Spaziergang

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Der Abend war angebrochen und die Sonne stand schon tiefer. Ich stand auch nach zehn Minuten immer noch in der Einfahrt und sah in Gedanken auf die Landstraße. "Lilly Schätzchen, magst du nicht rein kommen?" Seine Mutter sah fragen aus der Haustür. "Ich denke ich gehe mal eine Runde mit dem Hund. Ist hier nicht ein Stück weiter ein kleiner See?" Sie nickte. Ich ging also schnellen Schrittest die Leine aus dem Auto holen und griff auch noch nach einem Pullover den ich mir überstreifen konnte, falls es kühler werden sollte. Dann sammelte ich noch den kleinen Chad ein und unsere Runde konnte starten.

Schon nach nur wenigen Minuten erreichten wir ein schönes, kleines Waldstück. Die Bäume ließen viel der warmen Abendsonne durch das Blätterdickicht fallen, was ich als sehr angenehm empfand. Gerade jetzt, wo ich mich irgendwie so... eingeengt fühlte, war es beruhigend, den Himmel zu sehen. Zu sehen, dass es weiter geht. Ich musste mir selbst eingestehen, dass ich Angst hatte, wirklich große Angst. Und zwar davor, dass uns dieses dumme erste Jahr den Hals brach, Joshua und mir. Unsere Beziehung war toll, ich meine, sie ist toll! Zumindest empfinde ich so. Doch in den vergangenen Wochen fiel mir immer wieder auf, dass Jo sich distanzierter verhielt. Irgendwie in sich gekehrt. Was, wenn er nicht mehr so fühlte wie ich? Was, wenn er überhaupt nie so gefühlt hat wie ich? Nur wenn ich an ihn denke, macht mein Herz einen Hüpfer. Wenn ich ihn sehe, dann kann ich die Schmetterlinge in meinem Bauch noch zählen. Berühren wir uns, kann ich ihre anzahl nur noch erahnen und wenn er mich küsst, springt mein Herz mir fast aus der Brust und die Schmetterlinge-ich vergesse sie. Ich vergesse alles in diesem Moment. Aber wenn ich daran denke, wie- anders sich in letzer Zeit all das anfühlt, dann setzt es aus und ich befürchte es fängt nie wieder an, zu schlagen.

Ich machte Chad von der Leine los und ließ ihn vor mir herlaufen und beobachtete, wie er hier und da mal am Boden schnupperte. Noch immer in Gedanken versunken, errichte ich den See. Dort setzte ich mich ans Ufer und beobachtete, wie die Wellen schwermütig ans Ufer plätscherten. Ich ließ mich mit ihnen davon treiben, hinaus auf den See bis in das Meer meiner Gedanken. Konnte er seine Gefühle für mich so schnell verloren haben? Er war doch glücklich! Das hatte er mir jedenfalls immer geantwortet, wenn ich einmal gezweifelt habe. Oder hat er gelogen? Ist alles eine einzige, große Lüge, auf die unsere Beziehung aufbaut? Nein, das glaube ich nicht.

Mir wird bewusst, wie sehr ich mich an ihn klammere, an seine Zuneigung und seine Anwesenheit. So sollte es nicht sein. Genau das wollte ich nie, von bestimmten Menschen abhängig sein. Früher hatte ich keinen. Meinen Vater kannte ich nie und ich hatte auch nicht damit gerechnet, ihn je zu finden. Doch jetzt ist es anders. Da ist jemand, der sich um mich sorgt und jemand, der, egal unter welchen Umständen für mich da ist. Ich ziehe mein Handy eher unbewusst aus der Hosentasche und wähle die Nummer von Jogi. Es klingelt drei mal, dann antwortet eine mir Vertraute Stimme mit einem mir eher unbekannten Satz: "Hallo, das ist die Mailbox von Joachim Löw. Sprechen Sie doch bitte eine Nachricht auf den AB, danke." Mein Finger tippt auf dem Bildschirm auf den roten Hörer. Ich atme hörbar aus und schlinge die Arme um meine Knie. Das Wasser liegt noch genau so ruhig da, wie vorhin, bis auf die sich abwechselnd ans Ufer kommende Wellen. Mir wird kalt und ich ziehe mir den Pullover an. Als ich ihn überstreife, bemerke ich, dass es nicht meiner ist und das nicht an dem Aussehen sondern an dem unverwechselbaren Geruch, der mir eine Gänsehaut über den Körper legt und mich so in Geborgenheit wiegt, als wäre es Joshua selbst. Ich will meine Gedanken nicht mehr mit den Wellen treiben lassen, ich will ihnen freien Lauf lassen und schon laufen mir Tränen über das Gesicht. Meine Gedanken aber schalten sich komplett ab. Ich lasse mich nach hinten in das Gras fallen und sehe hinauf in den Himmel. Ich wünschte, ich würde Schluckauf bekommen, dann wüsste ich wenigstens, dass wer an mich denkt. Dann kann ich mir einreden, es sei Jo.

Chad kommt zu mir, schnüffelt ein wenig an mir herum und legt sich dann zu mir. Nur nach ein paar Sekunden steht er wieder auf, riecht noch einmal an dem Pullover, den ich trage und legt sich näher an mich, mit seinem Kopf auf meinem Bauch, und schmiegt sich in den Pulli. "Ich weiß kleiner, ich vermisse ihn auch.", dabei streichle ich seine weichen Ohren.

Nur vermisse ich nicht einfach Josuas Anwesenheit, sondern so viel mehr von ihm. Eigentlich wirklich ihn. Den Mann, in den ich mich verliebt habe.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 28, 2021 ⏰

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