Patient X

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Der Hauptgefreite starrt mich nun schon seit gut fünf Minuten ungläubig an. Gut zu wissen, dass auch er Emotionen in seiner Mimik zeigen kann. Allerdings wird das gerade nervig. "Hauptgefreiter? Ist alles in Ordnung?". Endlich kommt wieder Leben in den Körper

"Du fragst mich ob mit mir alles in Ordnung ist? Die Frage ist eher, ob mit dir alles in Ordnung ist.", erwidert er nun wieder Monoton. Ich zucke nur mit den Schultern. So wie andere wohlbehalten und geliebt aufwachsen, bin ich halt mit Experimenten und Folter aufgewachsen.

"Ich kenne es ja nicht anders. Es ist manchmal noch immer seltsam, nicht diesen Tagesablauf zu haben. Ich wurde außerdem mit knapp acht Jahren dort rausgeholt, an die Oberfläche gebracht und trainiert. Doch von der Zeit da unten habe ich mich bis heute noch nicht erholen können.", die letzten Worte wispere ich nur.

„Wer hat dich da rausgeholt?", fragt Levi als Nächstes. „Bevor die Mauern erbaut wurde waren seine und meine Blutlinie direkte Verwandte. Nehme ich mal an. Auf jeden Fall tragen wir den selben Nachnahmen. So ist er wohl auf mich aufmerksam geworden", antworte ich ausweichend.

„Weiß noch jemand von deinen Fähigkeiten?", ist die nächste Frage. Jetzt reicht's mir! „Herrgott nochmal! Ist das hier ein Verhör?! Nein! Nur du, mein Rezter und das Waisenhaus wissen Bescheid.", erwidere ich mit Nachdruck. „Wenn es das war, dann würde ich jetzt gerne alleine sein."

Er nickt kurz. „Ich werde es niemanden sagen, aber ich verlange, dass du diese Fähigkeiten nur außerhalb der Mauern oder nur in Notfällen einsetzt.", verlangt er. Ich nicke. Das klingt fair. „Außerdem muss Erwin erfahren, dass du das Essen hier nicht verträgst. Gibt es denn überhaupt etwas, dass in deinem Körper bleibt?", ich überlege kurz. „Ja. Äpfel habe ich bis jetzt immer drin behalten.", antworte ich ehrlich.

„Na immerhin.", brummt er leise. Er steht auf, geht zur Tür und öffnet diese. Bevor er jedoch durch geht, dreht er sich nochmal halb zu mir um. „Ich erwarte dich beim Abendbrot, Lenia.", damit verschwindet er durch die Tür und schließt diese.

Schon wieder dieses Lenia. Seit wann nennt er mich so? Ist das wirklich eine gute Idee gewesen, ihm so viel zu erzählen? Warum habe ich das überhaupt getan? Vertraue ich ihm etwa? Soweit, dass ich ihm sogar solche Privaten Dinge anvertraue?

Auch wenn ich es nicht wahr haben will, entspricht es der Wahrheit. Ich vertraue ihm. Das ist zwar eine Sacje, aber ich scheine ihm mehr zu vertrauen, als Lynn. Das macht mir Angst.

Ich gehe rüber in das Bad, wo ich mir in die Badewanne Wasser einlasse. Natürlich nachdem ich es erhitzt habe. Mein Gedanke geht zu meinen Großeltern. Dort habe ich den Luxus, dass ich das erwärmen nicht machen muss. Vielleicht kann ich irgendwann ja mal wieder zu ihnen. Dort ist es immer angenehm gewesen.

Eine willkommene Abwechslung. Doch auch die Zeit dort lässt mich meine Vergangenheit einfach nicht vergessen. Meine Dämonen folgen mir bis dorthin. Seufzend sehe ich in die Badewanne.

Ich ziehe mich aus und lege mich hinein. Ein bisschen Entspannung ist nach dem hier wohl am besten... Zufrieden schließe ich meine Augen.

Levi's Sicht:

Wie paralysiert gehe ich durch die Gänge. Lenia wurde als Kind misshandelt. Lenia. Lenia Smith. Erwins Tochter. Wie konnte das passieren? Ich blende um mich herum alles aus. Etwas, was doch ungewöhnlich für mich ist.

"...vi. LEVI!", höre ich eine Stimme aus dem Hintergrund. Ich schüttle kurz meinen Kopf. "Was ist?", frage ich sichtlich genervt. Wie immer. "Ist alles in Ordnung mit dir?", Erwin. Scheiße. Gerade ziemlich ungünstig Erwin.

"Ja! Alles bestens. Warum fragst du?", Lüge ich ihn direkt an. Lügen kann ich eigentlich nicht leiden, aber die Situation erfordert es. "Nun ja... Du wirkst leicht neben der Spur. Außerdem siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.", so ganz unrecht hat er da ja nicht.

Mein Name: Lenia SmithWo Geschichten leben. Entdecke jetzt