Eine Gänsehaut hatte sich auf meinem ganzen Körper gebildet, als ich zitternd in der unbewohnten Hausruine zum stehen kam. Außer Atem strich ich mir die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht und das laute Prasseln des starken Regens erfüllte meine Ohren, während ich versuchte meinen Puls zu beruhigen. Das Unwetter hinderte mich daran, an die vergangenen Ereignisse zu denken. Stattdessen lief ich unruhig hin und her, wartete auf die Anderen, während das ungleiche Tropfen, des Regens auf dem undichten Dach, mich fast um den Verstand brachte. Ich zog an meinem durchnässten Shirt und mich umkreisten noch immer meine Zweifel, ob ich den Platz meines Bruders, und damit die Führung übernehmen konnte. Die Tropfen trafen immer lauter und stärker auf das graue Dach und ich schob einen der verrosteten Metalltische zu Seite, um einen Eimer in die kleine Pfütze unter einem Loch in dem Wellblechdach zu stellen, setzte mich danach auf die Kante des Tisches und ließ meine Beine baumeln. Nervös bearbeite ich meine Fingernägel mit meinen Händen und blickte über die anderen Tische, Stühle und Tafeln. Die hellgrünen Augen meines Bruders verfolgten mich in meinem Kopf noch immer. Werden die anderen der Gruppe mich als neue Anführerin akzeptieren und mit mir zusammenarbeiten?
Ich hatte keine Ahnung wie ich die großen Fußstapfen meines Geliebten Bruders füllen könnte. Der Schmerz, ihn verloren zu haben, überschwemmte mich plötzlich erneut und Tränen stiegen mir in die Augen, die ich hektisch weg blinzelte. Sein tragischer Tod ist erst eine Woche her. Seitdem kämpfte ich mich allein durch die verdreckten Straßen, schlief in brüchigen Häuserruinen und habe alles getan, um mich mental auf dieses Treffen vorzubereiten. Das Rauschen und nervenzermürbende Trommeln des Regens lies allmählich nach und eine friedliche Stille breitete sich langsam zwischen den Häuserruinen aus. Langsam atmete ich die frische Luft ein, die durch die, mit Holzplatten verdeckten, Fenster hineinströmte. Der Regen immer mehr nach und verebbte schließlich. Ich entspannte mich sichtlich, während die regenfrische Luft meine Lungen füllte und strich mir mit dem Handrücken über meine feuchten Augen.Dünne Sonnenstrahlen leuchteten durch die Ritzen der Fenster und kleine Staubkörner tanzten durch den Raum.
„Dakaria, hey!"
Hecktisch sprang ich von dem kalten Tisch, obwohl mir die Stimme mehr als bekannt war.
„Rouv, wie geht es dir ?" fragte ich erleichtert, als ich zu dem besten Freund meines Bruders stürmte und ihn umarmte. Fest schlang er die Arme um mich und ich vergrub mein Gesicht an seinem nassen Hemd.
„Es tut mir so leid was mit Darian passiert ist",flüstere er und verstärkte seine Umarmung ohne auf meine Frage einzugehen. Sein Körper strahle eine wohlige Wärme aus und so kam es, dass ich die Tränen nun doch nicht mehr zurückhalten konnte. Eng umschlungen und schluchzend standen wir neben den unzähligen Tischen und hofften, dass der aufkommende Schmerz endlich abebbte. Ich wusste, dass er sich Vorwürfe machte. Sie zerfraßen ihn wie Würmer die grellgrünen Blätter.Doch ich gab ihm nicht die Schuld daran, ich wusste selbst, wie stur und zielstrebig Darian gewesen ist. Rouven hätte nichts tun können um ihn aufzuhalten. Bevor er seine Gedanken aussprechen konnte, löste ich mich langsam von ihm und strich ihm die wirren Haare aus der Stirn. Er blickte auf und seine grauen Augen waren dunkel. In ihnen wütete ein Sturm.
„Rouv, niemand kann dir die Schuld an dem Tod von meinem Bruder geben. Du hast gegeben was du konntest. Ich habe dir in der vergangenen Woche nicht einmal die Schuld gegeben. Und weißt du warum nicht?"
Ich schaute ihm bestimmend ihn die Augen, damit er wusste, dass ich die Wahrheit sagte.
„Ich habe genau gewusst, dass du alles für ihn getan hättest."
Er schüttelte den Kopf und der Schmerz glänzte noch immer in seinen Augen, als er meine Hände von seinen Wangen nahm und sie mit seinen verschränkte. Langsam küsste er jede Fingerspitze meiner rechten Hand und ich schloss die Augen. Wie sehr habe ich mich nach seiner Berührung gesehnt. Ich habe versucht es mir auszureden, aber niemand, selbst ich selbst, schaffte es zu verleugnen, dass ich die Gruppe und besonders Rouven in mein Herz geschlossen hatte. Ich konnte auch nicht verhindern, dass ein warmes Gefühl durch meinen Körper strömte. Gerade jetzt, wo seine Lippen einen Teil meines Körpers berührten. Ich sank hinab in eine rosarote Welt und stellte mir vor, wie es wäre glücklich zu sein. Darian, ich und Rouven. Was würde ich nur alles für ihn tun. Ich...Eins Räuspern sorgte dafür, dass ich ruckartig meine Hände von Rouvens löste und mich erschrocken umdrehte. „Lilith",stieß ich außer Atem aus und sah in ihr mürrisches Gesicht. „Süß deine Liebesbekundungen wirklich! Nur muss es ernsthaft mein Bruder sein?", säuselte sie verachtend. Gespielt gelassen lehnte das hochnäsige Mädchen sich mit der Hüfte gegen einen der Metalltische, die neben dem Eingang standen und blickte mich herausfordernd an.
Natürlich, Rouvens Schwester. Meine Atmung beschleunigte sich und ich ballte die Fäuste.
Dass sie mich nicht leiden konnte, war mir inzwischen mehr als bewusst, aber warum konnte sie nicht ein einziges Mal Mitgefühl zeigen ? Vor allem mir gegenüber. Ich bin ja nun die neue Leiterin des Teams.
Oder?„Bleib ruhig, lass sie reden,Dak", flüsterte Rouven, der sich unbemerkt schräg hinter mich gestellt hatte und erneut wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Sein warmer Atem strich über meinen Nacken und ich versuchte mich zu konzentrieren. Stand sie die ganze Zeit da? Wenn ja, warum hat er mir nichts gesagt oder mich mit Blicken darauf hingewiesen? Ich ließ die Luft tief in meine Lungen und trat einen Schritt vor. „Die Sache zwischen mir und Rouven geht dich nichts an. Wie du vielleicht mitbekommen hast, ging es um den Tod meines Bruders. Ich glaube nicht, dass.." Rouven fiel mir ins Wort, fasste mich am Handgelenk und zog mich zurück. „Lilith, geh einfach hoch und mache alles startbereit okay?"
Mit einem abfälligen Schnauben stapfte das dürre, schwarzhaarige Mädchen quer durch den Raum, bevor sie eine verwinkelte Treppe emporstieg.
Bevor ich darüber nachdenken konnte, was ich sagte, strömten die Worte schon ungefiltert auf meinem Mund. „Verdammt Rouv, warum hast du mir nicht gesagt, dass sie hinter uns steht?" Verärgert schleuderte ich meine Arme in die Luft und wartete auf seine Antwort. Doch er kam nicht dazu. Tiefe Stimmen drangen durch die dünnen Wände und näherten sich. „Hey Mr. Gold sie können da nicht so einfach hineingehen. Ich muss erst mit dem unserem Leiter sprechen okay?"
Ich erkannte Valerians Stimme und lief verwirrt in Richtung Tür.
Ehe ich ausweichen konnte, stieß ich frontal gegen jemanden landete schwungvoll auf dem harten Boden.
Ich blickte verärgert auf und wollte Valerian gerade anmeckern, doch mein trüber Blick blieb an dem Gesicht der Person vor mir hängen. „Mr. Gold", stieß ich atemlos aus und nahm seine Hand, die er mir entgegenstreckte um mir aufzuhelfen.
In seinen grauen Augen funkelte Belustigung. „Mrs, Entschuldigung. Haben sie sich verletzt?"
DU LIEST GERADE
Change my Body
Science Fiction»Wie kannst du nur so leben? Was bedeutet dir mehr? Das Leben von Menschen oder Geld?!« Die Menschheit steht vor dem Kollaps, Hunger und Armut führen das Leben der vielen Menschen auf der ganzen Welt. Doch ein kleiner Teil der Weltbevölkerung ist re...