Kapitel 5

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Luke kommt ein Schritt auf mich zu. "Lia..", will er anfangen.
Aber ich drehe mich um und renne. Keine Ahnung, wie ich es schaffe ohne runterzufallen.

Ich muss hier raus.

Tränen strömen mir übers Gesicht. Mein Hals brennt. Aber am meisten tut mein Herz weh.
Ich renne aus dem Haus und lasse alles hinter mir. Plötzlich merke ich wieder ein komisches Gefühl in meinem Bauch. Ich stoppe und muss mich sofort in einen Busch übergeben. Ich merke, wie mir jemand die Haare zurück hält. Es ist schrecklich.

Ich übergebe mich und weine gleichzeitig. Wie konnte das passieren? Wie konnte Luke mir SO wichtig werden? Wie kann es so weh tun? "Pschh...es wird alles gut..alles wird gut.", sagt Alex sanft. Es ist mir egal, wie schrecklich ich aussehe. Ich drehe mich um, werfe mich in seine Arme und fange an lautstark loszuheulen. Das war alles zu viel. Der ganze Abend, es war einfach zu viel.

Alex umarmt mich fest, was mir unglaublich gut tut, denn es fühlt sich so an, als möchte er mir seine Kraft geben. Die ich dringend benötige. Nach einer Weile sind alle Tränen vergossen. Es kommen einfach keine nach. Aber Alex hält mich trotzdem fest. "Danke..", flüstere ich und mache mich langsam von ihm los. Er lächelt mich an. "Man bringt keine Mädchen zum Weinen. Und wenn man ein Mädchen weinen sieht, dann tut man alles dafür, um sie wieder zum Lächeln zu bringen. Das hat mir mein Vater beigebracht!" Ein schwaches Lächeln bildet sich auf meinem Gesicht.

"Ich will nach Hause. Danke, Alex für alles, abe...", ich möchte mich verabschieden doch er fängt einfach an zulachen. Verwirrt schaue ich ihn an. "Denkst du wirklich ich lasse dich jetzt alleine nach Hause gehen? Auf gehts, wir gehen zusammen!", er läuft ein paar Schritte vor, dreht sich dann um und fragt: "Kommst du?"

Ich muss grinsen."Falsche Richtung." Er läuft wieder in meine Richtung, nimmt meine Hand und zieht mich mit. Eine Zeit lang schweigen wir, bis er sich räuspert. Ich schaue ihn an. "Also, ehm...ich weiß nicht ob die Frage jetzt zu persönlich ist, aber...also Luke und du..läuft da was?", stottert er. Meine Augen füllen sich schlagartig wieder mit Tränen. "Nein..nicht mehr.", flüstere ich.

Es ist vorbei, bevor es überhaupt angefangen hat. Mit den Händen wische ich mir über die Augen und setze dann ein falsches Lächeln auf: "Ist aber auch besser so. Egal. Woher kennst du ihn eigentlich?", frage ich. Er kratzt sich nervös am Nacken. "Er ist mein Cousin.", presst er hervor. Ich starre ihn geschockt an. "Cousin?", frage ich noch einmal nach.

Er nickt: "Und weil er mein Cousin ist, kenne ich ihn auch ziemlich gut. Lia, er ist nicht der, für den du ihn hältst. Er war schon immer so. Spielt gerne mit den Gefühlen von Mädchen und verarscht sie auch. Manchmal hatte er auch mehrere gleichzeitig. Dann prahlt er damit, dass er schon wieder Mädchen flachgelegt hat.", ich zucke zusammen. Das hätte ich wirklich niemals von Luke gedacht. Natürlich war es mir klar, dass er selbstbewusst ist und bestimmt auch merkt, dass viele Mädchen was von ihm wollen, aber das er das so schamlos ausnutzt..

"Widerlich.", denke ich laut. Plötzlich nimmt Alex meine Hände. "Ich weiß, ich kenne dich kaum und es geht mich nichts an aber, er ist kein guter Junge, Lia. Halte dich lieber von ihm fern. Schau doch, wie schlecht es dir jetzt wegen ihm geht. Das verdienst du nicht. Du verdienst was besseres! Ich kenne dich erst seit heute, aber ich wusste von Anfang an, dass du ein wunderschönes, reines Herz hast! So jemand wie er, darf dich nicht kaputt machen!" Ich werde rot und schaue schüchtern weg. So etwas süßes hat noch nie jemand zu mir gesagt.

Aber...ist Luke wirklich so schlimm? Das was mir Alex erzählt hat, ist so schrecklich! Oh man, ich will einfach nur noch in mein Bett. Wir laufen Hand in Hand weiter, bis ich stoppe. "Wir sind da.", lächele ich ihn dankbar an. "Danke Alex! Für alles! Wirklich, das ist so lieb von dir!", wieso kann Luke nicht so nett sein? Alex tut seine Hände in seine Taschen. "Habe ich gerne gemacht, wirklich, brauchst dich nicht zu bedanken. Kann ich vielleicht deine Nummer haben?", er grinst mich schief an?

Wie kann man bei diesen blauen Hundeaugen auch nein sagen? Er speichert meine Nummer ein und verspricht mir sich zu melden. "Tja dann..", ich weiß nicht wie ich ihn verabschieden soll. Ihm die Hand geben, ihn umarmen oder einfach gehen? Er merkt wohl wie unsicher ich bin, denn er lacht leise und zieht mich einfach in eine Umarmung, die ich auch sehr genieße. Als wir uns voneinander lösen, schaut er mir tief in die Augen. "Schlaf gut und träum was schönes.", haucht er in mein Ohr, dreht sich um und geht dann.

Nach einer Zeit merke ich, wie ich immer noch auf meinem Platz stehe und ihm hinterherschaue. Ich schüttele kurz meinen Kopf und gehe dann leise auf mein Zimmer. Ohne mich zu duschen oder sonst was, falle ich erschöpft auf mein Bett und gleite in einen traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen wache ich mit pochenden Kopfschmerzen auf. Verschlafen suche ich nach meinem Handy und schaue auf die Uhrzeit. Erschrocken reiße ich meine Augen auf. Die Uhr zeigt 12:36 an. So lange habe ich noch nie geschlafen. Ich rappele mich auf und gehe sofort ins Bad. Wilde Bilder vom gestrigen Abend schießen mir in meinen Kopf während das heiße Duschwasser über meinen Körper läuft.

Luke und ich wie wir uns fast küssen.
Alex, der Tequila aus meinem Bauchnabel saugt.
Der Blick von Luke als Alex und ich ihn mit diesem Mädchen erwischt haben.
Alex Worte über Luke...

Ich wasche meinen Körper mehrmals, weil ich mich so..dreckig fühle. Normalerweise lasse ich keine Jungs an meinen Körper und gestern Nacht kam Alex mir so nah wie kein anderer...

"Du bist so billig. Nach allem was passiert ist...", flüstert meine innere Stimme. Ich schrubbe immer heftiger über meinen Körper, bis er ganz rot ist. "Billig, bist du nichts weiter!", die Stimme will nicht aufhören. "Nein, ich bin nicht billig, ich bin nicht billig!", wiederhole ich immer und immer wieder. Wie konnte das gestern passieren, wie konnte ich das zulassen?

Ich ziehe mich schnell an und achte darauf nur lange Sachen anzuziehen, bis man keine Stelle von meiner Haut sieht. So wie es sein sollte. "Wenn du so rumläufst wie eine Hure ist es kein Wunder, wenn dasselbe passiert wie..", ich drücke meine Hände auf meine Ohren und weine stumm.

"Nein, nein, nein, das wird nicht passieren, ich bin keine Hure, ich bin nicht billig!", ich rede immer lauter und lauter. "Du bist schuld an allem...." Ich fange an zu schreien, immer lauter und höre nicht auf. Die Stimme in meinem Kopf wird immer lauter:

"Du bist schuld, Lia, nur du. Du läufst rum wie eine Hure, es ist alles deine Schuld." Wie in Trance erkenne ich, wie meine Mutter in mein Zimmer stürzt und auf mich zukommt. Doch die Stimme ist lauter, ich versuche sie zu übertönen, doch es geht nicht.

"Du bist schuld...", das letzte was ich höre, als mir schwarz vor Augen wird.

Li(n)aWo Geschichten leben. Entdecke jetzt