Das zweite Fragment - Teil 2, Kindheit

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2.1 Fragment

Sommer 1988 - Der erste Schultag

„Stand up, Mason. Today's your first day of school!" hörte ich die vertraute Stimme von Neil sagen. Kurz danach hörte ich das Rattern der Vorhänge, die er beiseite zog. Ich öffnete meine Augen und wurde stark vom Sonnenlicht geblendet, das genau in meine müden Augen schien. Sofort schloss ich sie wieder und drehte mich auf die andere Seite. Plötzlich spürte ich relativ kalte Finger, die sanft meinen Nacken kraulten. Ich zuckte zusammen und bekam Gänsehaut. Es war schon seit meiner Geburt immer eine Schwachstelle gewesen und meine ganze Familie wusste das und nutzte es natürlich aus.
Mir lief ein Schauer den Rücken runter.
„Nngh. Neil...stop it," murmelte ich ins Kopfkissen. Neil dachte nicht daran aufzuhören, also blieb mir nichts anderes übrig, als die Decke aufzuschlagen und mich an den Bettrand zu setzen um mir die Augen zu reiben. Dann stand ich auf und folgte Neil die Treppen runter ins Esszimmer. Du standest schon in der Küche und bereitetest das Frühstück vor.
„Good morning, my love. And? Are you excited for school?" fragtest du, als du mich bemerktest.
„Yes! Totally," antwortete ich aufgeregt. Es war mein erster Schultag und dieser war so besonders, weil ich bis dahin immer im Elternhaus mit dir und den anderen zusammengelebt hatte. Natürlich hatte ich schon Kontakt zu anderen Kindern gehabt, aber in die Schule zu gehen war nochmal etwas anderes und deswegen war ich ganz besonders aufgeregt.
„Mason, how about you go and wake up Chris?" fragtest du mich. Ich nickte hastig und lief die Treppen hoch. Ich öffnete die Tür zu Chris' Zimmer und sprang auf ihn, wodurch ich ihn noch gemeiner weckte als Neil mich.
„Aah, Mason! Get off!" rief er.
„Get up! Today's my first day of school, Chris. We need to get there in time," quengelte ich. Dann stand Chris endlich auf und ging mit mir nach unten. Mittlerweile war auch Jenny aufgestanden und saß mit Neil am Esstisch. Fröhlich hüpfte ich zu meinem Platz und wartete ungeduldig auf das Frühstück. Nach einer Weile war es endlich fertig und wir fingen an zu essen. Wir frühstückten ja immer ohne Vater, weil er morgens mit den Tieren beschäftigt war.
Nach dem Frühstück gingen meine Geschwister und ich wieder auf unsere Zimmer um uns fertig zu machen. Ich zog mich um und ging dann in unser  Badezimmer. Ich war erst alleine, aber nach einer Weile kamen auch meine Geschwister. Ich war fertig mit Zähne putzen und fing an meine Haare zu kämmen. Sie gingen mir damals schon bis zur Brust und damit hatte ich die längsten Haare von uns, obwohl ich ja gerade mal sechs war.
„Look, our little brother needs to brush his precious hair again," neckte mich Neil. Ich seufzte und ging zurück in mein Zimmer um meinen nigelnagelneuen Schulranzen zu holen. Dann ging ich zurück zu dir und fragte: „When do we go?"
„At quarter to eight," antwortest du.
„When is that?" fragte ich.
„When the big pointer points at the nine."
„Aha," entgegnete ich nachdem ich auf die Uhr schaute. Ich beschloss in der Zeit Vater zu suchen, damit er auch nicht zu spät kommen würde. Ich zog mir meine Schuhe und Jacke an und sagte dir noch bescheid. Dann ging ich aus dem Haus und zum Hühnerstall. Hier war er nicht. Die Hühner hatten Futter und sahen zufrieden aus. Als nächstes ging ich zu den Kühen. Da fand ich ihn. Er war gerade dabei den Kühen Heu zu geben. Sein Rücken war zu mir gedreht, also schlich ich mich an und sprang hinauf um mich an seinen Schultern festzuklammern. Vater erschrak und ließ die Heugabel fallen. Ich ließ ihn los und als ich wieder auf dem Boden war, drehte er sich zu mir.
