Kapitel 1

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Ein Schloss ragte aus dem Dächermeer hervor, ein Schloss als hätte es schöner nicht sein können. Es hatte vier Seiten und an jeder Ecke befand sich ein Turm mit kupfernem Zwiebeldach und einer Fahne oben drauf. Die Flagge des Staates Hochwald, welche oben einen blauen Balken aufwies und unten einen Weißen. Auf dem weißen Balken befand sich ein weißer Adler, der sich aber tarnte und deswegen war der Balken nur weiß und langweilig, so stellte es sich zumindest Lissie immer vor als sie noch jünger war. Auf dem blauen Balken war eine Feder aufgestickt. "Die hab ich für deine Mutter anbringen lassen", erklärte ihr eints ihr Vater, König Damian vom Hochwald, als er einen seiner nüchteren Tage hatte. Doch diese Tage wurden zur Seltenheit und so lief Lissie wieder einmal durch das große barocke Tor am Eingang, so schnell, dass ihr nicht einmal die Wasserspeier am Eingang mit den Köpfen folgen konnten, weshalb sie lieber gleich ihre gewohnte Position beibehielten.
Wohin Lissie lief wusste sie wie jeden Morgen, sie lief in die Küche im gotischen Stil, welche sich im Keller befand, gleich neben den Kerkern. Ihr Urgroßvater König Gerand Gustav II vom Hochwald befand es als eine angemessene Bestrafung für die Gefangenen, wenn diese zwar leckeren Braten und allerlei weitere Köstlichkeiten riechen mussten, selbst aber nur altes Brot und Wasser, seltener auch mal Haferbrei zu speisen bekamen.

"War er schon da", fragte Lissie die Chefköchin und Oberoffizierin des Militärs, denn wer gut Kochen kann, kann auch gut Kämpfen, so die Meinung ihres Großvaters König Kal von Hochwald. König Kal war natürlich auch ein Meister im Sparen und wenn er eines noch mehr mochte als sparen, dann war es eindeutig der Honigwein. Die Chefköchin machte einige Kniebeugen vor Lissie, sie nahm ihre Aufgabe als Offizierin sehr ernst. "Heute. noch. nicht, " antwortete diese wobei sie bei "heute" in die Hocke ging, bei "noch" wieder ihre volle Größe von 167 Zentimeter erreichte und bei "nicht" wieder in die hockende Position wechselte. Die Chefköchin Macima pausierte nicht, nicht einmal wenn die Prinzessin mit ihr sprach.
Prinzessin Lissie vom Hochwald. Lissie hasste ihren Namen, nicht ihren Vornamen, den liebte sie abgöttisch, aber ihren Nachnamen 'vom Hochwald' dafür umso mehr, deswegen schrieb sie sich an der Schule auch unter dem Mädchennamen ihrer Mutter ein. 'Mayer', simpel, einfach zu merken und sie konnte unter diesem Namen die Schule incognito besuchen. Bis eines Tages der Junge neben ihr einen Blick in ihre Schultasche warf und ihren echten Namen auf einem Buch der Schlossbibliothek sah. Dann war es aus mit dem Finden von wahren Freunden, denn Speichellecker umzingelten sie und stimmten ihr bei allem was sie sagte zu, würde Lissie sagen sie sollten von der Klippe springen, würden die braven Lemminge dies auch tun.

"Gut" , sagte Lissie immer noch völlig ausser Atem "Pass bitte auf, dass er nicht hereinkommt". Macima nickte während sich ihre Knie wieder beugten. Mit er war der König höchstpersönlich gemeint, der sich immer an so sonnigen Samstagmorgen seinen ersten Schuss Rum holen kam. "Rum am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen," erklärte der Vater zweier Kinder und König einst einen Diener, der es wagte den König für sein Verhalten zu kritisieren. Eine Woche später entdeckte Lissie diesen Diener einen Kopf kürzer vor den Toren der Stadt, als Warnsignal: Wer sich gegen den König stellt, stirbt.

Die junge Prinzessin war es leid hinter den grausamen Brutalitäten ihres Vaters zu stehen, deswegen ging sie ihm gekonnt aus dem Weg.

Lissie ging zum Speiseaufzug öffnete die Luke und kletterte geschickt wie ein Wiesel den engen Schacht hinauf. Arme und Beine drücken mit ihrer gesamten Kraft gegen die Seiten und manchmal bröselte ein wenig Putz von den Wänden. Drei Stockwerke hat sie zu überbrücken bevor sie wieder aus dem Schacht hinausklettern konnte. Aber nachdem sie dies schon sehr oft machte, fiel es ihr auch nicht allzu schwer. Mit dem Fuß drückte sie die Öffnung auf und vor ihr erstrahlte sich ein heller Raum. Der Raum ihrer Mutter. Genauer, ihr Atelier. Flink kletterte sie aus dem dunklen, engen Schacht in den hellen, großzügigen Raum. Er sah immer noch aus als hätte ihn Königin Klara vom Hochwald gerade erst verlassen. Schwarze Punkte flogen im Raum herum, wilde Tintenklekse, seltene Wesen. Lissies Mutter war nicht nur irgendeine dahergelaufene Frau, nein, sie besaß die Magie oder Kraft mit diesen wilden magischen Wesen zu kommunizieren. Die Kraft der Tinte. Eine mächtige Fähigkeit, wenn man bedenkt was ein Stück Papier mit ein paar wörtern drauf alles anrichten kann. Staatsvertäge, Besitzurkunden, Kunstwerke oder sogar Schulzeugnisse, all diese mächtigen Papiere gehorchten nur Lissies Mutter. Die liebevollste Person der Welt, nicht nur der Magischen, sondern auch der, in der die Menschen lebten. Schwache, emotionale Wesen, welche keinen klaren Gedanken fassen konnten, alles strotzte entweder vor Liebe oder Wut. Lissie musste lächeln und dann wurde ihr Blick schnell wieder ernst, denn ihr fiel der Grund wieder ein, warum sie das Arbeitszimmer ihrer Mutter aufsuchte.

Wissen.

Ihre Mutter hatte eine beträchtliche Sammlung davon, in allen Formen und Arten. Bücher, Schriftrollen, VHS- Kassetten, Floppy- Disks, Schallplatten und Steintafeln, aus allen Zeiten und Winkeln der Welt. Lissie war ein sehr neugieriges Mädchen und so hatte sie sich bereits 10% der Sammlung ihrer Mutter angesehen. Sie wusste immer noch nicht warum ihre Mutter verschwand doch die Lösung war direkt vor ihr. So gern würde sie die Tintenklekse fragen, vor allem die, die damals schon existierten, doch Lissies Kraft war nicht diese. Nein, sie entdeckte ihre bereits im Alter von Zwölf.

Partikelmanipulation.

Lissie entdeckte die Kraft als sie einmal nur Wasser zu Mittag bekam, damals ließ sich Macima noch zu sehr von ihrer Zweittätigkeit beeinflussen. Auch heute war sie eingenommen von ihrem Traumberuf, der für sie mehr als nur Emanzipation bedeutete. Schon, als Macima noch kleiner als Lissie heute war, träumte sie davon das Königreich Hochwald zu beschützen. Nun, als Oberoffizierin des Militärs, war es ein Traum, der für die in Erfüllung ging, dabei vergaß sie sogar den Fakt, dass der König sie nur aus einem Grund auf diese hohe Position erhob: Sparmaßnahmen. Viele der Angestellten am Hof hatten mehrere Aufgaben. Macima war nicht nur Köchin und Oberoffizierin sondern auch Chefin der Deko- und Inneneinrichtungsabteilung des Schlosses. König Damian vom Hochwald war nicht nur König, sondern auch Vorkoster für Wein und andere alkoholische Getränke. Die Logik dahinter verstand Lissie nie. Der König sollte sein eigener Vorkoster sein? Wo ist die Sicherheit geblieben? Es dauerte seine Zeit, bis sie Verstand, dass ihr Vater nur ein Maximum aus seinem Alkoholkonsum herausschlagen wollte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 21, 2020 ⏰

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Die phantastischen Welten der Lissie MayerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt