Kapitel 7

928 36 2
                                    

"Wetttrinken!" rief Ace laut und Kiku kam mit einem Tablett voller Flaschen auf uns zu, stellte sie direkt zwischen mich und meinen Lehrling. Fassungslos starrte ich die Glasgefäße an, das war doch nicht ihr ernst?! Ich hatte schon einiges heute Getrunken und war bereits leicht angeheitert, das war doch kein fairer Wettkampf. Dennoch, jetzt einen Rückzieher zu machen, würde mich wie das größte Weichei aussehen lassen und mein Ego Verbot es mir. "Pah, ich mach dich fertig." voller geheuchltem Selbstvertrauen fixierte ich den Blonden neben mir, dessen Gesicht einen verschlagen Eindruck machte. "Wenn du sowieso glaubst, du würdest das hier mit links gewinnen, hast du doch sicher nichts gegen eine Wette!" Oh Gott, wo hatte ich mich da nur wieder hinein manövriert? "Aber natürlich nicht, alles was du willst, Knirps!" Der Alkohol hatte meine Zunge gelöst, sodass ich erst zu spät begriff, was ich da eigentlich gerade zugestimmt hatte. Bei dem freudigen Funkeln der braunen Augen meines Lehrlings wurde mir schlecht, wusste ich, was nun kommen würde." Wenn ich gewinne, schließt du dich mit mir den Whitebeards an." Ich musste schlucken, sah unsicher zu Akiko, die mir allerdings nur demonstrativ die Daumen drückte. Na toll, jetzt musste ich das hier also gewinnen! "Und wenn ich Gewinne, brichst du nie wieder in meine Wohnung ein." Das war ja wohl das mindeste, das ich hierbei noch für mich heraus schlagen konnte. Mit einem Nicken bestätigte mein Gegner und damit galt die Wette. Ich leiß meinen Blick kurz durch die Runde schweifen, in der uns alle erwartungsvoll anstarrten und sogar der blonde Vize wirkte interessiert. Lang hatte ich allerdings nicht mehr Zeit, mich umzusehen, da Tatch den Schiri mimte und den Startpfiff gab. Sofort schnappte ich mir die erste Flasche und legte sie an meine Lippen, kippte die Flüssigkeit meinen Rachen herunter. Überall um uns herum wurde gejubelt, Riko und auch ich wurden lautstark angefeuert, doch ich konzentrierte mich einzig und allein auf den Sake vor mir. Eine Flasche nach der anderen leerte ich, zuerst hatte ich noch versucht mit zu zählen, doch schon bald hatte ich den Überblick verloren und eigentlich war es ja auch egal. Kurz schielte ich zu meinem Kontrahenten herüber, der gerade seine Flasche absetzt hatte und sich bereits die neue schnappte. Doch ich würde nicht aufgeben, immerhin stand hier gerade irgendwie mein Leben auf dem Spiel und dazu noch meine Ehre. Ich konnte mich doch nicht von einem halben Kind unter den Tisch trinken lassen! Aufeinmal durchfuhr mich ein Ruck und ich verschluckte mich an der durchsichtigen Flüssigkeit. Jemand hatte mir in die Seite gepiekt! Angestrengt hustete ich mir die Seele aus dem Leib, versuchte irgendwie wieder Luft zu bekommen. Es hatten sich bereits Tränen in meinen Augen gesammelt, als ich endlich wieder frei durchatmen konnte, doch was dann kam, ließ mich beinahe losheulen. Riko hatte die letzte Flasche geleert und warf die Arme in die Luft. "Gewooonnnneeeeen!!!" verkündete er laut. "Du hascht betrogen, das zählt nich!!" Meine lallende Stimme war durch das gejubel nur noch schwerer zu verstehen, doch Rikos grinsen wurde nur noch breiter. "Wir sin jetzt Piraten, Misa! Was has du erwarded?!" Mir klappte mein Mund auf, doch ich brachte kein Wort heraus, sodass ich ihn stumm wieder schloss. Ich hatte verloren, egal wie und jetzt musste ich wirklich den Piraten beitreten. Oh Gott, ich wollte das nicht! Sprachlos starrte ich auf die Tischplatte mit all den leeren Sakeflaschen und schaffte es nicht zu realisieren, was das nun bedeutete. Ich war viel zu besoffen, um das gesamte Ausmaß dessen zu erfassen, doch wenn ich daran dachte, dass ich mein Zuhause nun dafür aufgegeben würde müssen, konnte ich meine Tränen nicht weiter zurück halten. Aufeinmal wurde ich von hinten umarmt und Akikos Vanilleduft umfing