Kapitel 18

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Z A Y N

Nur im letzten Moment konnten wir Harry davon abhalten, unser gesamtes Dasein zu zerstören. Genau genommen war es Louis, der es schaffte, Mr Horans jüngstes Teammitglied von der Straße zu zerren, bevor dessen Polizeikollegen, die sich mehr oder minder unauffällig vor „unserem" Haus postiert hatten, auf ihn aufmerksam werden konnten.

„Das ist doch nicht möglich." Fassungslos spähte ich zwischen den dichten Ästen Hagebuttenstrauchs hindurch, der an der Ecke eines verwitterten Hauses den halben Gehweg einnahm. Auch wenn mein Sichtfeld erheblich geschmälert war durch Hagebuttenreste und schimmeligen Blättern an den Zweigen, so sah ich doch genug, um eine verheerende Tatsache feststellen zu können: Horan hatte unseren Unterschlupf ausfindig gemacht, vermutlich bereits gestürmt und wartete nun bloß darauf, dass wir bei unserer Rückkehr in die Falle tappten.

Was wir schließlich auch um ein Haar getan hätten.

Louis fluchte auf seine übliche kreative Art. „Was sollen wir jetzt machen? Wir können von Glück reden, dass wir Handys, Geld und den wichtigsten Kram mitgenommen haben."

Das war unmöglich. Wie zur Hölle hätten diese Idioten herausfinden können, wo wir uns aufhielten? Nie und nimmer wären sie von selbst auf die Idee gekommen, uns einen Steinwurf von ihrem ehemaligen Quartier entfernt zu suchen! Oder?

Für einige Sekunden musste ich die Augen schließen, um mir die Situation objektiv vor Augen führen zu können. Gleichzeitig tastete ich nach meinem Handy in der Innentasche meiner Jacke, den Schmerz in meinem Arm ignorierend, während mein Gehirn sich Stück für Stück einen erschreckenden Verdacht zurechtlegte. „Lou", begann ich langsam. „Bist du sicher, dass du dein Handy hast?"

Mein bester Freund runzelte die Stirn. „Ich habe es eingesteckt, kurz bevor wir ..." Er brach ab, als ihm der Rest der Worte in der Kehle steckenblieben. „Nein."

Mit hektischen Bewegungen klopfte er all seine Taschen, sogar jene, in die kein Mensch, der noch bei Verstand war, ein Handy platzieren würde. „Nein, nein, nein. Das ist doch nicht möglich. Wie kann es sein, dass ..."

Sein Blick wanderte zu Harry und verfinsterte sich unheilvoll. „Ihr beide. Du und dein scheiß Kollege."

Bevor ich auch nur mit dem Finger zucken konnte, hatte Louis Harry, der verständnislos und unbeteiligt danebengestanden hatte, am Kragen gepackt und grob rücklings gegen die vom Regen feuchte Hauswand geworfen. Seine Augen blitzten vor lodernder Wut wie das Feuer der Hölle höchstpersönlich. „Ihr verdammten Schweine! Seid ihr wenigstens stolz auf euch? Na? Immerhin habt es ENDLICH geschafft, uns ans Messer zu liefern!"

Harrys blankem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien er Schwierigkeiten zu haben, dem Lauf der Dinge zu folgen. „Was?! Wovon ... das ist ... Was ..."

Hätten wir uns nicht vor einem Pack Polizisten versteckt, hätte Louis vermutlich in Höchstlautstärke gebrüllt. „Stell dich nicht dumm, Kleiner! Ich schwöre dir, würden wir dich nicht eventuell noch brauchen, würde ich dich hier und jetzt AUF DER STELLE erschießen."

Allmählich schien es Harry zu bunt zu werden, denn er versetzte Louis einen unerwarteten Stoß, der diesen ein Stück von ihm wegtaumeln ließ. „Mach mal halblang! Wovon redest du eigentlich? Kann ich doch nichts dafür, wenn ihr Superkriminellen zu blöd dazu seid, euch anständig vor der Polizei zu verstecken!"

Louis fackelte nicht lange. Noch bevor Harry noch etwas hinzufügen konnte, hatte er bereits ausgeholt und dem jungen Teammitglied einen einwandfreien Faustschlag ins Gesicht versetzt, der ihn zur Seite schleuderte und um ein Haar zu Boden befördert hätte.

Jetzt reichte es. „Louis. Hey!" Nachdrücklich schob ich mich zwischen die beiden Streitenden und fing gerade noch Louis' Arm ab, bevor er noch einmal zuschlagen konnte. „Genug! Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir einander zu Brei schlagen!" Ich warf Harry einen Blick zu, unschlüssig, was ich von der ganzen Schul-Unschuld-Geschichte halten sollte. „Bevor wir voreilige Schlüsse ziehen, sollten wir die Situation ruhig und objektiv klären."

Revenge (Ziall)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt