Ein lange vermisster Freund

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Mondscheins POV

Drei Tage waren vergangen, seit ich in diesem Käfig gefangen war. Zum ersten Mal in meinem Leben traf ich Menschen. Sie sahen bedrohlich aus und ich hatte Angst vor ihnen. Nun wurde mir klar, warum sie so gefährlich waren. Sie nahmen die Freiheit der Drachen, um uns gefangen zu halten. Außerdem trug ich die ganze Zeit ein schweres Metallteil um meinen Kopf, das mich daran hinderte, Plasmastrahlen zu schießen oder zu beißen.

Eines Abends war etwas passiert. Jemand war gekommen und hatte alle Drachen befreit. Alle außer mich, weil ich mich getarnt hatte und daher für niemanden sichtbar war. Ich erinnerte mich nur vage an diesen Abend, aber ich konnte diesen einen Geruch nicht aus meinem Kopf bekommen. Ich kannte diesen Geruch. Kein Zweifel: Ein Nachtschatten war hier gewesen. Aber wie konnte das sein? Die einzigen Nachtschatten, die ich kannte, waren die Alphas zuhause in der geheimen Welt. Sie waren die einzigen ihrer Art im gesamten Königreich.

Aber dann kam mir der Gedanke, dass irgendwo in der Nähe ein Nachtschatten lebte, der Alpha aller Drachen, nach dem ich suchen sollte. War er hier gewesen, um seine Untertanen zu befreien?

Ich konnte nicht länger darüber nachdenken, weil Menschen vor meinem Käfig auftauchten. Ich wich knurrend zurück, aber sie waren nicht beeindruckt. In ihrer Mitte stand ein grauhaariger Mann, der mich genau beobachtete. Ich starrte zurück. "... für die Gefangennahme des Nachtschattens und geben dir das Weibchen als Köder, Grimmel." Nachtschatten? Köder? Was meinte er damit? Der Mann, der anscheinend Grimmel hieß, nickte, holte dann eine Armbrust heraus und schoss in meine Richtung. Schmerz zuckte durch meinen Körper, als der Pfeil meine Schulter traf. Meine Sicht wurde verschwommen und ich wurde ohnmächtig.

Als ich wieder aufwachte, sah ich als erstes den Boden, der schnell näher kam. Mir wurde klar, dass ich in wenigen Sekunden auf dem Boden aufschlagen würde. Ich stieß ein panisches Brüllen aus und versuchte meine Flügel zu öffnen, aber ich konnte nicht mehr rechtzeitig reagieren. Ich stürzte durch die Bäume und landete im Gras. Mein ganzer Körper schmerzte und ich sah mich benommen um. Wo war ich? Und wie bin ich hierher gekommen?

Ich lag inmitten einer Waldlichtung. Der Mond schien hell durch die Baumwipfel und die Sterne waren bereits zu sehen. Es gab nirgendwo eine Spur von Menschen.

In der Ferne hörte ich plötzlich ein lautes Brüllen. Es klang wie ein Nachtschatten. Oh nein! Wenn das der Alpha-Drache war, den ich suchte, würde er mich sicherlich für einen Eindringling halten, der nachts in sein Territorium eindrang! Er könnte mich töten! Ängstlich wickelte ich mich in meine Flügel, schloss die Augen und betete, dass er mir nichts tun würde.

Ohnezahns POV

Ich rannte durch den Wald und folgte den Geräuschen des Drachens. In Momenten wie diesen wünschte ich mir, ich könnte wieder alleine fliegen. Wenn es wirklich ein Eindringling war, der sich mit mir anlegen wollte, war ich ihm unterlegen. Also stieß ich ein warnendes Brüllen aus, damit der Drache wusste, dass ich der Alpha war. Plötzlich stoppte ich, weil ich etwas gewittert hatte. Es war derselbe Geruch wie auf dem Schiff. Wie konnte das sein? Ich folgte langsam dem Geruch durchs Unterholz.

Nach ein paar Minuten kam ich zu einer Waldlichtung. Ich blieb stehen und kniff die Augen zusammen. Ein weißer Drache kauerte mitten auf der Lichtung. Langsam kam ich näher und fragte "Wer bist du?" Der Drache schob langsam seine Flügel weg und zwei wunderschöne blaue Augen erschienen. Es war ein Weibchen. "Bitte tu mir nichts", sagte sie. Ich stutzte. Ich kannte diese Stimme. Ich ging langsam in einem Bogen auf sie zu. Sie drehte sich nun um, sodass ich sie jetzt vollständig sehen konnte. Ich starrte sie ungläubig an. Sie war ein Tagschatten! Wie war das möglich? Diese Drachen lebten nur in der geheimen Welt!

Schließlich standen wir voreinander. Ich wurde das Gefühl nicht los, sie schon einmal gesehen zu haben. Diese himmelblauen Augen, diese vertraute Stimme ... Und dann klickte es irgendwo in meinem Kopf. "Mondschein?" fragte ich ungläubig. Sie sah mich erstaunt an, ein Zeichen, dass ich mich nicht irrte. Es war wirklich Mondschein, meine beste Freundin!

Mondscheins POV

"Mondschein?" Ich sah den Nachtschatten erstaunt an. Er kannte mich? Wie konnte das sein? Ich sah ihn genauer an. "W...Wer bist du?" stotterte ich. Waren wir uns schon einmal begegnet? Er kam aufgeregt näher. "Ich bins. Nachthimmel." Ich riss die Augen auf und schnappte nach Luft. Nein! Es war unmöglich, dass er es war. Mein bester Freund ist vor vielen Jahren gestorben. Aber je länger ich ihn betrachtete, desto mehr erkannte ich ihn wieder. Diese smaragdgrünen Augen, diese bekannte Stimme... Er war es wirklich! "N-Nachthimmel?" stotterte ich völlig überrumpelt und er nickte mit einem breiten Lächeln. "Aber wie? Ich dachte du wärst tot?" stammelte ich überwältigt. "Nein, ich habe nur die Welt draußen erkundet und nicht mehr zurückgefunden." antwortete er. Jetzt breitete sich das ungläubige Grinsen auch auf meinem Gesicht aus. Ich konnte es nicht glauben! Mein bester Freund Nachthimmel, der Prinz der geheimen Welt, lebte!

Bevor ich mich freuen konnte, hörte ich ein Knacken hinter uns und ich sah einen menschlichen Kopf hinter einem Baumstamm. Meine Pupillen verengten sich sofort, ich richtete mich auf und schoss einen Plasmastrahl auf die Menschen. Es gab einen lauten Knall, aber sie überlebten. Ich wollte gerade erneut schießen, als Nachthimmel mich aufhielt. "Mondschein, nicht!" Ich stoppte verwirrt. "Ja, schau, wir sind Freunde. Du musst uns nicht töten", sagte der Menschenjunge beruhigend. Plötzlich wurde mir alles zu viel. Ich war völlig überfordert von der Situation. Also floh ich. Ich flog zwischen den Bäumen hoch, schoss einen Plasmastrahl und verschwand.

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