mich, wodurch ich nur noch mehr weinte. Ich würde sie hier zurück lassen müssen. "Ich will nich!" jammerte ich und drehte mich zu meiner Freundin, um sie ebenfalls fest zu drücken. "Ach Misa, sei nicht traurig, das wird das größte Abenteuer deines Lebens!" nur dumpf vernahm ich ihre Stimme, während ich bereits völlig versunken in meinem Selbstmitleid badete. "Komm schon Misa, das wird spitze!" Nachdem ich mich von der Blondine gelöst hatte, bemerkte ich Ace, der mir aufmunternd eine Hand auf die Schulter legte. Die meisten am Tisch feierten gerade Riko, sodass kaum jemand mehr auf mich achtete, wie ich gerade völlig zerstört und heulend dasaß."Ich muss hier raus." brummte ich nur leise und stand auf. Im ersten Moment drehte sich alles, durch den Tränenschleier konnte ich zudem nun auch nur noch verschwommen etwas erkennen, sodass ich auf meinem Weg nach draußen immer wieder gegen jemanden stieß. Beinahe panisch torkelte ich aus der Bar heraus und und viel sogleich auf die Knie, landete hierbei unsanft auf der staubigen Straße. Nur am Rande bemerkte ich meine bochenden Knie, viel mehr konzentrierte ich mich darauf, jetzt erst mal nicht zu kotzen. Kontrolliert atmete ich immer wieder ein und aus, grub meine Hände fest in den Stoff meiner Hoseund fixierte die Straßenlaterne ein paar Meter vor mir. Die Übelkeit schwächste nach einer Weile ab und ich traute mich, bis zur Wand des Bar zu krabbeln und mich dagegen zu lehnen, während ich immer noch die Laterne anstarrte. Der Knirps hatte mich reingelegt, hatte von Anfang an gewusst, dass ich zustimmen würde und mich dann gepiekt. Und ich Vollidiot hatte wirklich mitgespielt, dabei hätte mir doch klar sein müssen, dass da etwas schief gehen musste.
Immernoch weinte ich stumm, allein mein leises Schluchzen war zu hören und ich zog meine Beine an meinen Körper. Ich war so unsagbar traurig. Meine ganze Existenz hatte ich mir hier aufgebaut und jetzt? Jetzt war ich Piratin, einfach so. "Misa, alles OK?" jemand setzte sich neben mich und als ich leicht herüber sah, erkannte ich die braune Haartolle. Wortlos schüttelte ich den Kopf, wischte mir die Tränen weg und versteckte mein Gesicht in meinen Armen. "Ich will nich zu euch gehören." Ein seufzen war zu hören, danach strich mir eine Hand beruhigend über den Rücken. "Wir sind nicht so schlimm, wie du vielleicht denkst." Diese Aussage brachte mich zum Aufsehen und ich hob eine Augenbraue. "Ja ne is klar, und das Schwert da an deiner Seite is Deko." Missmutig sah ich Tatch an, der mich mit einem schiefen Grinsen bedachte. "Aber das benutze ich doch nur im Kampf gegen unsere Gegner." erklärte er mir ruhig. "Is doch auch egal. Bleibt nur zu hoffn, das Withebeard mich nich haben will." Ich fühlte mich wie ein kleines häufchen Elend und die Welt wollte immer noch nicht aufhören sich zu drehen. "Wieso sollte er dich denn nicht als seine Tochter haben wollen?" kam sogleich die Frage des Kommandanten. "Ich kann nich kämpfen, bin generell schwach und ich glaub der Phönix hasst mich." zählte ich auf und wieder begann ich zu weinen. "Kämpfen können wir dir beibringen, das ist kein Problem, aber wieso denkst du denn, dass dich Marco nicht mag?" War das nicht offensichtlich? "Na er guckt mich immer so an." Daraufhin versuchte ich seinen Blick zu imitieren, zog die Augenbrauen zusammen, drückte meine Lippen aufeinander und stierte Tatch finster an, der daraufhin allerdings aufeinmal begann zu lachen. Offenbar war mir der Blick nicht wirklich gelungen." Und er hat heude früh gesagt, dass ihr mir nur solange nichts tut, wie ich euren Anweisungen folge." Nun verstummte mein Nebenmann und sah mich mit einem, für mich undefinierbarem Blick an. Wieso war er denn aufeinmal so schief? Und dann auchnoch so unscharf? Seine Lippen bewegten sich, doch die Worte ergaben für mich keinen Sinn und aufeinmal wurde es immer dunkler, bis ich gar nichts mehr sehen konnte.

Mit dröhnenden Kopfschmerzen erwachte ich und vergrub meinen Kopf stöhnend in meinen Kissen. Ich hatte einen unangenehmen Geschmack im Mund, und meine Kehle war staubtrocken, dazu noch dieser pochende Schmerz, so konnte ich definitiv nicht mehr einschlafen. Schon oft war ich so verkatert aufgewacht und obwohl dies schon ein weilchen her war, wusste ich, was nun zu tun war. Tapfer kämpfte ich mich aus meinem Bett, schleppte mich ins Bad und übergab mich ersteinmal in die Kloschüssel. Als nächstes putzte ich mir im Dunkeln die Zähne und ging daraufhin kalt duschen, versuchte mich daran zu erinnern, was gestern eigentlich passiert war. Ich war mit den Männern in der Bar gewesen, da hab ich Akiko getroffen und auch Kiku gesehen, dann war da Haruta und der Blonde Vize... Siedendheiß fiel mir das Wetttrinken ein und auch die damit verbundene Wette. Wieder wurde mir schlecht, doch ich beherrschte mich und schaltete das Wasser aus. Im Handtuch und mit nassen Haaren schaltete ich nun schlussendlich doch das Licht ein und brauchte einen Moment, um mich an das Licht zu gewöhnen. Immernoch dröhnte mein Schädel unangenehm, doch drohte er nicht mehr zu zerspringen. Ich schluckte sogleich noch eine Aspirin und trottete zurück in mein Zimmer, um mich anzuziehen. Meine Haare würde ich an der Luft trocknen lassen, ein Föhn einzuschalten würde zur Zeit einer Folter gleich kommen. An meiner Badezimmertür entdeckte ich auf einmal einen Zettel, der mir vorher noch nicht aufgefallen war und schnappte ihn mir sogleich, um ihn zu lesen.
Morgen Misa,
Wie du dich vielleicht erinnerst hast du gestern zugestimmt, mit mir den Whitebeard-Piraten beizutreten. Falls nicht, bist du nun damit nocheinmal informiert. Wir wollen so bald es geht los, sodass du bitte so schnell wie möglich deine Sachen packst und zur Moby kommst.
Ps: Wenn du nicht kommen solltest, steckt Ace deine Wohnung in Brand.
Riko
Verzweifelt starrte ich das Blatt in meinen Händen an, hoffte, dass ich mich verlesen hatte. Die krakelige Handschrift war mehr als nur deutlich von dem Knirps, vermutlich sogar noch gestern Abend geschrieben worden, da der Zettel einen leichten Alkoholduft verströhmte. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass der Feuerteufel das wirklich machen würde, besonders nicht nach dem, was ich gestern erfahren hatte. Meine Wanduhr zeigte mir, dass es gerade erst 10 Uhr in der Früh war, doch das erleichterte mir das kommende keines Falls. Schweren Herzens packte ich alles wichtige ein, benutzte dafür jede Tasche, die ich in meiner Wohnung finden konnte und stellte schlussendlich fest, dass mein gesamtes Leben in drei vollgestopfte Reisetaschen passte. Meine Mundwinkel zogen sich noch weiter nach unten, als ich voll bepackt einen letzten Blick auf mein Zuhause warf. Ich würde so gerne bleiben, doch ich hatte mein Wort gegeben und das konnte ich unmöglich brechen, ich hielt meine Versprechen. Immer. Meine Möbel hatte ich stehen gelassen, sowie mein Werkzeug, da dieses eigentlich der Werft gehörte. Mein nächster Abstecher war mein Spind, doch dort befand sich nichts wichtiges, sodass ich weiter zu meiner Leiblingsecke trottete. Es schmerzte mich, dass ich auch hier nichts würde mitnehmen können, meine selbstgemachten Gerätschaften waren viel zu sperrig und würden nur Platz weg nehmen. Als nächstes suchte ich meinen Chef auf, der mich unter zusammengezogen Augenbrauen musterte. "Ich kündige." verkündete ich mit brüchiger Stimme. Ich hörte gar nicht auf das, was mein Gegenüber daraufhin sagte und unterbrach ihn auch gleich unwirsch. "Verdammt, das hast du dir selber zuzuschreiben! Hättest du mich nicht auf dieses Piraten Schiff gezwungen, wäre das alles nicht passiert!" mit offenem Mund sah mich mein Boss an, seine Augen hatte er aufgerissen und brachte daraufhin kein Wort mehr heraus. Mit zusammengebissenen Zähnen ließ ich mir meinen letzten Lohn geben und verabschiedete mich von ihm. Der Abschied von Akiko war um einiges tränenreicher, die mich bis zu dem riesigen Kahn begleitete und mir beim Tragen half. Mit zittrigen Beinen stapfte ich die Holzplanke hinauf, dicht gefolgt von meiner Freundin. Jede Faser meines Körpers sträubte sich dagegen, auf das Deck zu treten und doch tat ich es. "Ah, da bist du ja." Warm lächelnd empfing mich Tatch, der Akiko sogleich die Tasche abnahm, sodass sie mir ein weiteres Mal um den Hals fallen konnte. Meine Taschen ließ ich daraufhin achtlos auf den Boden knallen und umschloss die Blondine mit beiden Armen." Ich werde dich vermissen." nuschelte ich in ihr Haar. "Ich dich auch." Wir wollten uns beinahe gar nicht mehr los lassen, doch es musste sein. Bestimmt schob ich sie von mir weg und zwang mir ein leichtes Lächeln auf, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und straffte die Schultern. "Bitte gib auf dich acht und ich werde dir schreiben, versprochen."



Abschied sind immer so traurig, finde ich...
Bis bald

Unverhofft kommt oftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt