Zu Weit. Zu spät. Die Worte des Direktors hallen im Klassenzimmer nach.
Es ist still.
Alea hatte Tagebuch geschrieben, hatte alles niedergeschrieben.
Ihre Eltern hatten es erst jetzt gefunden. Es erst jetzt gelesen. Jetzt, wo es zu spät geworden war. Wo es zu weit gegangen war.
Alea war weg.
Alea war verschwunden.
Narben heilen nicht, sie bleiben. Auch die unsichtbaren.
Leben ist fragil, Menschen sind fragil.
Sie brechen. Innerlich und Äußerlich.
Worte sind Waffen, Worte schmerzen. Sie graben sich unter die Haut wir giftige Stacheln, sie verletzten, sie vernarben.
Narben müssen nicht immer sichtbar sein. Wunden auch nicht. Und manchmal, sind Wunden zu viel, sind Narben zu schmerzhaft.
Alea hatte ihren Weg gewählt. Alea hatte einen Weg gewählt, zu gehen.
5 Jahre lang und alles startete mit einem Witz. 5 Jahre lang war sie gebrochen, hatte gehalten, war verwundet worden und hatte doch jedes Mal wieder gelächelt.
Okay.
Okay, hatte sie gesagt. Sie wäre okay. Aber sie war es nicht.
Keiner konnte okay sein, okay mit diesen Wunden.
Und nach fünf Jahren hatte Alea ihren Weg genommen.
Als Alea am Morgen nicht zum Frühstück nach unten gekommen war, hatte ihre Mutter sich keine Sorgen gemacht.
Alea würde einfach verschlafen haben.
Als sie nach oben ging, um sie zu wecken, reagierte Alea nicht.
Sie konnte nicht.
Alea war bleich wie das weiße Laken in dem sie lag und kalt wie der Winterfrost an der Scheibe des Fensters.
Ein zerschmettertes Glas auf dem Boden, die Packung Tabletten daneben.
Alea war tot. Fünf Jahre. Zu weit. Zu spät. Alea hatte beschlossen, zu gehen.
Auf dem Nachtkästchen ein Brief und ein Buch. Es schien so unbedeutend, doch es war so gewichtig. Erzählte es doch all die Geschichten.
Fünf Jahre lang und alles startete mit einem Witz. Fünf Jahre lang Hölle.
Wie sie zum ersten Mal sich selbst verletzt hatte, weil sie ihr Abbild im Spiegel so sehr hasste. Ihre Kämpfe, ihre Dämonen.
Dämonen, die Kinder waren wie sie. Dämonen, die waren wie sie.
Kinder, Teenager, die einen Witz machten, der niemals endedete und dann? Zu weit.
Zu weit, als das es ertragbar wäre. Zu weit, als das man hätte drehen können. Zu weit.
Zu spät für Entschuldigungen, zu spät, um zu drehen. Zu spät.
Zu weit und zu spät.