* Kapitel 6 *

342 12 0
                                    

Charlie's Vergangenheit

Nach der Trainingseinheit ging ich einwenig die Insel erkunden, verlief mich aber bereits nach der dritten Tür und irrte nun, mehr oder weniger, durch die tunnelartigen Flure.

Eine endlos wirkende Viertelstunde und unzählige Türen (eigentlich waren es genau 16) später, befand ich mich endlich wieder in einem mir bekannten Raum. Es war der Raum mit den beiden Cyber-Desks.

An einem der beiden stand Chase. Sein Blick war auf den Bildschirm vor sich gerichtet, auf welchem ein verdammt alter Lehrfilm über das Thema Bionic lief. Ich trat zu Chase an den Cyber-Desk, ohne meinen Blick von dem Film abzuwenden.

"Unser Ziel ist es nicht, überlegende Supermenschen zu erschaffen, sondern den Menschen zu optimieren. Dabei nehmen wir uns die Natur als Vorbild und arbeiten mit dieser zusammen.", sprach ich die nächsten Sätze des Films mit.

"Du kennst den Film?", fragte Chase. Im Augenwinkel konnte ich sehen, dass er mich ansah. Ich wiederum schaute auf den Bildschirm vor mir.

"Ja, ich habe ihn bestimmt schon Tausend mal gesehen", erzählte ich und übertrieb dabei nicht mal. Somit wäre ich inzwischen, auch ohne meine bionischen Fähigkeiten, in der Lage, diesen Film mitzusprechen.

Wir standen beide nun vor dem Bildschirm und sagten nichts. Lediglich die Stimme von Mr. Davenport, welcher diesen Film eingesprochen hatte, sorgte dafür, dass es nicht still war.

Ich beobachtete Chase im Augenwinkel und merkte, dass er mir gegenüber eine Abwehrhaltung angenommen hat. Ganz so, als sei ich unerwünscht. Vermutlich war ich das auch.

Mir ist klar, dass die letzte Trainingseinheit, seinem Ego nicht sonderlich gut getan haben muss. Immerhin hatte er und seine Gruppe als einzige nicht bestanden, Mr. Davenport hatte ihn dafür verantwortlich gemacht und dann kam auch noch ich, die neue, und erledigte die Mission im Alleingang besser.

Zudem wurde ich bereits aufgeklärt, dass Chase und ich ähnliche, wenn nicht sogar die selben, bionischen Fähigkeiten haben mussten. Vermutlich ist ihm das auch bereits aufgefallen und nun fühlte ich mich schlecht, auch wenn ich dafür eigentlich nichts konnte.

Dennoch wollte ich ihm helfen. Es fühlte sich so an, als ob ich ihm das schulden würde.

"Ist alles okay bei dir?", ich musste meinen ganzen Mut zusammennehmen um ihn das zu fragen. Ich drehte mich Richtung Chase, welcher seinen Blick ebenfalls vom Bildschirm löste.

"Was meinst du?", fragte er, doch ich war mir sicher, dass er wusste, worauf ich hinauswollte.

"Ich meine wegen der Trainingseinheit, du sahst danach so...", ich suchte nach den richtigen Worten.

"...so wie ein Loser ohne Freunde aus?", beendete er meinen Satz. Sofort schüttelte ich den Kopf.

"...so unzufrieden und traurig aus", berichtigte ich ihn. Chase hatte den Blickkontakt wieder gebrochen und schaute nun auf die Schaltflächen des Cyber-Desk.

Er antwortete nicht darauf und wieder war es still zwischen uns. Ich überlegte fieberhaft, was ich als nächstes sagen könnte, doch im trösten, war ich noch nie besonders gut.

"Hasst du mich?", es war der einzige klare Gedanken in meinem Kopf. Im nächsten Moment bereute ich diese Frage aber bereits wieder, vorallem, weil ich Angst vor der Antwort hatte. Immerhin hatte er einen Grund dafür und verstehen würde ich ihn auch.

Umso überraschter war ich über seine Antwort.

"Nein."

Ich konnte keine logische oder plausibel Erklärung finden, weshalb ein kleines Chaos, aus Wörtern und Bildern, in meinem Kopf entstand.

Lab Rats - Charlie's GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt