2. Neuer Zimmernachbar

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Pov Gabriel
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Gott hatte sich Luzifer nochmal ordentlich zur Brust genommen und ihn gewarnt, dass er ja keinen Blödsinn anstellen sollte. Und wenn ich ehrlich bin, konnte ich mir ein klitzekleines Grinsen wirklich nicht verkneifen, denn der Teufel wurde ordentlich zur Sau gemacht.

Nachdem er seine Predigt dann überstanden hatte, drehte sich Gott zu mir und Michael um.
"Michael, du schaffst hier Ordnung und räumst danach schonmal die Küche auf. Da sieht es nämlich schrecklich aus", ordnete er recht befehlshaberisch an und sah dann zu mir. Ich legte erwartungsvoll den Kopf schief und hoffte einfach, dass es nichts mit Luzifer zutun hatte. Der konnte mir nämlich gestohlen bleiben.
"Du wirst Luzifer rumführen. Seit dem Vorfall beim letzten Mal hat sich hier einiges geändert", sprach er dann genau die Worte aus, die ich mir nicht erhofft hatte. Verdammt, warum musste ich ihn herumführen? Michael hatte ihn doch hergebracht! Wie auch immer er das geschafft hatte...

Man musste mir die Neugier angesehen haben, denn Michael lächelte leicht verlegen, als könnte er schon erahnen, was ich dachte.
"Sind wir etwa neugierig, Gabe?", raunte mir eine rauchige Stimme spöttisch ins Ohr. Ich verkrampfte mich sofort und schluckte schwer. Amüsiert lachte Luzifer, dessen Gesicht sich nun knapp neben meinem befand. Ich hasste ihn so sehr. Seine Aktion von damals werde ich ihm niemals verzeihen.

"Gabriel...ich heiße Gabriel", gab ich zwischen zusammengebissenen Zähnen zurück und drehte meinen Kopf in seine Richtung, um ihn wütend anzufunkeln. Oh shit, ich hätte nicht gedacht, dass er so dicht hinter mir steht, dachte ich erschrocken, als nur noch wenige Zentimeter unsere Gesichter voneinander trennten. Meine Augen waren weit aufgerissenen, die Panik darin deutlich zu erkennen. Luzifer hingegen grinste nur süffisant und sah mir spöttisch in die Augen. Ich allerdings biss mir nervös auf die Unterlippe. Mein Blick huschte unsicher hin und her. Ich vermied Augenkontakt, wollte am liebsten wegrennen, doch meine Beine gehorchten nicht. Mir darf nicht wieder derselbe Fehler unterlaufen wie damals. Verzweifelt senkte ich meinen Blick, um auf andere Gedanken zu kommen, doch Luzifer drückte kurzerhand mein Kinn nach oben. Wo war eigentlich Gott, wenn man ihn wirklich brauchte? Oder Michael?

"Die beiden sind gegangen, hast du das denn nicht mitbekommen? So verblendet von meiner Schönheit?", zog er mich grinsend auf und ich konnte seine Arroganz in jeder meiner eigenen Körperteile spüren. Dieser Typ war aufgeblasener als ein Truthahn. Zudem konnte er förmlich meine Gedanken lesen. Wie ging das?
"Du solltest mal in den Spiegel gucken. Schön ist was anderes", schoss ich bissig zurück und brummte leise.

Endlich gehorchten meine Beine mir wieder und ich brachte so viel Abstand wie nur möglich zwischen uns beide. Nicht wieder in alte Muster fallen, Gabriel, beruhigte ich mich noch immer etwas aufgebracht, denn mein Körper schien die Dinge von damals noch nicht vergessen zu haben. Mir war wohlig warm und die Schmetterlinge in meinem Bauch veranstalteten gerade eine Hausparty. Oh man...

"Willst du mich jetzt noch weiter so sabbernd angaffen, oder können wir endlich los?", wollte Luzifer hochnäsig grinsend wissen und riss mich somit aus meinen Gedanken. Perplex blinzelte ich und musste zu meinem eigenen Erschrecken feststellen, dass er recht hatte. Ach du heilige Mutter Maria! Die hilft dir jetzt auch nicht, Gabriel. Schnell wischte ich mir mit dem Handrücken über den Mund und lief augenblicklich rot an. Luzifer lachte vollkommen belustigt.
"Sei leise!", zischte ich ihn verärgert an und machte auf dem Absatz kehrt, um einerseits mein völlig rotes Gesicht zu verbergen, andererseits jedoch ebenfalls der Situation zu entfliehen.

