Im kalten Zürich

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22.Juli
Draussen ist es regnerisch. Ich habe Ferien, kann diese jedoch nicht geniessen da man bei diesem Sauwetter nichts unternehmen kann. Deprimiert sitze ich seit über zwei Stunden vor der Glotze, der Aschenbecher bereits randvoll. Plötzlich geht die Tür auf und Maya versperrt mir die Sicht auf den Fernseher. 'Du rauchst zu viel', stellt sie fest während sie eine Parisienne Jaune aus ihrem Zigarettenpäckchen klaubt, sie anzündet und genüsslich daran zieht. 'Sehr witzig', brumme ich. 'Ach komm schon, warum so mies drauf?'. Maya zupft an einer meiner kinnlangen, mahagonibraunen Haarsträhnen. Dann wuschelt sie durch meine restlichen Haare, tätschelt meinen Hinterkopf und beginnt laut zu lachen. 'Du siehst aus wie der asozialste Mensch auf Erden! Komm unternehmen wir was!' Ich schaue sie genervt an:'Was willst du bitte unternehmen? Bei solchem Wetter kann man nur ins Kino gehen und da waren wir in den letsten Tagen bereits 5 mal...' Maya verdreht ihre riesigen, meerblauen Augen mit den endlos langen Wimpern und streicht sich mit ihren Fingern die lockigen, blonden Haare aus der Stirn. Maya ist seit ziemlich immer meine beste Freundin.
Wir kennen uns schon seit der Primarschule und da wir so unterschiedlich sind ergänzen wir uns perfekt. Man könnte bei ihrem Anblick schnell auf die Idee kommen, dass es sich bei ihr um eine 'typische' Blondine handelt. Schlank, zierliche Figur, taillenlanges blondes Haar, blaue Augen und eine unzerstörbar gute Laune. Doch ich kann sagen, dass Maya der gescheiteste und tiefgründigste Mensch ist den ich kenne. Ich nenne sie immer nur 'Mey'.
Ich bin so ziemlich ihr genaues Gegenteil. Da ich Lateinamerikanische Wurzeln habe, besitze ich leider ziemliche weibliche Rundungen, welche ich für gewöhnlich unter weiten T-shirts verberge. Meine welligen Haare trage ich schulterlang. Meine mandelförmigen grün-braunen Augen befinden sich in einem Gesicht mit Stupsnase und leider auch einigen Sommersprossen. Ich bin glaube ich die einzige Latina auf der ganzen Welt, die mit Sommersprossen bestraft wurde.
'Joy! Joooy! Du hörst mir ja gar nicht zu!', entnervt rollt Maya ihre Augen. 'Was denn?' 'Heute hab ich Luca in der Stadt gesehen.' 'Wieso erzähltst du mir das? Dieser Idiot sollte vom Erdboden verschwinden!' Luca ist mein Exfreund. Er ist der grösste Macho den ich kenne und ich frage mich heute noch wie ich es so lange mit diesem Schwein ausgehalten habe. 'Er hat ne Neue. Ich dachte du solltest es von mir erfahren und nicht von Claudia oder den anderen Tratschweibern.' 'Danke Mey das steigert meine Laune noch mehr.', ich lache sarkastisch auf und will mir auf diese Botschaft hin noch eine Zigarette nehmen, stelle dann jedoch resigniert fest, dass meine Packung alle ist. Seufzend schaue ich aus dem Fenster. Der Regen ist weniger geworden. 'Mey, begleitest du mich zum Supermar..?', ich blicke mich um und kann meine beste Freundin nirgends entdecken. 'Joy komm mal ins Schlafzimmer.', schreit Maya durch unsere ganze Wohnung.
Als ich im Zimmer ankomme steht sie an der weissen Wand und ist daran ein riesiges Poster aufzuhängen. Beim genaueren Hinblicken erkenne ich eine Weltkarte. 'Hier, für dich.', Maya drückt mir einen Dartpfeil in die Hand. 'Augen zu, um die eigene Achse drehen bis ich stop sage und dann werfen. Wo der Pfeil landet, da fliegen wir hin.' 'Was? Nein, wie, äh, hey..!', ich will protestieren doch schon bindet sie mir die Augen zu und beginnt mich zu drehen. 'Los! Schiess!' Ich zögere einen Augenblick, mir ist schwindlig. Doch dann ziehe ich meinen Arm zurück damit ich ihn hervor schnellen lassen kann. Als mein Arm ausgestreckt ist lasse ich den Pfeil los, ich höre ein leises Surren als der Pfeil in der Wand stecken bleibt. 'Oh, wie schön!', jauchzt Maya. Hastig reisse ich mir das Tuch von den Augen und blicke suchend auf die Weltkarte. Plötzlich finden meine Augen den Pfeil.

Griechenland.

Sommer 2k14Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt