Kapitel 1

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Der Wecker klingelt und ich werde aus meinen Träumen gerissen. Wo habe ich doch gleich noch mal den Wecker ... Ah ja unter dem Schrank auf der anderen Seite des Zimmers, damit ich auf jeden Fall aufstehen muss, um ihn auszustellen. Was mich gestern Abend zu dieser Idee bewegt hatte, weiß ich auch nicht mehr... Draußen hört man die Vögel zwitschern und das Sonnenlicht dringt durch meine Vorhänge hindurch. Meine rot-weiß gestreifte Bettdecke umhüllt mich und gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit. Nur noch ein paar Minuten... Das erneute Klingeln des Weckers, weckt mich endgültig auf und schlagartig fehlt mir alles wieder ein. Heute ist Montag! Mist, der Wecker zeigt schon 8 Uhr an, das heißt in einer halben Stunde musss ich in der Schule sein. Wenn ich Mathe schon wieder verpasse, werde ich mein Abitur nie im Leben schaffen. Warum hatte ich nur nochmal Mathe als Leistungskurs gewählt ? Wäre doch heute bloß Sonntag. Gestern Abend war es doch noch so schön gewesen. Der Club in der Innenstadt war rappel voll. Eine echt coole Band hatte gespielt und die Stimmung war echt der Hammer. Alice, Zoe und ich tanzten den ganzen Abend. Alice ist meine beste Freundin schon seit der Krabbelgruppe. Sie ist einer der verrücktesten Menschen die ich kenne. Sie lebt mit ihrer Mutter alleine, weil ihre Eltern getrennt sind. Da ihre Mutter als Taxifahrerin arbeitet, ist sie oft die ganze Nacht unterwegs. Deshalb hat Alice, als wir noch kleiner waren, fast jeden Tag bei mir übernachtet. Jetzt ist ihr größtes Ziel nur noch endlich eine Wohnung zufinden und ausziehen zu können. Ihr größter Traum ist es, nach dem Abitur Work and Travel zu machen und dabei die ganze Welt zu entdecken. Das passt echt gut zu ihr, spontane Aktionen und immer ein bisschen Nervenkitzel... Zoe lernte ich in der 5.Klasse kennen. Damals war sie sehr schüchtern und ruhig, das genaue Gegenteil von Alice und mir... Doch sie hat so eine liebe und hilfsbereite Art, dass man sie einfach gern haben muss. So kam es, dass wir damals ein Projekt machen mussten und Alice und ich zusammen mit ihr in eine Gruppe eingeteilt wurden. Seitdem sind wir drei unzertrennlich und ich wüsste echt nicht was ich ohne die Beiden machen sollte. Zoe lebt mit ihren Eltern in einem kleinen Einfamilienhaus zwei Straßen von der Schule entfernt. Ihre kleinen Geschwister sind erst acht und sie sind die beiden niedlichsten Zwillinge, die ich mir vorstellen kann. Ich bin echt gerne bei ihr zu Hause, denn auch ihre Eltern sind super nett. Sie weiß schon ganz genau, dass sie später einmal Medizin studieren möchte. Dafür braucht man einen 1,0 Abidurchschnitt, wovon ich nur träumen kann. Doch Zoe wird das schon schaffen, sie ist jetzt schon die Klassenbeste. Wir drei sind alle in einer Klasse genauer gesagt in der 12 auf dem Schillergymnasium. Das heißt wir werden alle dieses Jahr das Abitur machen. Eigentlich würde ich das  alles viel lieber hinter mir lassen.  Warum muss ich nur Abitur machen?! Mein Traum ist es Sängerin zu werden und dafür braucht man doch nun wirklich kein Abitur. Doch meine Mum ist nicht so begeistert von der Idee. Sie meint Sängerinnen haben es schwer und wenn sie erst mal berühmt sind, haben sie auch kein schönes Leben. Jeden Tag wird man von Paparazzi verfolgt und man kann nicht mehr ohne Bodyguard einkaufen gehen. Das macht die meisten so fertig, dass sie am Ende Drogen nehmen und nie wieder glücklich werden. Sehr positiv von ihr. Doch das ist ihre Meinung und davon möchte ich nichts hören. Das Singen ist meine Leidenschaft! Wenn ich singe fühlt es sich an als wäre ich in einer anderen Welt. Ich kann alle Probleme des Alltags vergessen und einfach nur ich selbst sein. Und ich kann mir nichts schöneres vorstellen als diese Leidenschaft zum Beruf zu machen. Aber ist ja auch egal. In einem halben Jahr werde ich 18 und bin mit der Schule fertig. Und dann bewerbe ich mich bei der Juilliard School in New York und werde professionelle Sängerin. Ich kann selbst über mein Leben entscheiden und das werde ich auch. Macht euch auf was gefasst, jetzt komme ich !

