1. Kapitel

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1. Kapitel

Seit circa einem Jahr wartete ich auf diesen Moment. Endlich meine eigene Wohnung! Mein Weg in die Selbstständigkeit, Unabhängigkeit und ein eigenes Leben, ohne ständig nach allem gefragt zu werden. Die eigenen Wände, das eigene Geld, eigene Entscheidungen, komplette Privatsphäre. Alles was ich mir solange gewünscht und erhofft hatte, bekam ich nun und hielt es in meinen Händen. Ich drehte den Schlüssel zu meiner ersten Wohnung um, hörte das vertraute Geräusch eines sich öffnenden Schlosses und drückte die Klinke nach unten. Ein Geruch von frischer Farbe strömte mir entgegen, als ich die ersten Schritte hineinsetzte. Ein breites Grinsen bildete sich auf meinen Lippen. Ich hatte es geschafft, endlich!

„Oah Isy! Ich störe ungern deinen ersten Augenblick in deiner eigenen Wohnung, aber die Kiste wird mir langsam echt zu schwer! Also entweder du gehst mir jetzt aus den Weg und zeigst mir wo ich die hinstellen soll oder ich nehme keine Rücksicht und lass den Karton einfach fallen!“, ertönte die genervte Stimme meiner besten Freundin Blake. Durch das viele Treppensteigen atmete sie schwer.

Natürlich war ich nicht scharf darauf dass sie all meine wertvollen Sachen auf dem Boden verteilte, selbst wenn sie wohl kaum die Kiste einfach fallen lassen würde, aber bei ihr konnte man sich nie sicher sein. Also bewegte ich mich von der Stelle, quetschte mich gegen die Wand, ließ sie vorbei und erwiderte mit einem Fingerzeig nach vorne, dass sie dort die Kiste abstellen sollte.

Und schon war es vorbei mit meiner ruhigen Minute. Aber die Freude über meine neu erworbene Freiheit und Selbstständigkeit war immer noch vertreten und würde sicherlich nicht so schnell verschwinden.

Ich will nicht sagen, dass mein vorheriges Leben bei meinen Eltern schlecht gewesen wäre. Ganz im Gegenteil! Ich hatte meine Freiheiten, musste nie viel im Haushalt helfen und kam auch gut mit ihnen klar. Bloß hatte ich es mit 17 Jahren satt, ständig gefragt zu werden wo und mit wem ich zusammen gewesen war und was ich da getan hätte. Besonders toll fand ich es aber, dass ich niemanden mehr nach Erlaubnis bitten musste. Denn das war meine Wohnung, ganz allein meine! Ich kann es gar nicht oft genug erwähnen, so sehr war ich davon begeistert.

Nachdem wir den langen Flur entlang zu meinem nun offiziellen Wohnzimmer gegangen waren, blickte ich begeistert in meinen vier Wänden hin und her. Alles war schon perfekt eingerichtet, so wie ich es wollte, nur meine Sachen waren noch nicht eingeräumt. Was sich aber bald ändern würde. Alles war in einen zarten Sandton, etwas schwarze Bildtapete mit schönem verschnörkeltem Muster und alles hatte einen schönen Kontrast. Ach und es war nicht nur ein Wohnzimmer, sondern gleichzeitig Küche und Esszimmer zusammen. Ich hatte schon immer eine offene Küche haben wollen, irgendwie fand ich es einladender und auch sehr schön. Vor Freude darüber lag ein riesiges Lächeln auf meine Lippen.

„Deine erste eigene Wohnung, Süße!“, schrie auf einmal meine allerliebste Blake, reckte die Arme nach oben, wackelte etwas mit den Kopf und stürmte im gleichen Moment auf mich zu, um mich zu drücken. Wir hüpften ein paar Runden im Kreis und lachten aufgeregt. Hach, das konnte nur schön werden! „Jaa!“, quietschte ich ebenfalls aufgeregt.

„Außerdem bist du mir was schuldig! Ich hab hier deine scheiß Kiste hochgetragen, wobei du gar nichts genommen hast, außer deinem Schlüssel! Was ist das bitte für eine Gleichberechtigung?“, fragte sie mich, musste aber ebenfalls grinsen.

Blake war seit der 8. Klasse meine beste Freundin. Die Überschrift ‚Gesucht und gefunden‘ war wie für uns gemacht. Wir waren beide neu auf der Schule, kannten niemanden und wir haben uns am ersten Schultag sofort gut verstanden. So war es gekommen das wir zwar auch noch andere kennenlernten, uns aber nie verloren. Aber wenn man uns zusammen sah, konnte man uns nur als verrückt bezeichnen, was aber eher von unserem Verhalten ausging, als vom Aussehen. Wir waren keine Kinder mehr, aber selbst ich gebe zu, das wir uns, auch wenn unbewusst, öfters so benahmen, mit ihr machte mir das jedoch gar nichts aus. Normal war langweilig, wir waren nicht normal, also war Spaß garantiert.

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