Bluttropfen auf dem Boden sehen und wir hörten etwas, was wie ein klägliches Jammern klang. „Was zum Teufel war das?", fragte Bellamy und ich antwortete, dass er die Waffe ziehen sollte. Wir folgten einem Weg in die Richtung, aus der das Jammern kam und fanden eine Lichtung. Mitten auf der Wiese stand ein riesiger kahler Baum mit vielen dicken Ästen. In der Mitte des Baums war Jasper, der mit freiem Oberkörper an dem Baumstamm angebunden war. „Jasper!", rief ich und ging ein paar Schritte aus dem Schutz der Bäume. „Oh mein Gott", stieß ich aus, als ich sah, dass er überall Schürfwunden und Kratzer hatte. Ich lief weiter und Finn warnte mich, vorsichtig zu sein. Ich ging weiter und Bellamy und die anderen waren dicht hinter mir. „Was ist das denn?", fragte Bellamy gerade, als der Boden unter meinen Füßen nachgab und ich in ein tiefes Loch stürtzte. Im letzten Moment griff Bellamy nach meinem Arm und ich hielt mich an ihm fest. Mit der anderen Hand umklammerte ich den Rand des viereckigen Lochs, in das ich beinahe gefallen wäre. Ich sah Bellamy über mir einen Moment lang an und er starrte zurück, hielt mich aber fest in seinem Griff um mein Handgelenk. Auf einmal hatte ich aus irgendeinem Grund Angst, er würde mich loslassen, doch im nächsten Augenblick spürte ich, wie ich mithilfe der anderen hochgezogen wurde. Erschöpft krabbelte ich aus dem Loch und blieb auf dem Gras sitzen. „Alles in Ordnung?", fragte Finn und ich nickte kurz. Als ich wieder auf den Beinen stand konnte ich in das große Loch gucken und erkannte, dass aus dem Boden spitze Holzpfähle nach oben gestellt waren, die mich aufgespießt hätten. Ich sah zu Bellamy hinüber, der mich ebenfalls anschaute und als ich „Danke" sagte, klang es in meinen Ohren viel zu leise, als dass er es hätte hören können. Trotzdem bildete ich mir ein, ein kleines Nicken in meine Richtung zu sehen. Ich konzentrierte mich wieder auf Jasper und sagte, dass wir ihn dort runterholen mussten. „Ich kletter da hoch und binde ihn los", erklärte Finn und Wells wollte ihm folgen. „Nein. Du bleibst bei Jade. Behalt sie im Auge", entschied er und schaute zu mir, bevor er Murphy bedeutete, mit ihm zu kommen. „Da ist ein Blatt auf seiner Wunde", bemerkte ich jetzt und Wells fragte, wozu sie das getan hatten. „Wieso retten sie ihn, um ihn dann als Köder aufzuhängen?" Bellamy antwortete ihm: „Vielleicht steht das, was sie fangen wollen, auf lebendige Beute." Und Finn meinte unsicher, dass sie vielleicht uns so fangen wollten. Wir tauschten besorgte Blicke aus und Finn und Murphy machten sich daran, auf den Baum zu klettern. Oben begannen sie mithilfe von Messern, die Schnüre zu durchschneiden, mit denen Jasper angebunden war, als ein leises Geräusch die Stille durchschnitt. „Was zum Teufel war das?", fragte Murphy und wir sahen uns um, konnten aber nichts entdecken. „Grounder?", vermutete Bellamy, als wir ein weiteres Geräusch hörten, diesmal näher. Und jetzt klang es wie ein Knurren oder etwas ähnliches. Ich drehte mich um und sah auf der anderen Seite der Lichtung ein großes schwarzes Tier auf uns zukommen. Es sah aus wie eine große Katze und hatte Ähnlichkeit mit einem der Panther, die ich in zahlreichen Büchern gesehen hatte. Die Großkatze fauchte jetzt, setzte zum Sprung an und kam auf uns zugelaufen. „Bellamy, die Pistole!", rief ich ihm zu und sah angsterfüllt, wie das Tier immer näher kam. Bevor es uns erreichen konnte, ertönten Schüsse aus Wells Richtung und ich sah, dass er mit der Pistole in der Hand auf das Raubtier zielte, das zu Boden ging. Dann hörten wir einen Augenblick lang nichts und ich fühlte mein Herz wie wild pochen. Wir wichen weiter zurück und hörten, wie es im hohen Gras um uns herum raschelte. Ich stand jetzt neben Wells und Bellamy stand einige Meter von uns entfernt. Ich konnte sehen, wie das Tier sich in dem hohen Gras auf ihn zu bewegte und gerade, als es im Sprung auf Bellamy zuging, feuerte Wells einen weiteren Schuss ab, der das Tier genau vor Bellamys Füßen zum Fall brachte. Es bewegte sich nicht mehr und ich schaute fassungslos zu meinem ehemaligen besten Freund, der die Waffe immer noch auf das Tier gerichtet hielt. Er drückte noch zweimal ab, als schon keine Kugeln mehr da waren, bevor er die Waffe auf den Boden fallen ließ, als hätte er sich an ihr verbrannt. „Jetzt nimmt sie dich wahr", sagte Bellamy in unsere Richtung und ich sah zu ihm ohne zu verstehen, was er meinte. Als wir wieder am Dropship ankamen war es bereits dunkel und ein kleines Lagerfeuer brannte in der Mitte auf dem Platz vor der Rakete. Monty erwartete uns draußen und lief auf Finn und Wells zu, die Jasper reintrugen. „Ist er etwa...?", fing er an und führte seine Frage nicht weiter fort. Ich schüttelte den Kopf. „Er ist am Leben, aber ich brauche heißes Wasser und Stoffstreifen zum Verbinden", erklärte ich, während ich den Vorhang aufhielt. Ich sah, wie Bellamy und Murphy das erlegte Tier vor dem Feuer ablegten und die restlichen Jugendlichen sich über das Essen freuten. Bevor ich reinging, warf ich ihm einen Blick zu, den er erwiderte, dann ließ ich den Vorhang los und ging die Leiter hoch zur oberen Ebene, wo Jasper lag. Ich tupfte die Kratzer und Schnitte ab, als Finn hereinkam und mir etwas reichte. Es war ein kleines, aus Metall hergestelltes Tier als Anhänger. Es stellte den zweiköpfigen Hirsch dar, den wir gestern gesehen hatten und ich stellte es lächelnd vorsichtig neben die Lampe. Nachdem ich Jaspers Wunden soweit es ging versorgt hatte, trat ich hinaus neben Finn und sah zu, wie sich alle ein Stück von dem Fleisch abholten, das über dem Feuer gegrillt wurde. Bellamy überreichte es ihnen und Murphy stand daneben und entfernte ihnen die Armbänder. „Sie nehmen die Armbänder ab, um Essen zu kriegen?", fragte ich ungläubig und sah Finn an. „Das mache ich auf keinen Fall!", protestierte ich und er schüttelte den Kopf und erwiderte, dass ich das nicht musste. Dann ging er hinüber zum Feuer und holte sich einen der Spieße mit dem Fleisch darauf. Murphy wollte ihn aufhalten, aber Finn sagte irgendetwas zu ihm und ließ ihn dann einfach stehen. Er kam mit dem Fleisch zu mir zurück und ich bemerkte, wie Bellamy uns hinterhersah, doch ich drehte ihm den Rücken zu und folgte Finn. Wir setzten uns an einen stillen Ort in der Nähe des Dropships, um endlich etwas zu essen.

The 100 - Down On Earth [German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt