Eins

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Ich fahre aus dem Schlaf hoch, als mein Handywecker zu klingeln beginnt und damit meinen Traum unterbricht. Genervt schnappe ich mir das verdammte Ding und stelle es ab. Wäre der Wecker nicht gleichzeitig mein Handy, hätte ich ihn schon längst um die Ecke gebracht! Während ich ausgiebig gähne, fahre ich mir mit den Händen durchs Haar. Gerade hatte ich einen so schönen Traum. Ich habe Damian Brook getroffen. Wir haben uns in einem wunderschönen Park bei Mondschein unterhalten. Uns lange in die Augen gesehen und dann... gerade als er sich herunterbeugte, um seine wunderschönen Lippen auf meine zu legen, hat mich dieses Arschloch von Wecker aus dem Traum gerissen!

Ich schlage die Decke zurück und schwinge meine Beine über den Bettrand auf den Boden. Seufzend richte ich mich auf. Seit zwei Jahren bin ich nun in Damian verliebt und noch immer hatte ich nicht den Mut, ihn einfach anzusprechen. Es liegt nicht daran, dass ich ein Feigling wäre, aber Damian ist der größte Schwarm der High School. Beinahe alle Mädchen finden ihn zum niederknien und so geht es mir eben auch. Ich würde sterben, wenn er mich nur einmal ansprechen würde. Wahrscheinlich würde ich zu sabbern beginnen. Ernsthaft, das könnte wirklich passieren. Man muss sich Shawn Mendes vorstellen, doch statt braunen Augen hat Damian giftgrüne und statt Shawn Mendes lockiger Haare, hat Damian glatte, allerdings sind die am Haupt immer zur Seite gelegt und gestylt. Körperlich steht er dem Star in nichts nach. Unser Schul-Casanova spielt nicht nur Basketball, sondern auch Football und so verbringt er die meiste Zeit auf einem der beiden Felder, beziehungsweise in der Halle. Während der Zeit, in der er trainiert, sitzen immer unzählige Mädchen auf den Tribünen und sehen dabei zu, wie sich seine Muskeln bewegen, oder er einfach nur hin und her sprintet. Kurz gesagt: Damian ist ein Traum von einem Kerl und er geht sogar in meine Klasse. Wir haben einige Kurse zusammen, aber ich bin ihm noch nie aufgefallen. Und das werde ich wahrscheinlich nie. Denn es ist nun mal, wie es ist. Ich bin ein unscheinbares Mädchen. Meine mausblonden Haare fallen mir glatt über die Schultern, wenn ich sie nicht gerade zu einem Dutt hochgebunden trage. Meine blauen Augen sind zwar schön, aber nichts Besonderes und körperlich gesehen könnte ich wohl die ein oder andere Sportstunde mehr vertragen. Meine Arme sind nicht besonders fest, mein Po zu groß, meine Schenkel zu dick und ich habe ein wenig Speck an den Hüften und dem Bauch. Ich meine, ich bin jetzt nicht übergewichtig, der Arzt sagte, ich sei ‚normal' für mein Alter und meine Größe, aber wirklich helfen tut mir das nicht. Und so kommt es eben, dass ich Damian nur von weitem anschmachte und mir vorstelle, wie es wäre, ihm nahe zu sein.

Meine beiden BFF Andy und Leander finden ja, ich sei beinahe besessen von Damian, aber das bin ich nicht. Ich denke schon noch an andere Dinge und Menschen als ihn. Aber Damian ist eben sehr präsent in meinen Gedanken und das nervt die beiden manchmal dezent. ‚Luna, du musst endlich damit aufhören', sagen sie dann immer oder ‚Luna, siehst du nicht, mit welchen Mädchen er sich umgibt?', und so geht es immer weiter. Ziemlich motivierend, oder? NEIN! Sie sagen mir in einem Atemzug, dass ich zu gut für ihn wäre, und im anderen meinen sie, ich soll mal sehen, welche Mädchen ihm gefallen.

Endlich stehe ich auf und bewege mich Richtung Kleiderschrank, um mir die Kleidung für den heutigen Tag herauszusuchen. Na ja, eigentlich gibt es da nicht allzu viel, was ich raussuchen müsste, wir tragen schließlich alle die gleiche Uniform und somit unterscheidet sich zumindest klamottenmäßig keiner vom anderen, was ich ziemlich gut finde. So wird Mobbing vermieden, zumindest was die Kleidung anbelangt. Natürlich gibt es an unserer Schule trotzdem immer Schüler, die sich einen Spaß daraus machen, andere zu ärgern und sie bloßzustellen. Traurig ist das, aber mehr als ihnen immer wieder zu sagen, wie dämlich sie sind, kann ich nicht tun. Ich bin ohnehin sehr aktiv in der Schule, ich leite eben die Anti-Mobbing-Kampagne, jobbe aushilfsmäßig in unserer Bibliothek UND ich bin aktives Mitglied der Theater AG. Ich liebe es einfach, auf der Bühne zu stehen, auch wenn ich bisher nur kleinere Rollen hatte, habe ich mich trotzdem darüber gefreut, überhaupt auf der Bühne stehen zu dürfen! Unser Lehrer für Schauspiel und Kunst ist oftmals grimmig und streng und er nimmt nur diejenigen, die es wirklich verdient haben. Er zuckt nicht mit der Wimper, wenn er Leute aus dem Übungsraum wirft, weil sie seiner Meinung nach ‚nicht fürs Theater' gemacht sind. Aber inzwischen kennen ihn alle und wissen, wie man mit ihm umzugehen hat, und dementsprechend benehmen wir uns bei ihm. Neben mir nehmen nur noch dreizehn weitere Schülerinnen und Schüler am Schauspielunterricht teil. Siebzehn haben ihn verlassen, weil Mister Turner einfach zu streng war, oder sie rausgeworfen hatte.

Mondlicht Kuss - Du darfst ihn nicht küssen [Leseprobe]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt