Nadelstiche hieß der Laden. Gehörte einem Pärchen.
Wie der sich hier halten konnte, war mir ein Rätsel. Hier auf dem Dorf gab es nicht so viel Bedarf nach einem Tattoo. Aber aus dem ganzen Kreis kamen die Leute hierher, und das machte was aus. Und es half bestimmt, dass Ralf geerbt hatte.
Dabei waren die Tattoos noch nicht mal richtig gut. Ihre Fotos im Schaufenster sahen total anders aus als die Qualität der Tätowierungen, die man im Internet finden konnte. Aber genau das wollte ich. Ein schlechtes Tattoo. Ich würde in Köln niemandem meine Herkunft aus der Eifel verheimlichen können. Aber zumindest sollten die mich für cool halten. Und ich würde eine Story erzählen von meinem beschissenen Tattoo, um zu zeigen, aus welchem Dreckskaff ich geflohen war. Bereit für die große Welt. Ich würde dazu stehen. Zu meiner traurigen Herkunft. Vielleicht war das nicht alles ganz logisch, aber für mich machte es Sinn.
Der Laden war klein, dunkel, an der Wand hingen coole Fotos, nicht nur von Tattoos. Alles irgendwie gothic. Viel Schwarz und Rot und Violett. Viele Totenköpfe und Magier und Hexen und Wölfe, ein paar Zombies.
An der Theke saß Tanja und glotzte auf ihr Handy. Die Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, ihr ganzer Körper glänzte. Sie hatte zwei Flügel über ihre Brust tätowiert. Die gingen bis zu den Schultern. Bunt. Ziemlich geil.
Aber dafür war ich nicht mutig genug. Die Tätowierung schien über ihrer verschwitzten Haut zu leuchten. Sie trug ein weites Top. Auch ohne BH drunter. Als sie sich vorbeugte, um in ihrem Kalender meinen Termin zu suchen, konnte ich tief in ihren Ausschnitt sehen.
Sie ließ sich Zeit.
Ein Schweißtropfen rann von ihrer Stirn, verschwand an ihrem Kinn, kam an ihrem Hals wieder zum Vorschein. Über der bunten Tätowierung verlor ich ihn aus den Augen. Aber dann sah ich, wie er zwischen ihren Brüsten verschwand.
Verdammt, so wollte ich auch schwitzen! Wie das wohl wäre? Eine Zunge, die meinem Schweiß hinterherjagte. Mich am Hals kitzelte, dass meine Nackenhaare sich aufstellten. Sein Atem auf meiner Haut. Feucht und heiß.
Machte bei der Schwüle jetzt auch nichts. Ich würde seinen Kopf zwischen meine Brüste drücken, und er würde dazwischen verschwinden!
Ich hatte immer noch meine Cola in der Hand. Ralf hatte mir geraten, eine dabei zu haben, falls mein Blutzucker absacken würde. Ich hatte keine Ahnung, was Blutzucker genau war, aber ich hatte pflichtbewusst meine Dose dabei für alle Fälle. Wie ich auch wie gefordert meine Pommes gegessen hatte.
Ich hätte Tanja meine Dose gerne über den Hals gerollt, wenn sie das gewollt hätte. Schön langsam, und dann hätte ich ihr zugesehen, wie sie die Augen schließt und seufzt.
„Alles in Ordnung?"
Ich hatte zu lange auf ihre Titten gestarrt.
„Klar. Alles in Ordnung!"
„Ralf kommt gleich."
„Alles klar."
Ich sah mich in dem Laden um, betrachtete mir die Tätowierungen. Ich war nicht zum ersten Mal da. Ich hatte mit Ralf das Design abgesprochen. Eine Rose, die sich wie Stacheldraht um meinen rechten Oberarm windet. Nicht ganz rum. Kitschiges Design. Aber genau das wollte ich. Ein schlechtes Tattoo mit einem ausgelutschten Design. In meiner Geschichte würde ich erzählen, dass der Tätowierer mir das aufgeschwatzt hatte oder vielleicht, dass ich besoffen gewesen war.
Ralf kam rein und umarmte mich, als wären wir die besten Freunde. Ich roch sein Deo. Er hatte gerade geduscht.
Ich hingegen würde nach dem letzten Hauch von süßem Vanilleparfum und frischem Mädchenschweiß riechen. Noch nicht ranzig abgestanden, sondern leicht herb im Abgang. Mit ein bisschen Frittenatem. Es war nicht lange her, da hatte ich auch geduscht.
Tanja würde bestimmt am besten riechen, mit ihrem schweren, warmen Brustschweiß.
Warum musste ich immerzu nur an Sex denken?
Es war die Hitze. Und ich war erwachsen.Ralf machte ein wenig Smalltalk, um mich zu beruhigen, dabei war ich ganz gelassen. Er bequatschte das Tattoo. Er hatte einen Entwurf gemacht. Sah so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Er schob eine Liege zurecht, machte die Lehne hoch.
„Sorry, aber der Tätowierstuhl ist gerade in Reparatur. Ich soll einen Zahnarztstuhl kriegen. Einen richtig schweren. Krass, nicht?"
Ich nickte.
„Meinst du, es wird so gehen, mit der Liege?
Ich setzte mich, lehnte mich mit dem Rücken an die Liege, aber es war nicht bequem. Ich wollte die Füße auf dem Boden haben. Also schwang ich das Bein rüber und lag nun ziemlich breitbeinig drauf. Mein Kleid war für solche Sachen eigentlich zu kurz. Ich legte eine Hand in meinen Schritt, aber auch das sah irgendwie komisch aus.
Tanja würde heute noch meinen schwarzen Slip sehen. Nahm ich mir fest vor. Ich brauchte nur eine gute Gelegenheit, ihn unauffällig zu zeigen.
Dann schob Ralf einen Ventilator zu uns und machte ihn an.
Das Ding blies mir mit voller Kraft ins Gesicht, und meine Haare flogen wie im Fahrtwind eines Cabrios nach hinten.
Ich quietschte vor Überraschung. Tanja schaute von ihrem Handy auf. Ich sah sie an und strich mir durch die Haare. Laszive Pose, mein Ellbogen so hoch, meine rechte Brust hob sich. Sie konnte meine Achsel sehen. Ich hatte sie gestern Abend noch rasiert. Nicht für diesen Augenblick, aber immerhin. Wäre mir eigentlich peinlich gewesen, aber jetzt genoss ich ihren Blick. Schon komisch.
Ralf schaltete den Ventilator runter und machte einen Scherz, aber meine Gedanken waren bei Tanja, die mich ansah, als hätte ich sie herausgefordert. Im Gegensatz zu Farid war ihr es nicht peinlich mich anzustarren. Ich hatte das Gefühl, dass sie schon viel gesehen hatte in ihrem Job.
Beim Tätowieren zeigte man halt seinen Körper, entblößte ihn, damit darauf gezeichnet werden konnte. Irgendwo hatte ich gelesen, dass manche extreme Typen sich ihren Lustbolzen tätowieren ließen. Schlangen waren ein beliebtes Motiv. Ich fragte mich, ob sie das auch schon getan hatte. Einem Typen den Schwanz tätowiert. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
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Das erste Mal
FantasíaEs muss heute sein .. . . . Es war so scheiße heiß. Seit Wochen. Klimawandel. Der Mais vertrocknete auf den Feldern. Schon morgens war es unerträglich, nachts kühlte es nicht ab. Ich konnte verdammt noch mal nicht schlafen. Jetzt zur Mittagszeit war...