„You cheeky badger," lachte er und fing an mich zu kitzeln.
„Hahahahah...dad!" rief ich. Er hörte nach kurzer Zeit auf und ich atmete erstmal tief durch.
„Are you not done yet?" fragte ich ungeduldig.
„No, a little more, I just need to give them their hay. Then I'm done. Wanna help me?"
Ich nickte, nahm die Heugabel und versuchte das zu tun, was Vater getan hatte. Schnell merkte ich, dass ich überhaupt nicht damit umgehen konnte und schmiss die Gabel genervt auf den Boden. Ich grummelte ein wenig und fing an das Heu mit den Händen zu verteilen. Vater fing an zu lachen und machte mit der Heugabel weiter. Nach kurzer Zeit waren wir fertig und gingen zurück ins warme Haus. Vater und du gabt euch einen Kuss, bevor du mich amüsiert anschautest.
„There you are. Mason, what happened to you?" fragtest du und lachtest. Du kamst zu mir und nahmst mir liebevoll das Heu aus den Haaren.
Es war noch ein bisschen Zeit, also packten wir jetzt unsere Sachen für die Schule, während Vater sich umziehen ging. Als wir alle fertig waren, nahmen wir unsere Schulsachen und gingen zu Vaters Eltern. Wir überquerten den Hof und ich war dabei immer an erster Stelle. Ich lief voraus zu ihrer Haustür und klingelte Sturm.
„Mason!" mahnte Vater und stoppte mich, indem er meine Hand wegnahm. Großvater öffnete die Tür.
„What is it? Oh, is it time already?"
„Yes, come! We need to go," sagte ich aufgeregt und zog ihn aus dem Haus.
„Wait, Grandma is not ready yet...!"
„Comin'," hörte ich Großutter aus dem Haus rufen. Sie kam zu uns und dann gingen wir alle zusammen zur Schule. Wir spazierten um die zehn Minuten und ich war den Weg schon oft mit dir gegangen, noch bevor die Schule angefangen hatte. In der Schule war ich auch schonmal gewesen; ganze drei Mal jeweils bei den Einschulungen meiner Geschwister, aber trotzdem war alles neu für mich. Für Jenny und besonders für Neil war es komisch, wieder in der Grundschule rumzulaufen, denn sie waren beide schon auf der weiterführenden Schule. Neil kam dieses Jahr in die siebte Klasse und Jenny würde dieses Jahr in die fünfte Klasse kommen.
Die Wände im Schulgebäude waren bunt bemalt, was ich super faszinierend fand und es gefiel mir sofort. Je mehr ich von dem Gebäude sah, desto mehr freute ich mich, richtig lesen und schreiben zu lernen. Wir kamen in der Aula an und sahen schon einige Leute. Wir setzten uns dazu und warteten bis es anfing. Nach ein paar Minuten kam eine Frau auf die kleine Bühne. Sie war die Schulleiterin und machte gleich einen sehr freundlichen Eindruck auf mich. Sie begrüßte uns alle und erklärte uns dann den Tagesablauf. Oder eher den Ablauf des Vormittags. Bevor wir in die Klassen gingen gab es noch ein paar Auftritte, die Schüler vorbereitet hatten. Sie gefielen mir gut; manchmal waren sie auch sehr lustig, aber ich wollte endlich meine Klassenkameraden und meinen Klassenlehrer kennenlernen. Ich war mich schon die ganze Zeit am umschauen, ob ich irgendjemanden sah, der vielleicht irgendwann mit mir befreundet sein würde, aber ich hatte keine Ahnung.
Nach dem Programm wurden wir von unseren zukünftigen Lehrern in unsere Klassen aufgerufen. Ich hatte das Gefühl es würde Ewigkeiten dauern bis ich endlich aufgerufen wurde.
„Mason...Vivian Cooper Nathanial?" Ich seufzte und stand auf. Vater legte mir eine Hand auf die Schulter: „Have fun, Mason."
Ich nickte und winkte euch zu. Dann ging ich zögerlich auf die Bühne und stellte mich zu den Kindern, die schon aufgerufen wurden. Sie schauten mich lächelnd an. Besonders ein Mädchen schien sich sehr für mich zu interessieren.
„Wow, I wanna have such beautiful hair too," sagte sie und berührte meine Haare. Ich nickte ein wenig verlegen und fragte sie nach ihrem Namen.
„Mary. Your name's Mason, right?" Ich nickte und sie lächelte.
„Alright, we're complete. Please line yourself up with a partner and then we can go," sagte unsere Lehrerin. Wir stellten uns auf und gingen los zu unserem Klassenzimmer.
„Come, Mason, let's sit down here," schlug Mary vor und setzte sich an einen Platz am Fenster. Ich setzte mich neben sie und hörte aufmerksam der Lehrerin zu.
„Well. Hello and Welcome. My name is Miranda Winter and I'm your class teacher. First I would like each of you to introduce yourself. Please say your name, how old you are and what your hobbies are," sagte Mrs. Winter und suchte jemanden aus, der anfangen sollte. Es war wirklich nur eine kurze Vorstellungsrunde, denn am nächsten Tag würde es eine noch ausführlichere geben. Als sich alle vorgestellt hatten, teilte unsere Lehrerin Blätter aus mit denen wir uns Namensschilder basteln sollten. Sie erklärte uns, dass wir auf unsere Namensschilder malen sollten, was wir am liebsten machten.
Als auch alle damit fertig waren, war die Stunde auch schon vorbei und wir durften gehen. Wir hatten erst am nächsten Tag richtigen Unterricht. Als wir den Klassenraum verließen und in der Eingangshalle ankamen waren viele Tische aufgebaut wo ihr auf uns gewartet habt und auch Marys Familie und die der anderen neuen Schüler. Ich schaute mich kurz um und suchte euch.
„Hello!" rief ich, als ich euch gefunden hatte und lief zu eurem Tisch und setzte mich neben Jenny.
„How was it?" fragte Vater.
„It was nice!" erwiderte ich und fragte dann ob wir jetzt nach Hause gehen würden.
„Not yet, there will be a little photoshooting," erinnerte mich Neil. Ich legte meinen Kopf in die Hände und seufzte. Ich mochte keine Photos.
Wir blieben noch ein Weilchen sitzen, bis wir alle abgeholt wurden und zu dem Platz für die Photos gebracht wurden. Mrs. Winter gab uns ein paar Anweisungen wie wir uns aufstellen sollten.
Ich sollte mich in die hinterste Reihe stellen. Nach dem Gruppenphoto wurden noch separat von jedem Photos gemacht und dann konnten wir endlich gehen. Ich ging zurück zu euch und Vater bot an, den Ranzen für mich zu tragen, aber ich schüttelte meinen Kopf und behielt ihn stolz auf meinem Rücken.
„Let's go, Mason," sagte Jenny und streckte mir ihre Hand aus. Ich war kurz davor sie zu nehmen, als Mary plötzlich zu uns kam.
„Are you going Mason?" fragte sie und schaute mich an.
„Yes, see ya tomorrow!"
„Ok, see ya tomorrow," sagte sie und winkte. Ich winkte zurück und nahm dann Jennys Hand und wir gingen zurück nach Hause.
Nach der kurzen Fahrt zog ich schnell meine Schuhe aus und setzte mich an den Esstisch. Vaters Eltern waren gleich in ihr Haus gegangen, aber sonst setztet ihr euch alle zu mir und ich bekam einige Süßigkeiten als Geschenk zur Einschulung. Ich war gerade im Begriff darüber herzufallen, als du mich unterbrachst, dass ich warten solle: „Wait! Before opening them..."
Du standest auf um die Kamera zu holen. Ich wollte nicht schon wieder Photos gemacht bekommen...Ich lächelte nur halbherzig in die Kamera und fing dann an die Süßigkeiten auszupacken. Es waren alles meine absoluten Lieblingssüßigkeiten, die es immer hier in Naul auf dem Markt gab, aber du hast immer gesagt, wir sollten davon nicht so viel essen, deswegen hatte ich mich riesig gefreut an dem Tag so viele bekommen zu haben. Ich suchte mir ein Teil aus und vernaschte es sofort, während du Photos machtest. Du mahntest mich zwischendurch, dass ich nicht alle auf einmal essen sollte. Aber ich hatte sie doch extra alle bekommen. Eingeschnappt sammelte ich alle auf und trug sie in meinem Oberteil. Ich stand auf und rannte die Treppen hoch. Ich hätte es nicht tun sollen, denn ich stolperte und fiel hin, sodass alles die Treppen runterkullerte und auf den Boden fiel.
„Mason, why do we keep telling you not to run up the stairs?" fragtest du mich.
„But...the others always run up the stairs...!" beschwerte ich mich.
„Because you're the only one who always stumbles when running," antwortest du. Du kamst zu mir und halfst mir die Sachen wieder in meinem Oberteil zu tragen. Du gabst mir einen Kuss auf die Stirn und lächeltest.
„Now go. But don't eat all at once," sagtest du mit einer ruhigen Stimme. Ich nickte und ging weiter in mein Zimmer. Langsam und vorsichtig.
Ich überlegte ob ich ein paar Süßigkeiten essen sollte, aber hörte auf dich und ließ es sein. Ich setzte mich auf mein Bett und langweilte mich. Was könnte ich tun? Genau! Ich stand auf und ging zu Chris. Er war nicht in seinem Zimmer. Ich ging wieder raus und die Treppen runter um mich umzuschauen. Du saßt am Esstisch und schautest dir die Zeitung von Naul an. Vater saß mit meinen Geschwistern am Wohnzimmertisch und sie spielten ein Brettspiel. Ich ging zu ihnen.
„Can I play with you?" fragte ich, aber leider war dieses Spiel für nur vier Leute, also schaute ich erst zu, aber es wurde schnell langweilig für mich, also ging ich zu dir und fragte, ob du was mit mir machen würdest. Du legtest die Zeitung weg und schautest auf die Uhr.
„Hm, two more hours until lunch. Would you like to go to Swords for a little shopping?"
„Yes!" antwortete ich und nickte schnell. Ich liebte es nach Swords in die Stadt zu fahren.
„Then be ready in ten minutes," sagtest du und gingst ins Wohnzimmer um den anderen bescheid zu geben. Sie würden zu Hause bleiben und weiterspielen, was mich ein wenig wunderte, denn normalerweise gingen alle gerne mit in die Stadt.
Ich zog mir wieder meine Jacke und Schuhe an und nach genau zehn Minuten fuhren wir mit dem Auto los. Bis nach Swords brauchten wir auch nur zehn Minuten und ich schaute wie immer mit weiten Augen aus dem Fenster, als wir langsam durch den Ort fuhren um einen Parkplatz zu finden. Wir fanden einen am Straßenrand, ein wenig entfernt von dem Pavilions Shopping Centre, aber das störte uns nicht. Du hieltest an und stiegst zuerst aus, denn ich war noch im Kindersitz auf der Rückbank. Du öffnetest die Tür auf meiner Seite und hattest mich gerade abgeschnallt.
„There we are, let's do some nice shopping," sagtest du, lächeltest freundlich, wie du es immer getan hattest und gabst mir noch einen Kuss auf die Stirn. Es war der letzte Kuss und das letzte Lächeln, das ich von dir bekommen würde, denn auf einmal sprach dich ein aufgebrachter Mann an.
„Ellie! There you are! I was searching for you for years! Where the fuck have you been?!" Der Mann kam zu dir, aber du reagiertest zunächst gar nicht, schließlich ist dein Name Jessica und nicht Ellie. Der Mann ließ aber nicht nach, bis dir klar wurde, dass er dich doch meinte. Du drehtest dich irritiert zu ihm um.
„Me? My name's not Ellie. Who are you and who are you looking for?" fragtest du. Ich schaute an dir vorbei den Mann an, der sehr aufgebracht und wütend aussah. Ich bekam Angst, ich kannte ihn nicht und ich hatte keine Ahnung, was er von dir wollte, genauso wenig wie du selbst.
„Of course you're Ellie. And you tried to get away again?! Not this time, you're coming with me!"
„What? I'm not Ellie, I don't know who you are talking about..."
„Mom, who is that man? He's scary," murmelte ich und hatte mich schon an deine Jacke geklammert. Ich spürte, dass du selbst Angst hattest, als du deinen Kopf drehtest und mich anschautest. Du sagtest mir, dass du es selbst nicht wusstest.
„Mom?! You have son?! Are you FUCKING KIDDING me?!" schrie der Mann und erregte damit auch Aufmerksamkeit bei den anderen Menschen in der Umgebung. Ein Mann erkannte, dass es sich um eine Verwechslung handelte und kam zu uns.
„Sir, you seem to be confusing her with someone else...Please calm down and tell us who you are," sagte der Mann und versuchte, den anderen damit zu beruhigen, aber dieser wurde nur noch wütender und schrie laut rum.
„Like you know, fuck off!! And you're Ellie and you have always betrayed me. I fuckin' knew it!! You dirty little slut, that's it!" rief er. Er packte dich am Hals, schubste dich gewaltvoll gegen das Auto und entriss dich damit meinem Griff.
„Mom!" rief ich und stieg aus dem Auto aus.
Du fielst auf den Boden und der Mann kniete sich über dich. Der nette Passant versuchte den Mann von dir wegzuziehen, aber dieser hatte mehr Kraft und lehnte sich dagegen, während er ein Taschenmesser rauszog, ausklappte und dich am Hals schnitt. Ich hatte es genau gesehen, live vor meinen Augen. Der Schnitt war tief, du hattest vorher geschrien, aber nach dem Schnitt warst du sofort ohnmächtig und das Blut lief ohne Halt auf den Boden, wo sich schnell eine Blutlache bildete. Ich schrie und verstand nicht mehr was passierte...
Der Mann konnte dir noch zwei Stiche mit dem Messer verpassen, bevor er endlich von dem Passanten und anderen Helfern aufgehalten werden konnte. Das Messer landete weit weg auf dem Boden und zwei starke Leute fixierten den Mann auf dem Boden. Ich beugte mich über dich, rüttelte dich an den Schultern und versuchte gleichzeitig die Wunden zu verbinden, aber es hörte einfach nicht auf zu bluten. Bald hatte ich blutige Hände und dieses Blut vermischte sich schnell mit meinen Tränen, die wie ein Regen auf meine Hände fielen.
„Mom, wake up. Mom, we can fix the wounds, please wake up," murmelte ich zwischen meinem Schluchzen, aber du rührtest dich nicht. Der nette Passant hockte sich neben mich, legte mir eine Hand auf die Schulter und versuchte mir zu helfen das Blut zu stoppen.
„We called an ambulance," sagte er.
„Brother, I take over here. Bring him to the restaurant, he must not see this," sagte auf einmal ein weiterer Mann. Er tauschte mit dem anderen und dann führte er mich zu seinem Restaurant. Ich weigerte mich nicht vehement, aber ich schaute die ganze Zeit weiterhin zu dir, aber du lagst immer noch regungslos auf dem Boden in einer großen Blutlache.
„Come come, don't look. We called the police and ambulance, they will help your mother. My brother is there and looks after your mom until they arrive. Everything will be fine," sagte der Mann mit einer zittrigen Stimme. Er drehte meinen Kopf weg und dann kamen wir im Restaurant an. Alle waren geschockt, als sie uns sahen und dachten im ersten Moment, dass uns etwas passiert war.
„Taylor! What happened outside?" fragte eine Kellnerin und ging zum Fenster. Alle schauten aus dem Fenster und waren sichtlich geschockt. Manche fingen an zu weinen, aber wir gingen an allen vorbei bis zu den Toiletten, wo der Mann mir half das Blut loszuwerden. Als es abgewaschen war nahm er mich mit in sein Büro, wo ich nichts vom Trubel draußen mitbekam. Er hockte sich vor mich und legte mir seine Hände auf die Schultern. Ich schaute ihn mit meinen roten, verweinten Augen an, aus denen immer noch in Strömen meine Tränen liefen. Er selbst weinte nicht und versuchte mit aller Kraft mich mit einem freundlichen Lächeln zu beruhigen.
„My name is Taylor. What is your name?"
„M-Mason..." murmelte ich. „Taylor...what happened to mom? I don't understand what just happened..."
„I don't understand it either, Mason. But I'm here, you are fine," entgegnete Taylor und nahm mich in seine Arme. Ich weinte ununterbrochen. Wir verharrten für eine gefühlte Ewigkeit in dieser Position aber es war gar nicht daran zu denken sich zu beruhigen. Bald klopfte es jedoch an der Tür.
„Come in," sagte Taylor. Er hob seinen Kopf und schaute zur Tür, aber ich krallte mich weiterhin an ihn und weinte sein Hemd voll.
„Mason, hey Mason," sagte eine junge, freundliche weibliche Stimme. Ganz langsam löste ich mich und drehte meinen Kopf zu ihr. Sie war eine Polizistin und Taylor und ich schauten sie gespannt an. Sie hockte sich vor uns und legte mir sanft eine Hand auf die Schulter.
„Mason. It was good that so many people were there. They all helped so we could arrest the man. He is never going to hurt anyone again," fing sie freundlich an zu erzählen, aber das wollte ich doch nicht hören.
„How is mom? Did she wake up? She was just unconscious, right?" fragte ich verzweifelt nach.
„Mason...your mother...was not just unconscious. Her wounds were too severe," erzählte sie ruhig. Sie wandt ihren Blick ab und musste selbst mit den Tränen kämpfen.
„You couldn't help her? Could nothing be done?" fragte Taylor nach.
„No...she was stabbed in the heart and her carotid artery was cut. She lost too much blood. Mason, I can't imagine the pain you must be feeling..." sagte sie mitfühlend. Ich musste die Worte erstmal verarbeiten, aber als sie in meinem Kopf wiederhallten, wurde mir nach und nach klar, dass du nicht mehr geatmet hattest und dass du wirklich Unmengen an Blut verloren hattest, aber trotzdem wollte ich es nicht glauben. Ich wollte nicht glauben, dass du einfach nicht mehr am Leben warst. Einfach so. Dennoch fing ich stärker zu weinen an und krallte mich wieder an Taylor fest, der jetzt selbst weinte und schluchzte. Die Polizistin blieb noch kurz bei uns, aber musste dann wieder gehen um mit dem Mörder zur Polizeiwache zu fahren.  Sie hatte uns noch gesagt, dass sie dich im Krankenwagen zum Krankenhaus brachten und bei der Beerdigung könnten wir uns nochmal verabschieden.
Taylor gab mir alle Zeit, die ich brauchte. Er hätte mich sicher bis zum Abend bei sich in den Armen gehalten, aber bald schlug er vor mich nach Hause zu fahren.
„Where do you live Mason? Let's go home," sagte er ruhig und freundlich.
„I live in Naul...But without mom? She's not coming with us?" fragte ich, obwohl ich ja wusste, was die Polizistin gesagt hatte. Taylor unterdrückte ein Schluchzen. Er wischte mir mit dem Daumen über die Wange und schaute mir in die Augen.
„For the moment. You will see her again and most importantly, she's never gone. She is always with you. Right here," versicherte er mir und legte seine Hand auf meine Brust.
„I know..." erwiderte ich und senkte meinen Kopf.
„Alright. Then let's go."
Taylor kam mit einem Ächzen aus der Hocke hoch und ging mit mir zum Ausgang des Restaurants. Ich spürte die betrübten Blicke auf mir, aber sie kümmerten mich nicht. Draußen ging das ganz normale Leben weiter. Die Sonne schien und an der Stelle wo du gelegen hattest, war jetzt ein großer nasser Fleck auf dem Asphalt. Wir gingen zum Auto, wo Taylors Bruder gewartet hatte. Er hatte unseren Autoschlüssel und gab ihn Taylor weiter.
„I take care of the restaurant, go and bring him home to his family," sagte er. Er selbst hatte auch rote Augen und strich mir einmal liebevoll über den Schopf, bevor er mich im Kindersitz anschnallte. Es waren nirgends Spuren von dir zu sehen, aber im Auto konnte ich dich ganz deutlich riechen, wodurch ich nur wieder weinen musste.
„Thank you brother," sagte Taylor und stieg vor mir ein.
„Okay. Mason, I know where Naul is, but you need to show me the way to your home," sagte er bevor er das Auto startete und dann losfuhr. Als wir in Naul waren schaute ich mich um und fand mich schnell zurecht. Ich hatte bei der Fahrt aufgehört zu weinen, aber musste die ganze Zeit an dich denken, wie du stark blutend auf dem Asphalt gelegen hattest. Ich navigierte den Weg nach Hause und war froh, als Taylor das Auto auf dem Hof parkte. Wir stiegen aus und ich lief direkt vor zur Tür um sturm zu klingeln obwohl Vater mich noch am selben Tag ermahnt hatte, dass man sowas eigentlich nicht macht.
Vater öffnete die Tür und guckte ein wenig überrascht, als er mich mit Taylor sah. Ich sprang ihm in die Arme und fing schon wieder an zu weinen.
„Mason. What's up?" fragte er überfordert. Ich klammerte mich fest an ihn, aber sagte kein Wort. Taylor bot an alles zu erzählen, also lud Vater ihn ins Haus ein, nachdem er die Schlüssel entgegengenommen hatte. Wir versammelten uns alle am Esstisch und ich blieb die ganze Zeit an Vater geklammert. Taylor erzählte die ganze Geschichte und als er fertig war herrschte erstmal Ungläubigkeit, aber als ich aus meiner Sicht erzählte was der Mörder getan hatte, kam die Realisierung und allen kamen sofort die Tränen. Ich hatte Vater noch nie weinen gehört.
„I am so so sorry..." sagte Taylor.
„No. I thank you for...bringing my Mason home safely..." murmelte Vater und fing dann stärker an zu weinen, er schrie schon fast vor seelischem Schmerz.
„Please, if I can help you somehow..." bot Taylor an.
„No...no, you did more than enough. I thank you so much..." erwiderte Vater kurz zwischendurch. Taylor blieb auch nicht mehr lange und ließ uns alleine. Als Vater die Tür hinter ihm schloss, setzte er sich auf den Boden und hielt sich die Hände an die Stirn.
„Jessica...no, this can't be true..." Sein Oberkörper bebte mit jedem Schluchzen.

Mason Nathanial - eine BiografieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt