Cold Night

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Er machte sich nicht die Mühe, die schäbige Motelzimmertür leise zu schließen. Oder das Essen aus dem 24-Stunden-Shop um die Ecke sanft auf den Tisch abzustellen.

Die Nacht draußen war kalt, so kalt, wie es Mitte September sein sollte.

Das schlechter werdende Wetter gefiel ihm nicht, weil es immer alles beschissener machte. Geeignete Unterkünfte wurden Mangelware und Menschen, die in ihr Beuteschema passten, verschwanden früh abends von den Straßen. Dadurch krochen mehr dreckige Ratten aus ihren Löchern. Drecksäcke, auf der Suche nach einem schnellen Geschäft. Jedes Mal, wenn sie einem dieser Schwänze über den Weg liefen, juckten seine Finger. In den allermeisten Fällen hielt Ray ihn zurück. Mit diesen bescheuerten Augen, dem seichten Kopfschütteln und ihren Fingern an seinem Ärmel.

Zack stieß die Luft aus.

Zu viel Aufmerksamkeit, erklärte sie und, wie ein scheiß Köter gehorchte er ihren Worten. Selbstverständlich ließ er sich brav mitziehen. Andererseits hielt sie ihnen so seit fünf Jahren die Bullen vom Hals. Das Gör suchte die Opfer aus, inszenierte Morde und schickte die idiotischen Beamten regelmäßig auf die Suche nach einem imaginären Mörder. Und verdammt, sie machte ihren Job gut. Da er zwar dumm, aber nicht so dumm war, hörte er im Regelfall auf das, was sie sagte. Auch wenn ihn der Drang, diesen Pissern die Eingeweide herauszureißen, unleidig machte.

Vor dem Bett blieb er stehen und musterte die schlafende Frau. Ihr Haar zerzaust und die Arme um das Kissen gewickelt.

„Oi, Ray!" Sie rührte sich nicht. Ungeduldig schnalzte er mit der Zunge und benutzte seinen Fuß, um sie an der Hüfte, wachzurütteln. Sein Schuh hinterließ auf dem ausgewaschenen Stoff dreckige Abdrücke.

„Wach auf!"

„Hm?", machte sie und nuschelte, mehr in das Kissen, als zu ihm: „Ist es schon so spät?"

Er wandte sich gereizt ab und ließ sich in den Fernsehsessel fallen. „Was glaubst du? Jetzt beweg deinen Arsch."

Sofern sie nicht von Albträumen gequält wurde, schlief die verdammte Frau, wie ein Stein. Und sie klammerte. Irgendwo in ihrer elenden Verwandtschaft musste ein psychopathischer Affe sein. Er war sich sicher. Die Kraft, mit der sich das Gör regelmäßig in sein T-Shirt krallte, überstieg seinen Horizont.

Zack stützte seinen Kopf auf seine Hand und beobachtete ihr Treiben. Es würde nicht mehr lange dauern und er schnitt sie mit seiner Sense aus der billigen Decke heraus. Ihre halbherzigen Versuche nagten mächtig an seiner Geduld.

„Seit wann bist du wach?", murmelte sie, endlich aus der Bettdecke befreit. Ihre Haare erinnerten ihn an ein zertretenes Krähennest, das zusätzlich von einem LKW überfahren wurde.

„Die Sonne ging unter." Seine Augen folgten ihrer Gestalt, als sie sich an den Tisch setzte. Träge durchsuchte sie die Tasche mit dem Essen. Sie gab diesen freudigen Laut von sich, der in ihm stets, ein ätzendes Hüpfen seines Magens auslöste.

„Wie kannst du den Dreck fressen?" Er verzog das Gesicht, während sie den Chili-Bagel aus der Verpackung schälte.

Ray hielt inne. „Ich mag scharfe Sachen."

Er verdrehte die Augen. „Ich weiß, dass du scharfe Sachen magst! Ich will wissen, wie du den Scheiß essen kannst."

„Mmm." Überlegend neigte sie ihren Kopf und sah anschließend ausdruckslos zu ihm. „Es schmeckt einfach."

Rachel biss hinein. Angewidert drehte er seinen Kopf beiseite und fixierte, mit bedecktem Mund, die Wand. Er hatte den Müll, den sie Essen nannte, ein einziges Mal probiert. Allein von dem Gedanken daran stellten sich sämtliche Nackenhaare bei ihm auf. Seine Zunge hatte sich Stunden danach noch taub angefühlt.

Never SimpelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt