Ein lauter Wecker

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Mühselig drehte ich mich einmal in meinem Bett um und hielt mir die Ohren zu. Nein, ich wollte doch jetzt nicht aufstehen. Ich war noch viel zu müde. Es war sogar noch dunkel da draußen. Ich seufzte und mit zusammengekniffenen Augen tastete ich mich zu meinem Nachtkästchen vor. Das grelle Licht blendete in meinen Augen und ich konnte nicht sehen, wo sich meine Hand gerade befand. War das mein Wecker, der da klingelte? Ich will doch jetzt nicht an die Uni. Wie spät war es oder ist das doch nur ein Traum? Als ich endlich das Telefon auf meinem Tisch ergreifen konnte, rutschte es mir aus der Hand und fiel zu Boden. Das Klingelgeräusch war zwar in weite Ferne gerückt, doch klirrte immer noch an meinen Ohren. Kopfüber beugte ich mich über die Bettkante und fuhr mit den Händen durch einen kuschelweichen Teppich. Wo war ich überhaupt? Das ist doch gar nicht mein Zimmer. Meine Augen waren immer noch zusammengekniffen, da das Licht in meinen Augen schmerzte. Warte, ich war doch gar nicht mehr zuhause, sondern bei Bronwyn. Hatte die Uni schon gestartet? Immer weiter griff ich ins Leere, bis ich das Telefon mit den Fingerspitzen ertastete. Nun war ich mir sicher, ich war immer noch in den Ferien. War das vielleicht doch nicht mein Wecker, sondern ein Anruf? Schwungvoll warf ich mich zurück aufs Bett und ein tiefer Seufzer entglitt mir. Etwas schwindelig starrte ich auf den Bildschirm und kniff die Augen noch weiter zusammen. Tatsächlich, das war nicht mein Wecker, sondern ein Anruf. Wer rief mich denn um diese christliche Uhrzeit überhaupt an? Bitte nicht Paul! Nein, bestimmt war es nicht er, sondern irgendjemand anderer aus Österreich. Da war es bestimmt gerade früher Morgen. Wenn das jetzt so ein verfluchter Werbeanruf war, dann würden die gleich mit meiner verschlafenen, eiskalten Stimme bombardiert und abwimmelt werden. Angestrengt starrte ich auf den Bildschirm und entdeckte, dass ich diese Nummer sogar eingespeichert hatte. Das Licht kniff mich jedoch so sehr, dass ich den Namen nicht lesen konnte. Mit Mühe und Not schaffte ich es gerade noch rechtzeitig auf den grünen Knopf zu drücken und presste den Hörer an mein Ohr.

„Hallo?", sprach ich total verschlafen. Erleichtert atmete ich aus. Endlich konnte ich meine Augen wieder schließen und mich entspannen. Jetzt nur nicht wieder einschlafen, Leya, sagte ich zu mir selbst.

„Hey beautiful, hier ist Andre." Ich schüttelte meinen Kopf, nun hatte ich bereits alle meine Sinne verloren. Was war das denn für ein Traum?

„Andre? Wie?"

„Ja, weißt du noch. Wir haben uns im Park getroffen." Nun endlich zündete es mir. Andre rief mich gerade an! Er war am Telefon. Ich riss meine Augen auf und meine Gedanken schlugen Räder. Was wie? Ich musste mich zusammenreißen und weniger verschlafen klingen. Oh Gott, wieso war ich nur so müde?

„Natürlich. Wie könnte ich dich vergessen! Wie spät ist es?"

„Bei dir ist es kurz nach Mitternacht. Tut mir leid, dass ich dich um diese Uhrzeit anrufe. Ich bin im Moment nicht in DC und die ganze Zeitverschiebung bringt mich aus dem Konzept. Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dich aus dem Schlaf gerissen zu haben."

„Kein Problem", murmelte ich. Ich griff mir mit den Händen an meine Stirn, mein Gehirn war immer noch im Tiefschlaf und mir fielen keine englischen Worte ein. „Ich... Ich... Ich bin froh, dass du anrufst. Was... was machst du gerade? Bist du mit deinen Freunden aus? Nein warte....", stolperte ich immer wieder über meine deutsche Sprache und mein Gehirn hatte seine Sätze noch nicht fertig verarbeitet. Vor der ganzen Anstrengung musste ich meine Augen wieder schließen. Jetzt bloß nicht einschlafen!

Er antwortete mir, doch ich konnte seinem Gesprochenem nicht folgen.

„Was? Ich hab dich nicht verstanden", fragte ich nochmals nach. Hatte er nicht eben etwas mit Zeitverschiebung gesagt? Wieder hörte ich seine tief schwingende Stimme und das rollende ‚R' in seinen Worten, nur konnte ich die Buchstaben nicht aneinanderfügen. Mein Gehirn arbeitete nicht.

„Wie?"

„Nein, nein, ich bin in San Francisco und besuche gerade meine Verwandten. Tut mir leid, dass ich jetzt erst anrufe, alles war so hektisch bei mir. Jetzt sollte es besser werden." Erleichtert atmete ich aus. Mein Kopf hatte sich doch noch nicht ganz verabschiedet.

„Ach so... und... und... wann kommst du wieder zurück?"

„In zwei Tagen bin ich wieder in DC. Wenn du willst, können wir uns dann treffen?"

„Sehr gerne sogar. Wie geht es dir? Sonst alles klar?", fragte ich nach.

Wiederum gab er mir eine Antwort, doch verdammt, ich konnte mich einfach nicht auf seine Worte konzentrieren.

„Wie bitte, es tut mir leid, ich bin immer noch nicht wach." Daraufhin hörte ich sein Lachen, wie am Tag im Park und ich sah ihn bereits vor meinen Augen.

„Du bist süß, wenn du so verschlafen bist. Wie geht es dir Leya?" Nein, nein, nein, war ich eben eingeschlafen? Ich hatte seine Antwort auf meine Frage nicht gehört. Wieso um alles in der Welt musste er mich auch jetzt anrufen? Noch nie hatte ich ein peinlicheres erstes Gespräch am Telefon geführt und sofort stieg die Hitze in meinen gesamten Körper. Nur zum Glück konnte ich seine Worte verstehen. Abrupt setzte ich mich auf und warf meine Decke zurück. So konnte ich zumindest nicht mehr einschlafen, aber von der schnellen Bewegung wurde mir schwindelig. Ich krallte mich mit der freien Hand in das Laken und antwortete: „Mir geht es.. es.. gut, danke." Noch immer konnte mein Gehirn die englischen Worte und Laute nicht richtig zusammenfügen und ich wettete, mein deutscher Akzent war laut stark zu hören.

„Ich will dich nicht noch länger vom Schlafen abhalten. Wollen wir etwas aus machen und morgen telefonieren?", fragte er mich.

„Ja, gerne", erwiderte ich und suchte nach einer Zeit in meinem Kopf, „wie wärs mit morgen um neun Uhr abends?", schlug ich vor. Normalerweise gingen Logan, Bronwyn und Sage sehr früh schlafen und ich war mir sicher, um diese Zeit konnte ich in Ruhe telefonieren.

„Super, dann hören wir uns morgen. Ich lasse dich nun weiterschlafen auch wenn ich so gerne deine reizende Stimme höre", sagte er sanft.

„Morgen. Morgen ist besser", antwortete ich verwirrt und ließ mich nach hinten auf das Kissen fallen.

„Gute Nacht Cataleya." So liebevoll und zart wie er meinen Namen in dieser tiefen Stimme aussprach, wurde mir Heiß und Kalt zur selben Zeit.

„Gute Nacht Andre", erwiderte ich, dabei zitterten meine Finger vor Müdigkeit und das Telefon fiel mir aus der Hand. Kurze Zeit später war ich wiederum tief in die Welt der Träume abgetaucht.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 12, 2022 ⏰

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