„Livia du hast doch nicht etwa schon wieder verschlafen ?",dringt es aus der Küche. Auf meinem Wecker leuchtet die Uhrzeit 8.15 auf. Mist ich hatte meiner Mum doch versprochen, mich jetzt nochmal richtig in der Schule anzustrengen. Das ist ja schon mal ein toller Anfang... Schnell ziehe ich meine Schuluniform an. Weiße Bluse, dunkelblauer Faltenrock und eine blaue Strickjacke mit dem Logo des Schillergymnasiums. Das gleiche wie jeden Tag, echt ätzend. Die Bluse ist zwar noch nicht gebügelt, aber das muss für heute auch so reichen. Meine Haaren sind  auch ein einziges Desaster. Meine brauen Locken stehen wie wild vom Kopf ab. Schnell mache ich meine Haare zu einem Dutt zusammen und betrachte mich im Spiegel. Zu allem Überfluss prangten auf meiner Stirn auch noch zwei rießengroße neue Pickel. Heute lief aber auch alles schief. Mit einem Blick zu Uhr bemerke ich, dass zum Schminken keine Zeit mehr blieb. Hoffentlich treffe ich nicht ausgerechneten heute meine große Liebe. Ich renne die Stufen runter ins Erdgeschoss. Die alten Dielen knarzen wie verrückt. Als in die Küche komme sitzt meine kleine Schwester Finja schon am Tisch. Vor ihr liegt ein Pancake mit roten Früchten und Ahornsirup. Wärend sie ihn genüßlich ist,  redet sie mit ihrem Kuschelbär. Es ist so schön sie dabei zu beobachten wie sie lacht und unbeschwert ihren Bär füttert. Finja hat es gut! Bis sie einmal mit der Schule fertig ist, dauert es noch eine Weile. Mittags hat sie Zeit mit Puppen zuspielen oder sich mit ihren Freunden auf dem Spielplatz zu treffen. Dabei kann sie Dummheiten aushecken und braucht über keine Probleme nach denken. Auch mit der Liebe war es damals so einfach gewesen. Im Kindergarten hatte ich einen Freund. Er hat mich einfach irgendwann mal gefragt ob wir ein zusammen sein wollten und ich sagte natürlich ja. Unsere Beziehung bestand darin, dass wir regelmäßig Pausenbrote austauschten und zusammen Vater, Mutter, Kind spielten. Wie gerne würde ich noch mal so klein sein wie Finja.

„Livilein, möchtest du auch einen Pancake ?" Wie ich das hasse, wenn meine Mutter mich so nennt. Als wäre ich noch ein kleines Baby. „Mama, ich werde in einem halben Jahr 18. Ich bin nun wirklich kein Kleinkind mehr, also könntest du bitte aufhören mich so zu nennen. Und nein ich möchte keine Pancakes mehr. Mir ist der Appetit vergangen, ich esse in der Schule. Ich bin eh schon viel zu spät dran." „Wie du meinst", antwortet sie genervt. Schnell gebe ich Finja noch einen Kuss auf die Wange, packe meine Schultasche und renne aus dem Haus. Die Tür  fehlt hinter mir laut ins Schloss.

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