Ich führte Luzifer also im Schloss herum - zumindestens dort, wo es Not tat - und begab mich auf die Suche nach seinem Zimmer. Die ganze Zeit über hatte ich ihn ignoriert. Das wäre besser so. Bei den gaffenden Blicken der anderen Engel - besonders denen der Weiblichen - rollte ich nur mit den Augen. Ja, es war irgendwo verständlich, denn Luzifer sah verdammt heiß aus, aber musste man das so offensichtlich machen? Ich war definitiv nicht eifersüchtig, warum auch, trotzdem fand ich es unangebracht. Dass ich zuvor ebenfalls so gegafft hatte, vergaß ich völlig.

"Hier ist dein Zimmer", erklärte ich kurz und knapp und deutete auf die Tür. Moment mal...das kam mir ziemlich bekannt vor. War das nicht-

Wie es sich herausstellte, war Luzifer ab heute mein Zimmernachbar. Auf unbestimmte Zeit. Und das Schlimmste kam noch: Wir mussten uns ein Bad teilen, da jeweils zwei Zimmer immer ein Gemeinsames hatten. Warum tat Gott mir das an? Er wusste doch, dass ich nicht gut auf den Teufel zu sprechen war!

Seufzend saß ich nun also auf meinem Bett und bedachte meine Hände. Womit hatte ich das nur verdient? Hasste man mich so sehr? Das brachte nur all die schmerzhaften Erinnerungen von damals zurück. Jene, die ich verdrängen wollte. Es zumindestens versucht hatte.

Als ich plötzlich Schritte hörte, zuckte ich zusammen und sah leicht irritiert auf. Luzifer schien im Bad herumzuwerkeln. Hauptsache er stellte keinen Blödsinn an.

Nach kurzem Überlegen reckte ich den Hals etwas, um ins Bad sehen zu können, was mich sofort rot wie eine Tomate anlaufen ließ. Dort stand er, oberkörperfrei und wuschelte sich seine Haare zurecht. Sofort zog ich mich wieder zurück und schluckte schwer. Mein ganzer Körper kribbelte wie verrückt. Mir war heiß und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Super gemacht, Gabriel, ganz super.

Warum nochmal wollte ich nach ihm sehen? Achja, er hätte ja Blödsinn machen können. Unzufrieden und frustriert zugleich brummte ich. Dass mein Körper noch so auf ihn reagierte, war unvorteilhaft. Vorallem jetzt, wo wir Zimmernachbarn waren. Und doch hasste ich ihn so abgrundtief. Am liebsten würde ich Michael ohne Rückfahrkarte zum Mond schießen, aber Gott hatte ja nun entschieden. Luzifer blieb. Zumindestens fürs erste.

Je mehr ich darüber nachdachte, wie ich dem Teufel aus dem Weg gehen könnte, desto mehr Erinnerungen kamen zurück. Schöne Erinnerungen, verbunden mit schlechten Erfahrungen.

Tief seufzend vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Warum machte ich mir nur so viele Gedanken? Luzifer war ein Verräter. Damals, als er noch im Himmel gelebt hatte, wurde er immer und immer unzufriedener. Er hatte sich Verbündete gesucht, um Gott zu stürzen. Er selber wollte über alles herrschen, wollte Macht und Ruhm. Doch man hatte ihn rechtzeitig durchschaut, weshalb er in die Hölle verbannt wurde. Dort hatte man ihn akzeptiert und so wurde er der Herrscher der Hölle. Doch trotzdem hatte er es weiterhin auf Gott abgesehen.

Und dann war da das zwischen uns gewesen, noch bevor er verbannt wurde. Diese Bindung zwischen uns...
Warum kommt er gerade dann wieder, wenn ich es gerade fast verarbeitet hatte?

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 29, 2021 ⏰

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