Sie ließen Konstantins Sarg in die Erde hinab und Noah Gregorovich war der erste, der eine Schaufel Erde auf seinen Sarg aus Lärchenholz schüttete. Er sah seiner Tochter Liza in diesem Moment sehr ähnlich – sie beide hatten einen ausdruckslosen Gesichtsausdruck, denn sie beide hatten in der Nacht vor dem Begräbnis schon alle ihre Tränen verbraucht. Die Spuren davon konnte man nur noch von den dunklen Ringen unter den glasigen Augen sehen und der bleichen Haut, vom Schlafmangel und dem Kummer.
Iwana Gregorovich war anders.
Sie klammerte sich voller Verzweiflung an Liza und ihren Ehemann fest und schrie und weinte, als würde sie damit Konstantin aus dem Reich der Toten zurückholen können, aber das funktionierte nicht.
Konstantin würde nicht wieder auferstehen, obwohl Liza nicht wusste, warum nicht.
Konstantin war einer der stursten und eingebildetsten Menschen gewesen, die Liza je untergekommen waren. Wenn man Liza vor einem Monat gefragt hätte, ob sie daran dachte, war wäre, wenn Konstantin sterben würde, hätte sie geantwortet, dass sie bezweifelt, dass Konstantin überhaupt sterben kann.
Sie war der Meinung gewesen, dass Konstantin den Tod einfach nur spöttisch angesehen hätte, mit seinem dämlichen Lächeln (das einem immer das Gefühl gibt, dass man unterlegen ist (und meistens war man das auch)) und dieser dämlichen, selbstbewussten Haltung, die dazu führte, dass er absolut jeden um den Finger wickeln konnte. In Lizas Vorstellung hätte Konstantin dem Tod nur einen abschätzigen Blick geschenkt und wäre dann einfach zurückgekommen. Der einzige Weg, der Konstantin wirklich dazu hätte bringen können zu sterben, wäre wohl der freiwillige gewesen. Konstantin hätte freiwillig mitgehen müssen... ansonsten hätte er bestimmt einfach zurückkommen können und Liza würde das Leben nicht so verdammt unfair finden.
Agnes hatte zurückgefunden, obwohl sie gestorben war – im Nachhinein hatte niemand wirklich sagen können, ob sie wirklich keinen Puls mehr gehabt hatte oder ob sie wirklich, wirklich tot gewesen war.
Auch Tia war zurückgekommen, obwohl sie von einem Todesfluch getroffen worden war. Sie hatte vielleicht noch einen Schildzauber gewirkt, aber wann hatte denn jemals zuvor ein einfacher Schildzauber etwas gegen den Todesfluch genutzt?
Auch Fred war zurück gekommen, obwohl sie bei ihm nicht einmal nach einem Herzschlag gehorcht hatten, der tatsächlich nach dem Krieg sehr schwach wahrnehmbar gewesen war, sodass es kein Wunder war, dass nur Agnes ihn hatte hören können. Sie hatten nur bemerkt, dass keine Heilzauber an ihm wirkten und waren deswegen einfach davon ausgegangen, dass er tot war, ohne in Betracht zu ziehen, dass er vielleicht einfach nur schon so nahe am Tod war, dass er selbst hatte zurückfinden müssen, bevor Heilzauber etwas bewirken konnten.
Diese Schwelle zum Tod, die man übertreten muss und dann entscheidet sich, ob man weitergeht oder zurückkommt zu Familie, Freunde und Menschen, die einen lieben, aber Konstantin war schon immer so verdammt selbstsüchtig gewesen und war weiter gegangen.
Und Liza fühlte sich so verdammt zurückgelassen.
Sie fühlte sich wieder so, als wäre sie neun Jahre alt und müsste dabei zusehen, wie Konstantin in den Hogwarts-Express steigt und dann bis Weihnachten einfach verschwindet.
Liza hatte ihm damals nicht verziehen und hatte erst im darauffolgenden Sommer wieder mit ihm gesprochen, während sie ihn über Weihnachten vollkommen ignoriert hatte.
Das hatte Konstantin zum Weinen gebracht.
Liza vermutete, dass sie Konstantin jetzt auch ignorieren würde, würde er auf einmal beschließen, von den Toten wieder aufzuerstehen und sich aus seinem Grab zu erheben. Das wäre auch ziemlich verstörend, nachdem er in diesem Sarg lag, den sie gerade in die Erde buddelten, also würde Liza ihn vermutlich als erstes instinktiv ins Gesicht schlagen, bevor sie ihn ignorieren würde.

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România | Liza und Charlie
FanficFortsetzung von "Mizpah" Liza Weasley ist nicht einfach nur deprimiert, wenn sie etwas bedrückt. Liza Weasley zeigt es nicht einmal, wie erschöpft sie innerlich ist und kompensiert Trauer und Wut lieber mit Arbeit, aber das ist in Ordnung. Charlie...