3. Kapitel

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An meiner neuen Schule, der McAllister High, hatte ich keinen einzigen Freund.

Im Grunde finde ich das alleine sein gar nicht mal so tragisch, ich bin weder gerne unter Leuten, noch weise ich irgendwelche sonstigen sozialen Kompetenzen auf, die mich in irgendeiner Art und Weise dazu qualifizieren würden, menschlichen Kontakt aufzusuchen geschweige denn aufrechtzuerhalten. Seit ich denken kann war ich ein Einzelgänger.

Im Kindergarten wollten die Mädchen nicht mit mir spielen, weil ich die Autos so gerne mochte, und die Jungs wollten nicht mit mir spielen, aus ein und demselben Grund. Ich war in einer ewigen Abwärtsspirale gefangen. Also habe ich von da an einfach mein eigenes Auto mitgebracht, welches meine Mutter mir an einem ihrem ihrer guten Tage, und die gab es weiß Gott nicht oft, in der shopping mall gekauft hatte. das ging vielleicht eine Woche gut, dann hat einer der älteren Jungen, Ilijas, mein Auto konfisziert. Meiner Mutter habe ich das nie erzählt, insbesondere, da sie seit dem Tag in der mall lange keinen guten Tag mehr gehabt hatte. In der Grundschule war ich alleine, weil die meisten Grüppchen sich bereits im Kindergarten gebildet hatten, bei diesem Teil der menschlichen Kontaktknüpfung hatte ich ja offensichtlich kläglich versagt, und so hatte auf beiden Seiten kein Bedarf bestanden, mich in irgendeine dieser Grüppchen zu integrieren. Ich war in gewisser Weise ein Geist gewesen. Anwesend, aber nicht beachtet. Das war mir recht und so blieb es dann dabei.

Einmal hatte mich ein Mädchen zu ihrem Geburtstag eingeladen, ich glaube einfach aus dem Grund, weil ihre Mutter Mitleid mit mir hatte, oder vielleicht Mitleid mit meiner Mutter, weil sie ein krankes Kind und ein sozial behindertes Kind hatte, oder sie hatte Mitleid mit meiner Mutter, weil sie gerade erst aus dem Krankenhaus gekommen war, weil sie einmal heimlich eine ganze Weile lang ihre Medikamente nicht genommen hat und dann ihre Hände auf die heißen Herdplatten gelegt hatte. Jedenfalls wurde ich zu Madison Baylies Geburtstag eingeladen. An dem Tag war es zum ersten Mal im Jahr wirklich heiß, der Himmel war wolkenlos und ich hatte ein paar Wildblumen durch das Autofenster am Straßenrand entdeckt. Mom hatte mich in ein gelbes Kleid mit weißen Punkten gesteckt, welches widerlich fröhlich wirkte und mich mit meiner missmutigen Art widerlich lächerlich in ihm aussehen ließ.

Als Geschenk hatte meine Mom ein Pferdebuch gekauft, das hauptsächlich Bilder beinhaltete und am Ende sogar einen kurzen Comic. Eingepackt hatte ich es selbst. Als Madison es später ausgepackt hatte, hatte sie gesagt: die mag ich nicht, und ein bisschen das Gesicht verzogen. Deshalb habe ich ihr gegens Schienbein getreten, obwohl ich weiß, dass man das eigentlich nicht tut. Meine Mom durfte mich dann jedenfalls gleich wieder abholen und es tut immer noch ein bisschen weh, wenn ich an ihren enttäuschten Gesichtsausdruck denke. Seitdem wurde ich in der schule nicht mehr nur ignoriert, sondern auch immer ein bisschen schräg angeguckt. Manchmal frage ich mich, wie mein Leben ausgesehen hätte, wenn diese gottverdammte Madison einfach gerne diese beschissenen Pferde gemocht hätte und sich über dieses verfickte Buch gefreut hätte. Dann hätte ich sie sicher nicht gegen das Schienbein treten müssen. Und dann hätte meine Mom sicher auch nicht auf halber Strecke nach Hause wieder umdrehen müssen, weil ihre Tochter eine unzumutbare Bedrohung für die Kinder, oder wie auch immer Madisons Mutter es am Telefon formuliert hatte, gewesen war, und man hätte mich nicht blöd angesehen, als ich am nächsten Tag in die Schule kam.

Vielleicht hätte man mich an dem Tag in die Gruppe aufgenommen, ich wäre ein bisschen aufgetaut und hätte eventuell wenn es besonders gut gelaufen wäre sogar etwas lustiges gesagt, wobei dann alle gelacht hätten, und am nächsten Tag hätten wir uns dann alle in der Schule darüber unterhalten wie lustig das alles doch alles gewesen war, und mit das hätten wir mich gemeint. Aber Madison hasste Pferde. Und ich fand niemals einen Freund.


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⏰ Letzte Aktualisierung: May 30, 2020 ⏰

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Als der Sommer starbWo Geschichten leben. Entdecke jetzt