Marinette

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Ich saß auf einem Dach, beobachtete das brennende Anwesen, welches auch aus weiter Entfernung zu erkennen war. Die Flammen erstreckten sich bis zum Himmel. Heiße, unberechenbare Flammen zerstörten das mächtige Agreste-Anwesen. Ab und zu konnte man eine explodierende Bombe hören, die noch mehr Menschen aus dem Leben riss. Ich wusste nicht, wie lange ich da saß, auf dem Dach meiner alten Schule. Nach einer gewissen Zeit wandte ich mich ab, kletterte über ein Fenster in ein altes Klassenzimmer und verwandelte mich zurück. Erschöpft fiel Tikki, mein kleiner roter Kwami, in meine Handfläche. Traurig sah sie mich an. Ich sagte nichts, vermied den direkten Blickkontakt, gab ihr einen Cracker, den Caline mir gegeben hatte, in ihre kleinen Hände und ließ sie essen. Caline war tot. Luka war tot. Jeder, den ich kannte, war tot. Caline hatte gestern noch gesagt, dass kaum Menschen sterben würden, wenn ich sie anführte. Schließlich bin ich doch Ladybug! Doch statt die Leben zu retten, habe ich sie alle in den Tod gerissen, begraben unter Trümmerteile. 

Plötzlich war es, als würde der Boden unter meinen Füßen erzittern. Ich rannte an das nächst gelegene Fenster, wo man genau auf das Agreste-Anwesen gucken konnte. Erschrocken hielt ich meinen Atem an, stützte mich ab, um nicht umzukippen. Ich sah, wie das Gebäude vor meinen Augen in sich zusammenbrach. Stockwerk für Stockwerk. Was übrig blieb war ein riesiger Trümmerhaufen und eine gewaltige Staubwolke, die sich langsam durch den Wind verzog. In mir zog sich alles zusammen. Ich spürte, wie all das Leben in diesem Haus erlosch. Es war, als wäre ich selbst unter ihnen. Mein Atem ging stoßweise. Tikki war auch inzwischen neben mir, genauso schockiert wie ich sah sie auf den enormen Trümmerhaufen. 

Wir schwiegen eine ganze Weile, als ich mich langsam auf den Boden gleiten ließ, meine Knie an meinen Bauch zog und meinen Kopf darin vergrub. Ich fühlte mich so leer, schwach und einsam. Leisen fing ich an zu schluchzen, schließlich schrie ich laut auf. All mein Schmerz, meine Wut, befreite sich und wurde sichtbar. Ich schlug auf den Boden mit meinen Fäusten, Tränen rannen über mein verrußtes Gesicht. 
Tikki kam zu mir geflogen, beobachtete mich traurig, schwieg jedoch. Ich konnte es ihr nicht verübeln, dass sie mich nur beobachtete. Ich an ihrer Stelle hätte auch nicht gewusst, was ich hätte machen sollen. 
,,Marinette", fing sie leise an, flog näher zu mir. Ich stoppte in meinem Wutanfall und blickte in ihre blauen Augen. Ich musste schrecklich aussehen. Meine Kleidung war dreckig. Besonders mein T-Shirt war zerrissen und meine einst rosa Hose war grau und mit Blut übersät. Meine Haare waren ein einziges Chaos. Verfilzt und voller Dreck. 
,,Es ist nicht deine Schuld, dass weißt du, oder?"

Langsam nickte ich, legte den Kopf nach hinten. Tikki setzte sich auf mein Knie und durchbohrte mich mit ihrem Blick.
,,Du kannst Paris noch retten, dass weißt du."
,,Aber wie? Alle, die mir helfen könnten, sind tot! Ich weiß nicht mehr weiter! In den Befreiten habe ich meine letzte Hoffnung gesehen, aber jetzt ...", ich stockte, schluckte, beendete aber den Satz nicht. Je öfter ich die Wahrheit aussprechen würde, umso mehr würde es wehtun. 
,,Du weißt, was Gabriel gesagt hat. Hier in der Bibliothek ist was, um Adrien zu verstehen, Marinette. Es gibt noch Hoffnung." 
Sarkastisch lachte ich auf, meine Augen inzwischen voll und ganz auf Tikki gerichtet. 
,,Glaubst du ihm etwa? Er hat tausende von Menschen getötet, meine Familie ist wegen seinem Verlangen, seine Frau zu retten, tot!"
,,Aber doch sind wir hier. Du hättest dich überall verstecken können", meinte sie. Ich machte den Mund auf, schloss ihn aber sofort wieder. Sie hatte recht. Ich war hierher geflohen, hatte nicht eine Minute gezögert. Ich musste mir Wohl oder Übel eingestehen, dass ich ihm wohl glaubte. Irgendwie. 

Ich erhob mich, klopfte mir die Kleidung sauber, auch wenn es nicht viel brachte. Hörbar atmete ich aus und machte mich auf den Weg in die Bibliothek. Es fühlte sich fast wie damals an, als ich noch zur Schule ging. Die Flure waren nur nicht mehr so sauber wie damals. Überall war Dreck, teils hatte sich an den Wänden Schimmel gebildet. Plötzlich blieb ich abrupt stehen und blickte in einen Raum. Er sah noch genauso aus wie damals. Erinnerungen schossen mir in den Kopf. Schöne, wie auch Schlechte, kehrten zurück. Ich lächelte leicht, ging aber weiter den Weg. Mir blieb keine Zeit, in alten Erinnerungen zu schwelgen. Nach zwei Minuten kam ich an der Bibliothek an. Ich zog an der Tür, doch sie regte sich nicht. Überrascht zog ich eine Augenbraue hoch. 

,,Verschlossen", murmelte ich. Ich drehte mich zu Tikki um. Sie nickte eifrig, flog durch die Tür. Es ertönte ein kurzes Klicken, dann öffnete sich die Tür langsam. Ich lächelte, bedankte mich und trat in den alten Raum. Es roch vertraut, doch eine muffige Note folgte leicht. 
Überall lagen Kartons, Stapel von Ordnern und ein Laptop. Langsam schloss ich die Tür hinter mir, ging auf die erste Kiste zu und las die Aufschrift. 
,,EAS", las ich laut vor. Ich glaubte, diesen Namen schon einmal gehört zu haben, war mir aber nicht sicher. Er kam auf jeden Fall sehr vertraut vor. Ich nahm mir die Kiste, setzte mich auf den nebenstehenden Stuhl und hob den Deckel. Mein Kwami setzte sich auf die Tischkante und beobachtete mich, wie ich die erste Akte herausnahm. Auf ihr war eine fette fünf, weshalb ich glaubte, dass es noch mehr geben musste. Und eine eins.
Ich schlug sie auf, blätterte durch und legte sie auf den Tisch. So machte ich es eine ganze Weile, bis mir plötzlich eine knallrote Überschrift ins Auge stach, darunter eine fett gedruckte eins.

,,Streng geheim!", wisperte ich, blätterte auf die nächste Seite und überflog das Inhaltsverzeichnis. Die Akte handelte rund um das Thema EAS, der Ultimative Wunsch, über mich und ... 
,,Adrien?" 
War das, was Gabriel meinte? Würde hier stehen, was Adrien jetzt war? Laut dem Inhaltsverzeichnis war Adrien eine eigene Akte,  Akte Nummer drei. Zwar war auch der Teil über EAS interessant, doch ich vermutete, dass mich seine Akte ebenso über EAS aufklären würde. 

Die Geschichte von Marinette Dupain-Cheng und Adrien Agreste IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt