10. "Ich hoffe"

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Es war nicht das erste Mal, dass ich mich nicht traute, ihn anzusehen. Dieses Mal war die Peinlichkeitsstufe jedoch besonders hoch.

Ich wollte auch gar nicht wissen, wie ich aussah.

Stattdessen brachte ich ein leises Danke hervor und verstaute meine tropfende Handtasche im Fußraum - jedenfalls hatte ich das eigentlich vor, wenn sie mir nicht aus der Hand gerissen worden wäre.

"Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie ihr Handy und alles weitere hier drinnen haben, wenn sie das Teil zu einem erbärmlichen Regenschirm umfunktionieren", regte er sich fassungslos über meine zugegebene leichtsinnige Aktion auf und räumte sie kurzerhand aus. "Hat nun auch das Auto Ihrer Freundin seinen Geist aufgegeben?"

"Was? Äh, nein. Ich wollte heute nur mal etwas anderes ausprobieren", erklärte ich mich und nahm mein Handy von ihm entgegen, das zum Glück trocken geblieben ist.

Auch mein Portmonnaie hat alles schadenfrei überstanden... im Gegensatz zu dem oberen Innenleben meiner Handtasche.

Wahrscheinlich könnte man den Stoff auswringen.

Ich war froh, dass ich außer den zwei nötigen Sachen, einer Brotbox, einer nun aufgequollenen Packung Taschentücher und Kaugunmis nichts weiter mithatte, das sich alles nun hinten auf den Rücksitzen stapelte.

Ich hätte ihm meine Handtasche wieder aus den Händen gerissen, wenn ich zum Beispiel gewusst hätte, das dort noch irgendwo Damenbinden oder sonstiges vor sich hinruhte.

Jetzt traute ich mich doch zu ihn herüberzuschauen, um zu beobachten, wie er aufgebracht meine Handtasche in seinen großen Händen hin und herdrehte. Natürlich bemerkte er, dass ich meine Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt hatte. "Und? Sagen Sie mir mal, was ich mit der noch bitte machen soll." Wie zur Unterstreichung hob er sie in die Höhe. Das Innenleben wollte ich gar nicht erst ansehen.

"Sie trocknet bestimmt noch", versicherte ich ihm schnell und wollte ihm die wegnehmen, doch er wich mir aus.

Im ganzen Auto roch es nach ihm, ich konnte mich kaum konzentrieren. Als hätte man die komplette Ausstattung in seinen schönen Duft eingetunkt.

Konnte man vielleicht auch sein Auto leasen?

"Und wann bitte?" Kopfschüttelnd begutachtete er die Tasche, ehe er plötzlich den Motor abstellte und seinen Autoschlüssel abzog. "Warten Sie bitte hier." Raye wartete meine Antwort gar nicht erst ab, sondern schloss mich wie ein Kleinkind in seinem Wagen ein, um auf der anderen Straßenseite in ein Modegeschäft zu verschwinden.

Moment mal, will er mir die jetzt etwa ersetzen?

Entsetzt wartete ich ab, was nun passieren würde. Und wirklich, es dauerte keine fünf Minuten, da verließ er den Laden mit einer braunen Handtasche und einem blauen Regenschirm, den er über sich aufgespannt hatte.

Das Auto klickte ein paar Sekunden später und schon saß er wieder neben mir und überreichte ein Designerstück.

Mir wurde bei dem Gedanken an dem Preis schlecht.

"Ziehen Sie mir das bitte von meinem ersten Gehalt ab", bat ich ihn, als ich die Tasche vor mir hochhielt.

Kommentarlos nahm er sie mir wieder ab, suchte die Sachen auf dem Rücksitz zusammen und überreichte mir die Tasche erst, als er alles ordentlich einsortiert hatte. "Hier. Ich werde Ihnen den Preis nicht sagen, aber hoffentlich hält sie der Hintergedanken davon ab, die nochmal als Regenschirm zu benutzen." Den Kiefer angespannt stellte er sie mir wie selbstverständlich auf den Schoß. 

Auch wenn nur das Leder der Tasche den dünnen Stoff meines Rockes berührte und nicht direkt er, zuckte ich unwirrkürlich zusammen.

Auf der Unterlippe beißend hoffte ich, dass er das nicht bemerkt hatte.

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