12. "Ohja, sehr gut"

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Nach diesem wackeligen Start an meinem neuem Arbeitsplatz vergingen die restlichen Tage der Woche erstaunlicherweise ohne weitere Zwischenfälle.

Wie mir es Lola gesagt hatte, ich bekam keinen von unseren Vorgesetzten zu Sicht.

Vielleicht war das auch besser so, auch wenn mir dieser Satz von Raye am Dienstag nicht aus dem Kopf ging. Er begleitete mich überall hin, egal wo ich hinging und wo ich mich gerade aufhielt.

Ob beim Frühstück, beim Teekochen, vor meinem Computer sitzend, beim Autofahren oder vor dem Schlafen gehen.

"Wenn dann ziehe ich sie Ihnen aus."

Es hatte sich festgesetzt wie eine Endlosdauerschleife, die sich gerade in meinem Kopf festnistete.

Frustriert lehnte ich mich auf unsere Couch nachhinten, als es an der Tür klingelte.

Mein Paket.

Ich hatte es diese Woche doch noch geschafft, mir geeignete Bikins zu bestellen und hatte schon Angst, dass sie vor unserem Ausflug gar nicht mehr ankommen würden, denn heute war schon Samstag.

Nur leider spielte das Wetter überhaupt nicht mit, sodass wir unseren Ausflug maulend verschieben mussten.

Mürrisch stand ich auf, öffnete die Tür und nahm dem Postboten mit einem Danke das Paket ab, unterschrieb, dass ich es empfangen hatte und schmiss dann die Tür lustlos hinter mir zu. Schlurfend steuerte ich die Couch wieder an und ließ mich auf ihr fallen.

Das Paket ließ ich neben mir achtlos stehen, wenn ich das jetzt aufmachte, dann würde ich nur noch verärgerter sein, dass das heute nicht alles nach Plan lief.

"Oh, sind deine Bikinis angekommen?" Kaily ließ sich ähnlich lustlos wie ein Stein auf den Sessel neben mir fallen und nahm sofort in schleppenden Bewegungen die Fernbedienung in Besitz.

"Mhm", machte ich nur.

Eine Weile schauten wir ihre komische Quizshow, doch ich hörte heute da gar nicht richtig zu. Immer wieder konnte ich meine Konzentration bei den neuen gestellten Fragen zusammenraffen, doch die richtigen Antworten bekam ich nie mit. Lediglich der Applaus des Publikums riss mich aus dann wieder aus meinen tiefen Gedanken.

Gedanken, die nur von Raye, seinem Lächeln, diesen stürmischen Augen - und diesem dunklen Blick handelten. Diese Bilder hatten sich fest in meinen Kopf eingetackert und ich wurde sie einfach nicht mehr los.

Vor dem Einschlafen war es besonders schlimm.

Oder wenn ich meine neue Handtasche benutzte, deren Ledergriffe sich weich in meine Hände schmiegten.

Kaily war sehr überrascht, als sie die neulich an der Garderobe hängen sah. Schließlich wusste sie, dass ich nicht gerade viel Geld besaß und mir erst in Zukunft wegen meinem neuen Job viele Dinge leisten könnte.

Mit roten Wangen stammelte ich mir irgendeine komische Erklärung zusammen. Dass sie aus einem Second-Hand-Laden aus der Nähe ist und ich mich in das Ding sofort unsterblich verliebt hatte, als ich es zufällig entdeckt habe.

Ihre Augenbrauen sind bei der Erklärung immer höher gerutscht.

Naja, ich hätte mir an ihrer Stelle auch nicht geglaubt. Selbst jemand, der nicht viel von Handtaschen verstand, erkannte, dass das Ding nagelneu und so gut wie unbenutzt ist.

Die nächste brenzlige Situation ereignete sich mit der teuren Anzugsjacke, die ich in meinen Schrank gehängt habe. Weil mir Kaily ab und zu Sachen von ihr abgab, sie kaufte sich gefühlt jede Woche etwas neues, ging sie oft mit guten Hintergedanken an meinen Schrank und platzierte dort ihre frischgewaschenen, fast neuen Sachen, bei denen sie wusste, ich würde sofort auf die abfahren.

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