"Frau Claussen, schön Sie zu sehen. Kommen Sie doch herein". Dieser mysteriöse Geschäftsführer, diese CEO wie man ihn wohl im neudeutschen nennt, geht auf mich zu und strahlt mich regelrecht an. Er ist viel jünger als ich gedacht hätte. Höchstens 35. Eher noch etwas jünger. Er hat liebevolle braune Augen, die in diesem Licht zu glänzen scheinen. Seine Haare sind in einem dunklen Mahagoniton. Er trägt einen leichten Bart. Kein Drei-Tage-Bart. Eher ein Sieben-Tage-Bart. Gibt es diese Bezeichnung überhaupt? Der Bart wirkt jedoch nicht ungepflegt sondern gewollt. Vielleicht will er sich einen Vollbart stehen lassen? Der Mann ist einfach nur bildschön. Nervös strecke ich ihm die Hand entgegen. Doch schon im gleichen Moment fällt mir auf wie dumm das ist. Durch die Coronakrise schüttelt man doch gar keine Hände mehr. Dieser Typ hat mich offensichtlich bereits jetzt um den Verstand gebracht.
"Das sollten wir vielleicht lieber lassen!", sagt er vorsichtig.
"Ja natürlich!", sage ich und ziehe meine Hand zurück.
"Setzen Sie sich doch.", fordert er mich auf und deutet auf den Stuhl der vor seinem Schreibtisch steht. Ich setze mich und er nimmt hinter seinem Schreibtisch auf einem Bürostuhl platz. Dann greift er zielsicher nach einer der vielen Akten auf dem Tisch und öffnet sie. Er beginnt laut vorzulesen:
"Lena Claussen. 1997 in Ahrensburg geboren. Das ist in Schleswig-Holstein, oder?", fragt er.
Ich nicke.
"4 Geschwister.", liest er weiter. "Älter oder jünger?"
"Ich habe eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder.", antworte ich.
"Was ist mit den anderen beiden?"
"Gleichalt. Wir sind Drillinge."
"Sie sind ein Drilling?", fragt er überrascht. "Sie haben auch eine Drillingsschwester? Oder nur Brüder?"
"Ich habe eine Drillingsschwester und einen Drillingsbruder.", antworte ich.
"Sehen sie und ihre Schwester sich ähnlich? Haben sie des häufigeren damit... Schabernack betrieben?", fragt er.
Ich schaue ihn skeptisch an.
"Was hat das mit dem Stellenangebot zu tun?", frage ich genervt. Dieses Frage ist einfach nur seltsam.
"Das kann ich Ihnen sagen. Meine Zwillinge tuen dies den ganzen Tag. Die eine gibt vor die andere zu sein und bisher haben sie damit noch jedes Kindermädchen in die Flucht geschlagen!"
"Ich wusste nicht, dass sie Zwillinge haben.", sage ich kleinlaut und schäme mich etwas für die vorangegangene Frage. "Aber warum ist es relevant wer von beiden wer ist? Ich meine... natürlich ist es relevant. Aber warum treiben sie damit die Kindermädchen in den Wahnsinn?", frage ich.
"Beide Mädchen müssen Medikamente nehmen. Dummerweise sind es unterschiedliche Medikamente.", antwortet er.
"Oh..mich verstehe."
"Glauben sie, dass sie das hinbekommen, die beiden auseinander zu halten? Das ist wirklich sehr wichtig. Vielleicht bekommt das jemand der solche Spielchen als Kind ebenfalls getrieben hat, besser hin."
"Ich werde es versuchen!", antworte ich. "Wie alt sind die beiden denn?"
"Mila und Livi sind 6 Jahre alt. Jonas ist 14! Aber mit ihm werden Sie altersbedingt nur wenig zu tun haben. Er macht...sein eigens Ding wie er es gerne nennt."
Ich bin erstmal total baff und weiß nicht was ich dazu sagen soll, dass dieser Mann einen 14-jährigen Sohn hat. Wie ist das möglich? Er ist doch keinesfalls jünger als 35? Ob sein Sohn wohl die selbe Mutter hat wie die beiden Mädchen?
"Irritiert Sie mein Alter?", fragt er grinsend und reißt mich damit aus meinen Gedanken.
"Wie kommen Sie den darauf?"
"Die meisten reagieren irritiert wenn sie erfahren, dass ich einen 14-jährigen Sohn habe. Um ihre Neugierde zu befriedigen, ich war erst 17 als Jonas geboren wurde. Seine Mutter war 16."
Hm...dann wird die Mutter der beiden jüngeren Kinder wohl kaum dieselbe sein. Als ob jemand wie er mit seiner Jugendliebe zusammen bleiben würde. Ich überlege wie ich die Frage am besten formulieren kann.
"Leben alle 3 Kinder dauerhaft bei Ihnen?", frage ich nach langem hin und her überlegen schließlich.
"Ja. Ich lebe nicht in Scheidung, falls sie darauf abspielen. Meine Frau ist vor einigen Jahren gestorben. Seither bin ich alleinerziehend!"
Verdammt...er ist gut. Er hat sofort gemerkt worauf ich abspiele.
"Und wie ist es bei Ihnen?", fragt er schließlich.
"Und was hat das mit dem Stellenangebot zu tun?"
"Auch die Frage will ich Ihnen gerne beantworten. Ich suche jemanden der ungebunden ist. Kein Freund, kein Ehemann, keine sonstigen Verpflichtungen. Ich möchte das Sie als Kindermädchen bei mir und meinen Kindern einziehen."
Was? Davon stand nichts in der Stellenbeschreibung. Ich bin völlig perplex. Ist das vielleicht wegen Corona? Von wegen selber Haushalt, überlege ich.
"Wegen Corona?", frage ich.
"Nein, generell. Ich will offen mit Ihnen sein, Frau Claussen. Ich suche jemanden...nun ja... jemanden der alles tut was eine Ehefrau und Mutter tut."
Ich reiße erschrocken die Augen auf.
"Alles?", frage ich.
Er schaut mir tief in die Augen. Sein Blick ist so intensiv. "Ja, alles!", sagt er.
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Even more Shades-Eine "Fifty Shades of Grey" Fanfiction
FanfictionDie 23-jährige Studentin Lena versucht über die Runden zu kommen und ihr Studium zu finanzieren. Dann bekommt sie eine Anstellung bei dem mysteriösen CEO Marius, der ihre Welt vollends auf den Kopf stellen wird.