Träume

Kapitel 3

So kommt es, dass ich wenige Stunden später zusammen mit Finja und ihrer Puppe auf einer Bank im Vorraum der Musikschule sitze. Die Fenster sind weit aufgerissen, sodass ich die warme Mittagssonne auf meiner Haut spüren kann. Obwohl es erst Februar ist, sind die Temperaturen draußen schon sehr angenehm. Während ich gedankenverloren in die Ferne schaue, fängt Finja an zu quengeln.                                                                                                                                                               „Livi, wie lange dauert das noch? Spielst du mit mir?", jammert sie. „Finja ich kann jetzt nicht. Versprichst du mir, dass du gleich ganz ruhig bist, wenn wir reingehen", versuche ich ihr verzweifelt klar zu machen. Doch das hört sie schon gar nicht mehr. Sie ist damit beschäftigt ihrer Puppe etwas zu trinken zugeben. Es sieht so süß aus wie sich um ihre Puppe kümmert und mit ihr spricht. Ihr kann man einfach gar nicht sauer sein. Dieser zuckersüße Blick... Ach wenn ich doch nur auch noch einmal in ihrem Alter wäre...

„Hallo Livia !" Erschrocken springe ich auf. Die Blumenvase, die auf dem Tisch neben mir steht gerecht dabei gefährlich ins wanken. Doch als ich sehe wer da vor mir steht, ist alles andere um mich herum egal.  LUIS! Luis, aus meiner Parallelklasse. Mein Herz fängt augenblicklich an zu klopfen und ich bekomme Schweißausbrüche. Hat er gerade wirklich mit mir gesprochen ? Und hat er wirklich meinen Namen genannt. Ich spüre wie sich ein Gefühl in mir ausbreitet, dass ich noch nicht so ganz genau deuten kann.                                                                                                                               

Luis runzelt die Stirn und sieht mich fragend an. Okay, anscheinend hat er wirklich mit mir gesprochen . Jetzt muss ich irgendetwas antworten, aber schnell. Was hatte er gleich nochmal gesagt. Livia, sag was!  „Ähhm... Hallo?!" Oh Gott, was besseres ist mir nicht eingefallen. Ich schaue an mir runter. Was habe ich den bloß für ein T-Shirt an und ist da etwa doch noch ein Tomatensoßenfleck  drauf. Von meinem total peinlichen rosa gepunktem Rock ganz zu schweigen. Hilfe! Ich spüre, wie mir die Wärme ins Gesicht steigt und ich knallrot werde. „Livi wer ist das ?" höre ich zu allem Überfluss jetzt auch noch meine Schwester von unten quaken. Die ganze Situation übertrifft jede Art von Peinlichkeit. Natürlich muss sowas immer mir passieren.  „Wusste gar nicht, dass du auch ein Instrument spielst ?" Wie bitte, war das gerade etwa schon wieder an mich gerichtet. Hat Luis wirklich schon wieder mit mir gesprochen. Er räuspert sich: „Ähm Livia bist du noch da ?" Antwort, sagt mein Gehirn, antworte, ich muss etwas antworten. Aber was hat er noch mal gefragt ?! Er starrt mich mit seinen blauen Augen an. Seine Hände sind lässig in seine Hosentasche gesteckt und er trägt ein schwarzes klassisches T-Shirt. Jetzt nimmt er eine Hand aus seiner Tasche und fährt damit locker durch die Haare. Dabei grinst er verschmitzt, mit dem wohl süßesten Lächeln, dass ich je gesehen habe. Und ich fange an zu stottern „Hmmh ähh..." Natürlich muss Finja genau in diesem Moment anfangen zu kichern. Tief durchatmen, ermahne ich mich , einfach einen vollständigen Satz rausbringen.„Hey! Das ist meine kleine Schwester Finja", sage ich viel zu schnell und viel zu laut. Luis beugt sich zu Finja runter und sagt mit süßer Stimme : „Hallo Finja! Ist das deine Puppe ?" Finja nickt nur und klammert sich um mein Bein. „Um noch mal auf meine Frage von vorhin zurück zu kommen", fängt Luis wieder an, „Spielst du auch ein Instrument hier oder nimmst du Gesangsunterricht ?" Ich versuche einfach ganz cool zu bleiben und ganz lässig zu antworten, als wäre es das normalste der Welt, dass der Mädchenschwarm der Schule gerade mit mir spricht.„Ja ich nehme Gesangsunterricht hier. Und du ?" Das war doch schonmal ein vollständiger Satz, ohne eine als zu hysterisch klingende Stimme. Aber was schaut er mich den jetzt schon wieder so süß an. Und wie er mit seinen Fingern durch seine braunen wuscheligen Haare fährt... Ok stopp, das geht jetzt wirklich zu weit. Ich schaue ihn ja an, wie ein kleines Kind, dass einen Süßigkeitenladen sieht. Ich brauche mir eh keine Hoffnung machen. Er ist nie im Leben an mir interessiert. „Ich nehme auch Gesangsunterricht", antwortet Luis plötzlich, wie aus dem nichts,  „Dann bist du doch bestimmt meine neue Partnerin für das Duo oder ?" Hilfe das Duo! Das habe ich ja komplett vergessen. Herr Bieder, mein Gesangslehrer,  hatte mich letzte Woche noch gefragt, ob ich mich bereit erklären würde, ein Duo beim Abschlussfest der Musikschule zu singen. Ich hatte natürlich nichtsahnend sofort zugestimmt . Schließlich sammle ich gerne so oft wie ich kann Bühnenerfahrung. Kann nie schaden, wenn man professionelle Sängerin werden möchte. Doch wer konnte den ahnen, dass ich dieses Duo zusammen mit Luis, dem beliebten Jungen der ganzen Schule, singen werde...