Nach einiger Zeit servierten die Stewardess eine Mahlzeit. - Wer noch nie in den 'Genuss' der 'äußerst Delikaten' über-den-Wolken-Küche gekommen ist: Es ist nicht gerade erstrebenswert diesen Fraß probiert zu haben. Trotzdem aß ich die Pampe, die mit viel Fantasie vielleicht nach Hühnerbrust mit Butterreis aussah... - Ich war Kummer gewöhnt. Und nun verfalle ich in Ironie und Selbstmitleid... Man darf es mir nicht verübeln.
Nach dem Essen dachte ich nach... Mir wurde bewusst, dass ich völlig aus der Übung war, was den Umgang mit Menschen betrifft... Ich kam mir vor wie eine alte, verschrullte Witwe... - Wie meine Mutter. - Das musste ich mir definitiv abgewöhnen. Ich musste mich wieder wie eine 18jährige benehmen, wie eine 18jährige denken und handeln und ich musste wieder Menschen in mein Leben lassen, Bekanntschaften machen und vertrauen... Das Leben genießen und endlich damit klarkommen, dass Dad tot war. Tot. Herzstillstand. Unter der Erde...
Ich wollte gerade das Tagebuch aufklappen, als eine Durchsage gemacht wurde.
"In Kürze werden wir in Kuala Lumpur landen. Jene Gäste, die einen Anschlussflug nach Sydney gebucht haben, begeben sich bitte nach dem Landen umgehend in den Shuttlebus AE453, der sie direkt zum Flugzeug bringen wird. Um ihr Gepäck kümmert sich das Flufhafenpersonal. Wir hoffen, sie hatten einen angenehmen Flug und wir dürfen sie bald wieder an Board begrüßen. Auf Wiedersehen."
Ich sah auf mein Handy. Es war bereits 17 Uhr. Der Anschlussflug würde wieder etwa zehn Stunden dauern. - Natürlich mit Zwischenstops. - Dann, um 3 Uhr morgens Mitteleuropäischer Zeit, also 15 Uhr in Australien würde ich endlich landen.
Nachdem ich umgestiegen war, las ich einige Zeit im Tagebuch meines Vaters. Eine lange Zeit eigentlich. Eine so lange Zeit, dass ich das 100-seitige Buch fast durch hatte. Mein Dad erzählte nichts besonderes, bisher hatte ich keinen Grund gefunden, warum er wollte, dass ich es lese... Er hatte von langen Nächten in Bars, Affären mit Frauen, für die er allerdings nichts empfunden hatte, und mehr oder weniger spannenden Abenteuern berichtet. Ich hatte alles, bis auf die letzte Seite gelesen. Ich blätterte um und mir fiel ein Bild von einem Boot entgegen. Auf dem Boot standen zwei Männer. - Einer davon war Dad, der andere wahrscheinlich dieser Greg...
14. August 1992, Freitag
Ich hielt den Atem an. - Von diesem Datum wusste ich, dass meine Eltern sich an jenem Tag kennengelernt hatten.
Das Geheimnis Australiens. Gulietta367AE.
Ich runzelte die Stirn. - Sollte das so etwas wie ein Rätsel sein? War das alles, was er über den Tag, an dem er meine Mutter kennengelernt hatte, zu sagen hatte? Ich sah nochmal auf das Bild von dem Boot... Gulietta367AE - Das war der Name des Bootes! Ich lächelte und nahm mir vor, dieses Boot zu finden, dann schlief ich ein...
Ich wurde geweckt von irgendjemandem, der mich kräftig rüttelte. Es dauerte keine zwei Sekunden bis ich aus dem Land der Träume entschwand, den Traum, den ich bis dahin geträumt hatte, vergessen hatte und die Augen öffnete. Es rüttelte noch immer und ich stellte fest, dass es einfach nur das Flugzeug war, welches landete. Ich benötigte einen Moment, um alles zu ordnen, wie immer. 'Dad ist tot', schoss es mir durch den Kopf und wie immer kamen mir die Tränen, doch ich zwang mich, weiterzudenken. 'Flugzeug... Warum bin ich in einem Flugzeug..? AH! - Sydney!', sagte meine innere Stimme aufgeregt und nun trat der Moment des wirklichen Erwachens ein. - Ich wusste wer und wo ich war und hatte meine Gedanken sortiert.
Ich nutzte die Gunst eines Fensterplatzes und sah nach draußen, während das Flugzeug einparkte. Auch wenn ich nicht viel geschlafen hatte, war ich hellwach und spürte kein Stück Müdigkeit. - Wäre ich bloß nicht eingeschlafen, dann hätte ich Australien von oben gesehen...
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Australia's Secret
Romance"Loslassen heißt vergessen!", erklärte ich meine Theorie, "Die Zeit heilt keine Wunden, sie lässt uns nur Dinge vergessen und macht so Schmerzen erträglicher. Aber ich will nicht vergessen!" Er schüttelte den Kopf. "Die Zeit gibt es nicht, Lina. Es...