Kapitel 1 - Tante Marge

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"Nox", flüsterte Harry und zog sich die Decke wieder bis unters Kinn, bevor seine Zimmertür aufgerissen wurde und sein Onkel Vernon den Kopf herein schob. Ein paar Sekunden sah er sich im Zimmer um, schnaufte misstrauisch und zog dann die Tür wieder zu. Einen Augenblick lang lauschte Harry noch den Schritten von Vernon, dann setzte er sich wieder auf.

Er seufzte. Die Wochen, die er während den Ferien bei Draco verbracht hatte, waren so viel angenehmer als das Leben hier bei seinen Verwandten. Vor allem die Gesellschaft des Blonden zog er definitiv der von Vernon, Petunia oder Dudley vor. Zugegeben, Malfoys Vater war nicht viel freundlicher als sein Onkel, aber zumindest hatte er nichts gegen ein wenig Zauberei. Warum hatte er nicht einfach dort, bei seinem neu gewonnenen Freund bleiben können?

Ein Mal noch erleuchtete er das Zimmer mit seinem Zauberstab, bis er seinen Onkel erneut zu ihm stampfen hörte, dann legte Harry sich endlich schlafen. Doch auch die nächsten Tage wurden nicht besser. Die meiste Zeit verbrachte er entweder in seinem Zimmer oder draußen an der frischen Luft, um möglichst wenig auf seine Verwandtschaft zu treffen.

Als dann jedoch Vernons Schwester Marge zu Besuch kam, konnte er sich nicht länger verstecken. Petunia hatte ihn angewiesen das Essen aufzutragen und während sie, Vernon, Dudley und Marge aßen, Geschirr zu spülen. Er versuchte sich zwar so gut wie es eben möglich war, in der Küche unsichtbar zu machen, aber als Marge schließlich mit abfälligen Bemerkungen über seine Eltern anfing, konnte er nicht anders, als sie zu verteidigen.

"Sie lügt! Mein Vater war kein Säufer", rief er und drehte sich ruckartig von der Spüle zum Tisch um. Sichtlich überrascht darüber, dass der Junge ihr widersprochen hatte, wollte Marge mit weiteren Gemeinheiten antworten. Als sie jedoch ihren Mund öffnete, um etwas zu erwidern, hielt sie plötzlich inne. Ihr Finger, der drohend auf Harry gerichtet war, begann sich aufzublähen wie ein Luftballon.

Er hatte es nicht mit Absicht getan. Natürlich hatte ihm es nicht gerade gefallen, wie Marge seine Eltern durch den Dreck gezogen hatte, aber sie aufblähen zu lassen wie einen Luftballon, das hatte er nicht gewollt. Die Dursleys standen noch im Garten und versuchten Vernons Schwester davor zu bewahren, einfach davon zu fliegen, als Harry einen Entschluss fasste und hoch in sein Zimmer rannte. Er warf alles Wichtige in einen großen Koffer, griff nach dem Käfig, in welchem Hedwig saß, und stürmte wieder nach unten. Er konnte auf gar keinen Fall länger hier bei den Dursleys bleiben, auch wenn es nur noch wenige Tage bis zum Schulanfang waren.

Ein wenig planlos saß er nur wenige Minuten später auf dem Bürgersteig. So richtig durchdacht hatte er das nicht, denn wo sollte er nun für die restlichen Tage, bis er wieder zurück nach Hogwarts konnte, unterkommen? Da raschelte plötzlich etwas im Gebüsch auf der anderen Straßenseite. Instinktiv griff Harry nach seinem Zauberstab. Das Rascheln wurde lauter, das Wesen kam auf ihn zu, er konnte schon fast ein glühendes Paar Augen im Dickicht ausmachen, als ihm plötzlich etwas die Sicht versperrte. Harry stolperte und fiel zurück auf den Bürgersteig.

"Willkommen im fahrenden Ritter, Nottransporter für gestrandete Hexen und Zauberer. Mein Name ist Stan Shunpike und ich bin auf der heutigen Fahrt ihr Schaffner", las ein etwas heruntergekommener Mann von einer kleinen Karte. Er stand sichtlich gelangweilt in der offenen Tür eines mehrstöckigen Busses und es dauerte ein paar Sekunden, bis er Harry auf dem Boden entdeckte.

"Komm schon, steig ein. Sonst schlagen wir hier noch Wurzeln", wies er Harry an und kümmerte sich sogleich um dessen Koffer. "Und wo soll es hin gehen?", fragte der Schaffner erneut, nachdem er Harrys Koffer verstaut hatte. "In den Tropfenden Kessel", antwortete Harry und keine zehn Minuten später hielt der seltsame Bus vor dem dunklen Gebäude. Erleichtert atmete Harry auf und lächelte. Hier würde er es aushalten können, bis er endlich wieder im Hogwarts Express sitzen würde.

I'll wait for you | Drarry FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt