Kapitel 2.

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Verschlafen wachte ich am Samstag um 9:34 auf. Das hieß, dass ich heute wieder arbeiten muss. Die besten Arbeitstage die man kriegen konnte ist der Freitag und Samstag, da es dann Wochenende und gerammelt voll war.

Nach wenigen Minuten hiefte ich mich aus meinem Bett und kriegte es sofort mit der frischen Herbst Kälte zu tun, die sich dieses Jahr früh anbahnte. Sofort schnappte ich mir meinen beigen Cardigan von meinem Schreibtischstuhl und lief gerade wegs hinaus in die Küche.

Im Wohnzimmer sah ich Mom auf der Couch, wie sie eine Tasse in den Händen hielt, die Füße auf den Couchtisch abgestellte hatte und gespannt ihre Telenovela guckte. Ich griff mir meine Lieblingstasse aus einer der oberen Küchenschränke und füllte sie mit dem frisch gekochten Kaffee.

Meine Lieblingstasse war hauptsächlich schwarz, vorne stand in weißer Schrift Have a nice Day drauf und wenn man sie zum trinken anhob, sah man eine Hand, die dir genüsslich den Mittelfinger am Tassenboden zeigte. Einfach der Brüller.

"Man, gehen die Heizungen immer noch nicht an?" Meine Arme verschränkte ich vor Kälte halbwegs vor die Brust. Bei uns war es so, dass der Vermieter im Sommer, wenn es heiß war, die Heizungen überall komplett aus machte. Und im Winter so wie im Herbst sie wieder anschaltete.

"Nein, der knausrige Vermieter hat es immer noch nich auf die Reihe gekriegt" antwortete mir Mom und verzog dabei das Gesicht.

Ich pflanzte mich neben sie hin und schaute mir für eine Zeit ihre Sendung an. Soweit ich verstanden hatte ging es um einen Mann, dessen Verlobte seit drei Monaten im Koma lag. Mit der Zeit hatte er sich in die wunderschöne Schwester seiner Verlobten verliebt und wüsste jetzt nicht für wen er sich entscheiden sollte. Meiner Meinung nach sollte der Idiot bei seiner jetzigen Freundin bleiben und sich die Schwester aus dem Kopf schlagen. Aber wenn er sie wirklich so sehr liebte, sollte er die Beziehung so schnell es geht beenden, damit sie zusammen sein konnten. Doch leider lag die nichts ahnende Verlobte im Koma.

Ich würde sagen: Er steckte ziemlich tief in der Scheiße.

Irgendwann räusperte sich Mom neben mir und fing zögernd an zu sprechen. "Hey, Schatz. Ich muss mal mit dir reden."

"Oh Gott, jetzt kommt's" sagte ich, stellte meinen Becher ab und setzte mich in ihre Richtung im Schneidersitz hin.

"Ich muss dir nämlich etwas sehr wichtiges mitteilen." Sie blickte mich ernst und unsicher zugleich an und widmete mir ihre ganze Aufmerksamkeit.

"Also, du weißt ich arbeite als Putzkraft bei dieser Firma und vor, sagen wir mal vier Monaten habe ich dort einen Mann kennengelernt. Er heißt Richard und wir haben uns irgendwann zum Essen verabredet. Er ist sehr nett, bringt mich zum Lachen und sieht dazu auch noch ziemlich gut aus. Am Ende hat es sich auch noch rausgestellet das wir uns schon von früher kennen. Jedenfalls sind wir ehrlich gesagt schon seit mehreren Wochen zusammen und ich habe mir gedacht das es langsam Zeit wäre es dir zu sagen." Sie sah mich erwartend und ängstlich an, wahrscheinlich dachte sie, dass ich ausflippe oder es überhaupt nicht tolerierte, dass sie sich mit einem Mann traf.

Doch dem war nicht so. Ich war zwar etwas überrumpelt von dieser Nachricht, aber im allgemeinen war ich sehr froh darüber, dass sie jemanden gefunden hatte der sie glücklich machte. Wenn man bedachte, dass sie seit meinem Dad keine einzige Beziehung oder gar kein einziges Date mehr hatte, ist das selbstverständlich, dass ich mich für sie freute.

Ich strahlte übers ganze Gesicht und haute ihr leicht und spielerisch auf das Bein. "Mom, das ist ja super. Ich freue mich für dich!"

Sie sah mich für ein paar Sekunden überrascht an, aber der überraschte Blick wurde sofort durch ein freudiges ersetzt. "Du bist also nicht sauer auf mich?" Fragte sie mich nochmal unschlüssig, als wollte sie sicher gehen, dass ich tatsächlich kein Problem damit hatte.

Dance for meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt