3- Der Krieg

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Als sie am Herrenhaus ihrer Familie ankam, war es bereits früher Morgen.

Noire und Casimira waren wie Wilde durch die Wälder geprescht und demzufolge auch erschöpft. Die erste Hälfte hatte sie bitterlich geweint, die andere dazu genutzt, Philippe gedanklich alle möglichen Beleidigungen an den Kopf zu werfen.

Als sie in den Hof ihres Elternhauses ritt, war sie still. Sie hatte keine Energie mehr, um auch nur einen Gedanken zu fassen, oder noch eine Träne zu vergießen. Sie spürte gar nichts mehr. Erschöpft saß sie ab und schritt mit steifen Gliedern zum Haus. Noire, das schlaue Tier beförderte sich wie immer selbstständig in den Stall. In Momenten wie diesen war sie schrecklich dankbar für ihre Selbstständigkeit.

Als sie es in das Haus geschafft hatte, lehnte sie sich mit dem Rücken an die geschlossene Tür und schloss die Augen. Langsam sank sie zu Boden, die Hände vors Gesicht gepresst. Wie hatte sie sie nur so täuschen können? Hatte Philippe ihr nicht gesagt dass er sie liebte und sie die Frau seiner Träume war? Was war aus dieser Liebe geworden? Er hatte nicht einmal versucht, um sie zu kämpfen...

Vollkommen entkräftet lehnte sie sich an das kühle Holz. Als sie ihre Augen wieder öffnete, blickte sie direkt in dir braunen Augen ihres Vaters. Erschrocken stieß sie einen spitzen Schrei aus. Ihr Vater stand vor ihr, in ein weißes Nachthemd gekleidet und mit einem Kerzenleuchter in der Hand.

Er sah sie besorgt an, aber sie wich seinem Blick aus.

„Warst du bei Philippe?"

Sie nickte nur und plötzlich schossen ihr wieder die Tränen in die Augen. Ihr Vater seufzte nur und nahm sie in den Arm. Zum zweiten Mal heute, wirklich ungewöhnlich für ihn. Es passierte nicht oft, dass ihr Vater ihre Nähe suchte, aber wenn, dann brauchte sie seine genauso.

Nach einer ganzen Weile löste er sich von ihr und sie wischte ihre Tränen mit ihrem Ärmel weg.

„Ich wünschte, du müsstest es nicht, aber... wir brauchen das Bündnis", gestand er mit brüchiger Stimme und brach damit die Stille, die sie umgab.

„Wieso?", krächzte sie, heiser vom vielen Weinen. Er seufzte.

„Du weißt doch, dass in den letzten Jahren viele Flüchtlinge aus den großen Dünen zu uns gekommen sind", begann er und sie nickte.

Die großen Dünen grenzten an die Grafschaft von Aragnor, die Grafschaft von Philippes Familie, und bestanden, wie der Name schon sagte, aus Dünen.

„Es lebten hauptsächlich Wüstenvölker dort, unter anderem Nomaden, die auf der Suche nach einem besseren Leben entweder ans Himmelsgebirge oder in unser Land fliehen", erklärte sie.

Ihr Vater sah sie mit demselben Blick an, den er bei ihren Unterrichtsstunden gehabt hatte. Verwirrt sah sie ihn an. Was hatte sie denn Falsches gesagt?

„Amelia, Kind, ich habe dir doch gesagt, dass du alle Faktoren einberechnen musst. Seit Jahren herrscht Krieg zwischen den großen Dünen und den anderen Gebieten, weißt du auch warum?", wies er sie zurecht und sie dachte nach.

„Die großen Dünen haben eine ideale Lage in der Mitte Karteàs und sind Knotenpunkt für die Handelsbeziehungen aller Ländereien", fiel es ihr wieder ein und ihr Vater nickte zufrieden. Mit einer Handbewegung wies er sie an, fortzufahren.

„Dennoch kontrollieren und versteuern die Wüstenvölker alle Waren, die an ihnen vorbeikommen nach ihren Regeln, was allen anderen missfällt", führte sie aus und erinnerte sich genau an die Unterrichtsstunde, in der er ihr es exakt so gesagt hatte.

