*Stockholm Syndrom 2*

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Chanwoo POV

Schreckliche Schmerzen rissen mich aus einem noch viel schrecklicheren Traum. Ich schrie voller Angst und richtete mich auf. Mein Traum war gefüllt von Dunkelheit, Hass und Brutalität. Ein Monster quälte mich und riss mir die Haut vom Leibe.
Noch nie hatte ich solch Angst empfunden. Es war als wäre es wirklich passiert.
Hastig schaute ich mich um. Mein Körper brannte. Alles schmerzte. Ich saß in einem weichen Bett und trug eine Art Nachthemd. Das Zimmer war leer und neben mir am Bett stand eine Maschine, an welcher eine, mit Flüssigkeit gefüllte Flasche baumelte. Von ihr ging ein dünner Schlauch aus, welcher mit einer Nadel in meinem Arm endete. Eine Infusion. Langsam kamen meine Erinnerungen zurück. Ich erinnerte mich an die schreckliche Realität. Yunhyeong hatte mich als sein Sklave gefangen, als sein Spielzeug. Am Ende meiner Kräfte war ich die Treppe hinunter gestürzt. Und nun? Es schien als wäre ich in einem Krankenhaus, aber andererseits konnte ich mir kaum vorstellen, dass Yunhyeong zulassen würde, mich in die Öffentlichkeit zu entlassen.
Wieder erinnerte ich mich an die letzten Wochen in seinen Händen. Ich kam mir so nutzlos, verbraucht und schmutzig vor. Yunhyeong hatte mich misshandelt und für seinen Spaß genutzt. Ich war nichts weiter als sein Zeitvertreib. Und dennoch...
Dennoch war er freundlicher zu mir geworden. Er hatte sich um mich gesorgt dir Tage vor meinem Unfall. Misshandelt wurde ich nicht mehr von ihm. Er sorgte sich um mich. Hastig schüttelte ich den Kopf bei diesen Gedanken. Vermutlich hatte er Angst davor, sein Spielzeug zu verlieren. Ich wurde schwach und das merkte er.
Yunhyeong war nichts weiter als ein Psychopath.
Wieder schaute ich mich in dem Zimmer um. Es sah wirklich so aus, als wäre ich in einem Krankenhaus. Ich war allein. Langsam setzte ich mich auf und spürte wie schwach ich doch war. Mein Körper war eine leblose Hülle ohne Muskeln und ohne Geist. Yunhyeongs Quälerei hatte mich dazu gemacht. Zu einem Schatten meiner selbst, aber dennoch fragte ich mich in diesem Moment wo er war. Hatte er mich tatsächlich gehen lassen? Hatte er mich ersetzt? Bei diesem Gedanke überkam mich eine Gänsehaut. Vermutlich hatte er mich ersetzt. Ich war kaputt, verletzt im Krankenhaus und konnte ihm nicht mehr von nutzen sein. Ziemlich sicher hatte er bereits ein neues Spielzeug und ich, ich war weggeworfen.
Wieder musste ich den Kopf schütteln. Wieso machte mich dieser Gedanke so nervös? Ich sollte doch froh sein, wenn er mich ersetzt hatte. Das hieß für mich, dass ich frei war, mein Leben wieder leben konnte.
Ohne Angst.
Aber dennoch verursachte es ein seltsames Gefühl in mir zu wissen, dass ich nicht wieder zu ihm zurückkehren würde.
Plötzlich ging die Tür auf und eine junge Schwester betrat mein Zimmer. Sie lächelte mir freudig zu und trat an mein Bett. "Sehr schön sie sind aufgewacht." Sagte sie ruhig und überprüfte meinen Venenzugang. Ich versuchte ihr Lächeln zu erwidern, aber es gelang mir nicht. Es war als wäre mein Gesicht gelähmt.
"Sie lagen sehr lang im Koma, Chanwoo. Es kann sein, dass es eine Weile dauert, bis ihr Körper sich vollständig regeneriert." Ich nickte verstehend und wollte herausfinden wie lang genau ich im Koma lag, aber es wollten keine Worte über meine Lippen kommen. "Drei Monate gehen nie Spurlos an einem vorbei." Fügte sie noch hinzu und ich schnappte geschockt nach Luft.
Drei Monate.
Drei Monate lag ich im Koma. In diesem drei Monaten hatte sich Yunhyeong bestimmt ein neues Spielzeug besorgt. "Ein Wagen wartet auf sie vor dem Krankenhaus um sie, nachdem der Arzt sie noch einmal untersucht hat, nach Hause zu bringen." Meinte sie freundlich ehe sie mein Zimmer verließ.
Seufzend ließ ich mich zurück in die Kissen fallen. Ein Wagen sollte mich nach Hause bringen, ich wusste was dies zu bedeuten hatte. Ich würde sicherlich nicht nach Hause zurück kommen. Soviel stand fest.

Die schwarze SUV hielt langsam vor dem großen Herrenhaus, der Fahrer wandte sich zu mir und meinte: "Willkommen zurück, Sir." Ich nickte ihm dankend entgegen und stieg aus dem Auto.
Mit zitternden Knien ging ich die weißen Marmorstufen nach oben und ich spürte wie die Angst mich zu überschwemmen drohte. Ich wollte nicht zurück in dieses Haus. Ich wollte nicht zurück in diese Hölle.
Wie konnte ich auch nur für eine Sekunde glauben, dass Yunhyeong mich gehen ließ? Wie konnte ich glauben, dass ich tatsächlich frei war?
Wenn er mich tatsächlich ersetzt hatte, dann war ich nur wieder hier, damit er mich umbringen konnte. Zeugenvernichtung.
Ich bertrat das Haus und schaute mich in der großen Eingangshalle um. Alles war ruhig. Langsam ging ich die breite Treppe nach oben, doch auch dort schien niemand zu sein. Das Haus war leer und auch Yunhyeong war nicht in der Nähe.
Ich betrat mein altes Zimmer und sein Geruch überkam mich. Es roch nach ihm, seinem Parfum und frischer Wäsche. Noch nie war mir sein Duft so bewusst wie in diesem Moment.
Es schien als hätte er sich oft in diesem Zimmer aufgehalten. Müde und ängstlich betrachtete ich das große Himmelbett. Es war gemacht und sah unberührt aus. Ohne groß darüber nachzudenken, ließ ich mich fallen und schloss die Augen.
Tief sog ich Yunhyeongs Duft in mir auf und ein kurzes Lächeln zuckte über meine Lippen. Wilde unverständliche Gefühle spielten sich in mir ab und so sehr ich es auch versuchte konnte ich sie mir nicht erklären. Ich hatte Angst. Angst vor dem was kam, Angst vor Yunhyeong und Angst vor meinem bevorstehenden Schicksal. Vermutlich würde er mich umbringen, aber im Moment war ich einfach nur zufrieden in diesem Bett zu liegen, umhüllt von seinem Duft.

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