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Ich sitze im Literaturunterricht. Montag Morgen. Schlimmer kann es ja eigentlich nicht sein, oder? Neben mir sitzt Liam und doodelt in seinem Heft, während ich mich anstrenge, nicht einzuschlafen. Ms Myles redet schon seit 30 Minuten über die verschiedenen Metaphern in Shakespeare's Hamlet.

,,Miss, kann ich bitte auf die Toilette?", frage ich und sie rollt zwar die Augen, lässt mich aber gehen. Ich gehe zum Technology-Gebäude rüber, wo die Toiletten für meinen Jahrgang sind und setze mich dann in einer Toilette auf den Boden. Englische Schulen mögen vielleicht blöd sein, aber eins muss man ihnen lassen: Die Toiletten sind immer sauber und außerdem gibt es keine Kabinen nebeneinander sondern einzelne, große Räume.

Ich hole mein Handy aus meiner Hosentasche und stelle erfreut fest, dass es nur noch 20 Minuten bis Stundenende sind. Danach habe ich Schluss. Und um 16 Uhr bin ich bei Mr Tomlinson.

Ich wusste ja schon immer, dass ich nicht sonderlich an Gleichaltrigen interessiert war, aber dass ich meinen Therapeuten attraktiv finde? Ne, damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich bin sicher, er hat eine wunderschöne Frau zu Hause sitzen. Wie gerne ich mal für einen Tag diese Frau wäre. Wieso gibt es nochmal soetwas wie Heterosexualität?

~~~

,,Hallo Harry", lächelt Mr Tomlinson freundlich. ,,Hallo", antworte ich und setze mich neben ihn auf das Sofa. Er hat wirklich eine unglaublich schöne Praxis. Man fühlt sich sehr wohl und geborgen.

,,Du siehst gut aus", sagt er und ich lege meinen Kopf leicht schief. ,,Ähm, du siehst glücklich aus. Irgendetwas Tolles passiert?" Ich lächle leicht und zucke mit den Schultern. ,,Nein, nichts Besonderes. Ich hab heute aber einen guten Tag." - ,,Das ist schön, zu hören. Ist die Schule stressig für dich oder bekommst du das alles gut geregelt?" - ,,Ich habe als A-Level ja nur Literatur, Drama und Kunst genommen. Ich mag  die Fächer wirklich gerne, von daher fällt es mir nicht so extrem schwer. Nur mein zusätzlicher Mathe-Kurs nimmt mir die letzte Kraft", lache ich. ,,Ja, die Sixth Form ist nicht immer einfach, das weiß ich auch noch zu gut."

Er erzählt mir, dass er als A-Level Biologie, Englisch, Drama und Mathe hatte. ,,Hattest du Spaß in der Sixth Form?", frage ich. Im nächsten Moment spüre ich die Hitze in meine Wangen steigen. ,,Tut mir leid, dass ich Sie geduzt habe, ist mir so rausgerutscht." - ,,Kein Problem, mich stört das nicht. Ich bin ja nicht so viel älter als du." - ,,Wie alt bist du denn?" Er schmunzelt. ,,Siebenundzwanzig."

Siebenundzwanzig. Das ist zwar ne Menge Altersunterschied aber gegen einen kleinen Schwarm hat ja niemand was. Nicht wahr?

Während er mich weiterhin Sachen über die Schule fragt, kann ich nur auf seine Lippen starren. Sie sehen so schmal aus, wenn er sie nicht bewegt, aber wenn er redet, werden sie auf einmal viel voller und sie sehen extrem weich und gepflegt aus. ,,Harry?"

,,Ähm ja?" Ich schüttele schnell meinen Kopf, um aus meinen Gedanken herauszukommen und er schaut mich amüsiert an. ,,Ich habe gefragt, ob du über etwas reden möchtest."

,,Oh, ja klar, ähm..." Ich gehe in meinem Kopf durch, was ich mir heute Mittag zurecht gelegt habe. ,,Also ich weiß jetzt nicht so ganz wie ich das Thema ansprechen soll..." - ,,Ich bin Therapeut, ich hab schon alles Mögliche gehört, Harry." Mr Tomlinson lächelt mich freundlich an und ich muss einfach wieder auf seine Lippen starren. ,,Ich fühle mich alleine." Die Worte kommen von ganz alleine aus meinem Mund und ich kann absolut nichts dagegen tun.

,,In wie fern denn?" - ,,Naja, ich hab einfach manchmal das Gefühl, dass ich von niemandem jemals die erste Wahl sein werde. Ich würde mich selber nichtmal mögen, wenn ich jemand anderes wäre."

Er seufzt leise. ,,Das ist leider ein sehr gängiges Gefühl unter Menschen. Und ich weiß genau, wie du dich fühlst, aber im Endeffekt hat das alles mit Selbstliebe zu tun und daran kannst nur du arbeiten, ich kann dich zwar unterstützen, aber du musst den Willen dazu haben."

Ich nicke daraufhin nur und senke meinen Blick. Ich hätte so gerne einen Freund. Jemanden, der mich diese Einsamkeit vergessen lässt. Das Gefühl von Einsamkeit ist meist noch schlimmer als Traurigkeit. Man ist irgendwie hilflos.

,,Du bist aber nicht allein Harry. Das hast du bestimmt schon oft gehört, aber ich kann es dir nur nochmal sagen. Was du mir von deiner Mum erzählt hast, war sehr positiv und ich bin sicher, dass du irgendwann auch eine tolle Beziehung führen wirst."

Ich beiße mir auf meine Unterlippe und schaue in seine blauen Augen. In seinem Blick liegt etwas, das nah an Vertrauen heran kommt und ich spüre, wie mir wärmer wird.

Harry, bekomm jetzt bloß keine Fantasien!

,,Du musst dem Ganzen nur Geduld geben."

Meine Geduld ist aber gleich aufgebraucht und ich küsse dich bis ich nicht mehr atmen kann.

Ich versuche meine Gedanken in meinen Hinterkopf zu schieben und bin von mir selber geschockt. Seit wann denke ich denn bitte so?

~~~

Eine Stunde später schließe ich meine Zimmertür hinter mir ab und atme tief durch. Ich bin doch tatsächlich scharf auf Mr Tomlinson geworden, im Gespräch! Hoffentlich hat er nichts gemerkt, dass wäre unfassbar peinlich. 

Ich öffne meine Hose und lasse sie mit meinen Boxershorts zu meinen Füßen fallen. Meine harte Erektion liegt an meinem Bauch und ich kann dem Drang nicht widerstehen, mich endlich anzufassen. Diese rosa Lippen, diese Sex-Frisur und dieser umwerdende Körper.

Mein Atem wird schneller und ich streiche mit meinem Daumen immer wieder über meine Spitze. In meinem Bauch staut sich eine riesige Welle an Erregung und Gefühlen an und ich bewege meine Hand noch etwas schneller, halte mich an meiner Türklinke fest und lasse meinen Kopf in den Nacken fallen.

Als ich komme, krampft sich alles in mir zusammen und ich muss meinen Herzschlag erstmal wieder unter Kontrolle bekommen. Mit einem Taschentuch mache ich mich sauber und husche dann schnell ins Bad, um meine Hände zu waschen.

Da hab ich mir doch allen Ernstes auf meinen Therapeuten einen runtergeholt.

therapist || L.S. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt