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„Mensch,was hat das denn so lange gedauert Ally? Ich dachte schon du kommst garnich mehr."
Ich war gerade erst ins Zimmer gekommen, als Joey angerufen hatte. Kurz nachdem ich die Tür geschlossen hatte, hat sie mich angerufen und ich habe fast mein Handy fallen lassen. Mit diesem Anruf hatte ich erst später gerechnet. Aber so war sie eben. Unberechenbar!
Ich kramte noch in meinen Schrank nach etwas passendem zum Schlafen. Ich zog eine kurze, mintgrüne Hose mit weißen bändern heraus und dazu ein weißes-grünes Top mit Batik Muster.
„Tut mir leid, Tante Marry hat uns lange aufgehalten." antwortete ich und fügte noch hinzu: „Eigentlich wollte sie für uns noch Abendessen kochen aber meine Mutter hat uns noch gerettet. Sonst wären wir erst nachts zuhause gewesen." Johanna lachte und sagte: „Also deine Mom ist meine persönliche Heldin, Ally" Ich musste auch lachen.
Meine Familie hatte sich schon immer gut mit Johanna und ihrer Familie verstanden. Meine Mutter und Jo's Mutter waren in der High School schon befreundet gewesen. Als ich dann in den Kindergarten kam, das weiß ich noch. Meine Mom hat mich zu meiner Gruppe, die Schwanen Kücken, begleitet und da stand dann Anna-Lena. Anna-Lena ist Joey's Mom. Sie haben sich umarmt und gestrahlt. Sie haben wohl beide nicht damit gerechnet sich nach der High School jemals wieder zu begegnen, da Johanna's Mom mit ihren Eltern damals nach Los Angeles ziehen musste. Ihr Vater war nämlich begeisterter Schauspieler und Sänger. In dem er nach Hollywood zog hat er sich eine große Karriere ausgemalt und vorgestellt. Der Durchbruch blieb jedoch aus. Während er noch versuchte ein berühmter Schauspieler zu werden, war Anna-Lena 18 geworden und zog wieder nach Spring Dale, ihrer Heimat Stadt.
Schon damals im Kindergarten war ich mit Joey befreundet gewesen und wir hatten noch nie wirklich Streit gehabt. Wenn, dann waren es immer nur kleine Meinungsverschiedenheiten.
Im Moment war es 9:58 pm.

Wir redeten noch eine Weile. Über Pflanzen, Jungs die wir attraktiv fanden, Über Gott und dir Welt.
Als wir eine lange Zeit schon beide nichts mehr gesagt hatten, sagte Johanna: „ Du, weißt du was? Wir kriegen übrigens ne neue in die Klasse." Ich war überrascht. „Echt? Wer ist sie und wo kommt sie her?" , „Weiß nicht." ,antwortete Johanna und sagte: „Werden wir ja morgen sehen." Ich nickte.
Genau in diesem Moment klopfte meine Mutter an die Tür. „Schatz du weißt dass morgen Schule ist oder?" Ich nickte und sagte: „ Ja Mom, Ich mach Schluss", „Ah ich hör schon. Na dann bis morgen Ally. Wir treffen uns vor der Schule, du weißt ja wo." Noch bevor ich etwas dazu sagen konnte, legte sie auf. Meine Mom lächelte und sagte mir noch gute Nacht, ich tat das gleiche.
Als sie die Tür geschlossen hatte,sprang ich auf und lief zu meinem Schreibtisch. Versteckt hinter einer Pflanze und ein paar Computerspielen, lag mein Tagebuch. Es war beige und sah eher Rustikal und alt aus. Ich liebte den Vitage Look. Es hatte die Aufschrift: Tagebuch 3. Ich liebte dieses Papierbündel. Alles was ich so erlebte und fühlte schrieb ich hier rein. Viele meiner Gefühle hatte ich schon niedergeschrieben, zum Beispiel mein erstes mal verknallt sein. Er hieß Tony und hatte blaue Augen wie der Ozean.
Für einen Moment geriet ich ins schwelgen in Erinnerung. Ich schüttelte den Kopf um wieder klar zu denken.
In der 4. Klasse hatte ich damit angefangen Tagebuch zu schreiben und hatte es bis heute beibehalten. Ich schrieb nicht jeden Tag, wie es eigentlich sollte laut des Namen „Tagebuch", aber immer wenn irgendetwas spannendes oder interessantes in meinem Leben geschah schrieb ich es auf. Ich mochte das schreiben so sehr weil ein Buch oder eine Seite Papier keine Geheimnisse weitererzählen konnte. Wenn man wollte, konnte man es jemandem zeigen. Wenn nicht blieb es für immer ein Geheimniss.
Ich stellte mir vor wie 2167 ein paar Historiker dieses alte Buch ausgraben würden. Und vorsichtig die Seiten aufschlugen. Sie würden es vielleicht als Artefakt oder Zeichen der Zeit in ein Museum bringen und dort ausstellen. Die Kinder meiner Kinder würden dann mit ihren Kindern dieses Buch sehen und sagen: „Schau mal. Das ist die Handschrift deiner Ur-Ur-UrGroßmutter.
Ich schnappte mir das Tagebuch, meinen Pastellgrünen, den pastellgelben Textmarker und einen Kuli. Ich setzte mich auf das Bett, mit dem Rücken an die Wand gelehnt.
Ich fing an zu schreiben.

Liebes Tagebuch......

Kennst du das Gefühl der Veränderung? Des Neuanfang?
Sicher nicht, denn du bist nur ein Buch. Du hast keine Gefühle. Keine Gefühle außer die, die ich in dir niederschreibe.

Ich denke oft an Dad, ich vermisse ihn.
Aber er wird nicht wieder nach Arkansas zurück kommen. Denke ich. 
Vielleicht sollte ich ihm schreiben, ihn anrufen oder ihm einen Brief schreiben? Nein, das wäre Absurd. Oder?
Nein, Dad wird nicht wegen mir zurück in die USA kommen. Seine Familie braucht ihn. Seine neue Familie...
Es verletzt mich das er sich gegen mich und Mom entschieden hat. Ich war es ihm nicht wert, das er bleiben würde. Ich hasse ihn dafür. Aber oft denke ich an die Zeit zurück wo noch alles gut war. Wo Mom und er sich noch geküsst und umarmt haben. An die Zeit wo er mich noch angeschubst hat, wenn ich schaukeln wollte. Mom hat mir damals meine langen Blonden Haare geflochten, hat Blumen aus dem Garten gesammelt und sie in die Haare gesteckt. Dad hat mir immer eine Gutenachtgeschichte vorgelesen und wenn ich Angst hatte vor der Dunkelheit ist er so lange geblieben bis ich eingeschlafen bin.
Die guten alten Zeiten. Aber jetzt ist er weg und das werde ich nie wieder erleben..

Johanna sagte, morgen kommt ein neues Mädchen an die Schule. Genauer gesagt, in unsere Klasse.
Ich frage mich wie sie so ist. Vielleicht ist sie die Tochter eines Milliardärs, oder eines Schriftstellers? Einer Musikerin. Aber vielleicht ist sie auch nur die Tochter des neuen Fleischmarktes an der Ecke Mainstreet.
Alles ist möglich.

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