„Richtig. Du hast doch etwas gelernt, wie ich merke", sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Also die Wüstenbewohner flüchten wegen dem Krieg der wegen ihnen überhaupt entstanden ist?", fragte sie ungläubig nach.

Vater nickte zustimmend. „Es macht wirklich aus unserer Sicht keinen Sinn. Dennoch flüchten jedes Jahr tausende Wüstenbewohner in unsere Ländereien", fasste er die Lage zusammen.

„Nun aber wie den Flüchtlingszug kontrollieren? Unsere Wirtschaft und die aller anderen Ländereien sind zu schwach, um damit umzugehen. Großherzog Aragnor hat vor Jahren ein Abkommen mit dem Anführer der Wüstenbewohnern ausgehandelt, weshalb sie sogar von den Flüchtlingen profitieren"

Langsam begann alles, Sinn zu machen. „Und deswegen, sollte ich Philippe heiraten, damit wir auch von ihnen profitieren?", fragte sie nach, obwohl ihr die Antwort bereits bekannt war.

„Richtig. Solche Bündnisse existieren schon seit Hunderten von Jahren. Es tat mir leid, dich verheiraten zu müssen, doch sonst hättest du zum Zeitpunkt deines Regierens keinerlei Land mehr", machte er verständlich und ihr blieb der Mund offen stehen.

Ihr Vater hatte nur das Beste für sein Volk gewollt, und sie hatte in der ersten Zeit so stark dagegen rebelliert, dass es ihr fast peinlich war.

„Und warum...willst du dann auf einmal nicht mehr, dass ich Philippe heirate?"

Ein wütender Ausdruck huschte über sein Gesicht.

„Du willst ihn doch nicht etwa noch heiraten?", fragte er entsetzt und sie hob abwehrend ihre Hände.

„Nein, nein! sie habe etwas...in Erfahrung gebracht", flüsterte sie, beschämt, dass sie noch immer Gefühle für einen Dreckskerl wie ihn haben konnte.

Der Herzog sah sie verständnislos an, bis Realisation über sein Gesicht huschte.

„Was hat er getan?", fragte er bestimmt.

Casimira zögerte bevor sie antwortete.

„Er ist auf dem Weg ins Himmelsgebirge u-"

„Lass mich raten, um Serafina von Himmelstein zu heiraten?", unterbrach er spöttisch und sie blickte ihn überrascht an. Woher wusste er das?

„Der Graf von Aragnor, Philippes Vater, hat vor eurer Verlobung davon geredet, wie viel besser eine Ehe mit Serafina für Aragnor wäre, aber deine hohe Mitgift hat ihn von dir überzeugt. Wenn ich nur gewusst hätte..."

„Wie bitte? Ich war eigentlich nur Nummer zwei?", fragte sie bestürzt. 

Philippe hatte ihr immer gesagt, dass keine andere für ihn in Frage käme und dass sie zusammen unsere Reiche verbünden würden. Man konnte sehen, wie gut das funktioniert hatte.

Ihr Vater sagte nichts, sondern starrte vor sich hin. Dann stand er auf.

„Ich habe noch etwas zu erledigen", verkündete er kurz angebunden und ließ sie alleine. Sie hörte wie er die Tür seines Arbeitszimmers schloss und den Stuhl zurechtrückte. Er würde wohl eine weitere schlaflose Nacht haben.

Casimira hingegen schleppte sich erschöpft die Treppen hoch, nun völlig egal wie laut sie war, und warf sich auf ihr Bett. Sie wollte weinen, doch es kam nichts mehr. Sie war ausgetrocknet.

Sie versuchte sich auszuziehen, aber ihre Arme waren so schwer...

Bevor sie sich versah, war sie schon in einen unruhigen Schlaf gefallen.


Heyy, hier das 3. Kapitel!

Hoffentlich hat es euch gefallen, etwas mehr über die politischen Geschehnisse und Probleme in Amelias Welt zu erfahren ;)

Im nächsten Kapitel macht sie sich auf den Weg in das Königreich, macht euch auf etwas Aufregendes gespannt...

Eure Isa <3

The Queens SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt