Einweisung

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Du entscheidest dich, einzutreten und siehst einen großen Raum vor dir, in dem die unterschiedlichsten Leute sitzen. Eine bunte Gesellschaft scheint dort zu sein, und du fühlst dich sofort zu ihnen hingezogen. Bei ihnen scheint jeder willkommen zu sein, Ausgrenzung wird es hier wohl kaum geben, genauso wenig wie Beleidigungen.

Neben der Tür steht ein kleiner Tisch, auf dem eine Liste liegt. Auf ihr steht eine Rundennummer und ein Stichwort, darunter erblickst du einige Namen, dahinter jeweils ein geschriebenes Gedicht. Über den Namen steht mit dünner, fast verblasste Schrift die Aufforderung, einen Kommentar mit dem geschriebenen Gedicht dazulassen.

Du merkst dir das Stichwort und beschließt, dich erst einmal weiter umzusehen. Niemand stört sich daran, wenn du ihnen beim Schreiben über die Schulter schaust, und mit manchen beginnst du sogar ein nettes Gespräch. Aber über das Lob, das du verteilt hast, haben sich alle wohl am meisten gefreut.

Mit dem Stichwort im Hinterkopf setzt du dich auf einen freien Platz und greifst zu der bereitliegenden Feder. Mit flinken Strichen beginnst auch du, Worte zu Papier zu bringen und ein einzigartiges Kunstwerk zu schaffen. Als du fertig bist, trägst du es in die Liste ein und schaust den anderen noch ein wenig zu.

Du liest dir die Gedichte durch und stellst fest, dass sie alle deutschsprachig verfasst sind. Zwar tauchen manchmal einzelne Sätze in anderen Sprachen auf, aber das ist doch eher selten. Du wunderst dich und erkundigst dich, dabei erhältst du als Antwort, dass dies eine Bedingung sei, um teilzunehmen.

Du hast gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist, da sammelt plötzlich jemand die Liste auf, hängt sie an die Wand und fordert euch auf, abzustimmen, welche ihr am besten findet. Gespannt liest du dir nochmal alles durch und setzt dann deine Stimme hinter einige der anderen. Wenn du dadurch verlieren solltest, ist dir das zum Glück egal, weil dir immer noch die Freude der Kunst bleibt.

Als die Zeit verstrichen ist, nimmt jemand den Bogen von der Wand und schaut darüber. Die Wahl ist auf eine verschüchtert wirkende Person gefallen, der du ansiehst, dass sie niemals damit gerechnet hätte. Zwar ist bei einigen anderen die Enttäuschung groß, aber sie alle sind fair genug, zu gratulieren.

Der Sieger überlegt kurz, ob ihm ein neues Wort einfällt, dann zeigt er auf jemand anderen. Dieser flüstert kurz mit dem Veranstalter, dann wird ein neues Stichwort verkündet. Der Sieger wird geehrt, dann geht eine neue Runde los, mit neuen Chancen für alle. Du setzt dich erneut an deinen Tisch, tauchst die Feder in die Tinte und setzt sie auf das Blatt.

Wenn du gerade keine Lust hast zu schreiben oder bereits fertig bist, dann kannst du dir im Nachbarraum eine Pinnwand anschauen, auf der alle bisherigen Siegergedichte ausgehängt sind.

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