Second

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Ich blieb nicht lange sitzen. Als der Raum sich nach und nach mit denen aus den anderen Gruppen füllten und sie begannen zu reden stand ich auf und schob die Tür zu der Terrasse auf. Es war schon fast komplett dunkel und eigentlich auch zu klat um nur im dünnen Pulli mit Chucks draußen zu stehen. Aber ich wollte meine Ruhe und nicht in einem Raum voller mir fremder Menschen sitzen die sich unterhielten als sei das hier eine Freizeiteinrichtung.

Ich konnte von hier durch die beleuchteten Fenster die Andere sehen, im zweiten Stock bleib ein Arzt am Fenster stehen und sah zu mir runter, er kannte wer da draußen im Schnee stand und ging weiter. Sie kannten mich, sie wussten das ich viel zu oft viel zu lange in viel zu dünnen Klamotten draußen stand und versuchte vor sämtlichen Gesprächen zu fliehen. Es stand in dieser Mappe über mich die jeder bevor er mit mir sprach durch las. Ich hatte am Anfang als ich neu gewesen war versucht in diese Mappe zu sehen aber bis jetzt hatte ich weder meine Mappe noch die von irgendwem anders hier lesen dürfen. Sie taten so als wäre es streng geheim was in diesen Mappen stand obwohl sie ohne mich gar nichts darin stehen hätten, ohne mich wäre diese Mappe leer, weil sie über mich schrieben. In der Mappe stand mein Leben und meine Person und ich verstand einfach nicht warum sie das vor mir geheim hielten. Ich hatte einmal zwei Stunden mit einer Betreuerin diskutiert aber sie war standhaft geblieben. Aus Protest hatte ich dann eine Mappe über meinen Arzt angelegt, was sich als weniger spannend erwies als ich es mir vorgestellt hatte, zumal ich seinen Namen immer wieder vergaß bevor ich ihn eintragen konnte. Am Ende hatte er die Mappe gefunden und ich ahtte einen neuen Arzt bekommen.

Fröstelnd trat ich von einem Fuß auf den anderen und betete das niemand raus kam um mich reinzuholen. Ich verstand sie nicht, was wollten sie von mir? Ich wollte nicht noch mal von vorne Anfangen, mein Leben neu entdecken. Was glaubten die? Das nur, weil sie mir  erzählten das alles einen Sinn hatte, ich aufeinmal beschloss allles was mir jemals in der Vergangenheit vergaß und plötzlich lachend durchs leben lief? Manche Dinge vergisst man nie und manche Entscheidungen fällt man weil man keinen anderen Weg gehen will oder gehen kann.

Ich erinnere mich noch gut an das Gesicht meiner Mutter als sie das erste mal hier her kam, sie war erschrocken über all die Schläuche und Kabel und tat so als müsste ich nur einmal genau erzählt bekommen wie toll doch alles ist damit ich wieder auf die Beine kam. Ich war bis heute sicher das sie immer ncoh glaubte ich würde ihre perfekte Tochter werden, und ich glaube das sie immer noch seit einem Jahr jedem erzählte das ich bloss keine Zeit hatte sie zu besuchen weil ich so viel lernen musste. Aber so war es nicht, es war nicht so das ich meine Vergangenheit zu meinem Vorteil machen konnte wie man es mir hier immmer wieder versuchte zu erklären, es war nicht so das ich nur ein paar Tage abstand brauchte. Es war so das ich mich aufgegeben hatte und ich hatte beschlossen zu sterben um endlich nichts von dieser Welt mehr sehen zu müssen, und nur weil sie mich einmal gerettet hatten hatte ich meine Meinung nicht geändert. und das hatte ich verstanden, sie würden es auch verstehen, irgendwann.

SilenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt