Das Portal von Varjomaailma

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Einige Tage nach dem Mord, finden sich die Brüder zusammen, um zum großen Turm von Urm zu reisen. Sie reiten gemeinsam gen Osten. Sie reiten weit entfernt um das Schattengebirge, entlang des Pfades des Hephaistos gen Süden. Der riesige Turm erblicken sie weit vorher. Das schwarze Gebilde überragt selbst die höchsten Berge von Ikares. Nur der Berg des Lebens ist höher als er. Urm, die Festung, der Turm der alles überblickt, ist von den größten Zauberern besiedelt. Denn nicht nur die Menschen sollten das Geschenk der Magie entdecken, sondern auch die geliebten kleinen Zwerge. Ihr Anführer ist Magos. Er ist ihr mächtigster Anhänger und gilt als Meister. Seine weißen Augen sind zwar blind, doch sieht er alles. Er steht immer am höchsten Punkt des Turmes und blickt über die Welt. "Mal sehen, was der Wächter sieht.", sagt Ravnarr, als diese den Turm betreten. Der Wächter, so nennen sie Magos. Von den Evatoren auserkoren, über Ikares zu wachen und es zu schützen. Treppen, gehen sie nicht. Nein, kleine Portale bringen sie dorthin, wo sie hin wollen. So treten sie in eines dieser. Ihr Körper fühlt sich schwerelos an, dann ein kräftiges Ziehen und sie stehen auf dem Turm. Magos, stets in weißem Gewand mit schimmernder Rüstung aus Silber, steht er und blickt in die Ferne. Die Brüder verneigen sich und ohne, dass Magos sie anschaut, sagt er: "Erhebt euch, Prinzen. Ich habe euch vor vielen Monden noch in Fohr gesehen und nun seit ihr hier. Euer Vetter ist gestorben und dies bedaure ich. Doch wer ihn getötet hat, dies konnte ich nicht sehen. Also sprecht. Was bekümmert euch, dass ihr mich aufsucht und meine sehenden Augen beansprucht." Sie alle erheben sich und Ravnarr beginnt zu sprechen: "Ihr, Wächter, Ihr sagtet, dass Ihr nicht gesehen habt, wer oder was unseren Vetter getötet hat, doch fragten wir nicht einmal danach. Und ebenso spricht ganz Ikares vom Wächter, der alles überblickt und sieht. Wie kann es dann sein, dass Ihr solch ein Ereignis nicht gesehen habt?", spricht er abfällig und spuckt erzürnt auf den Boden. Thoras zieht seinen Burder hinter sich: "Entschuldigt meinen Bruder, Wächter, doch seine Frage und seine Skepsis ist nicht unangebracht. Ich finde diese Frage sogar berechtigt. Also; was ist Eure Ausrede, dass Ihr dies nicht sehen konntet?" Der Wächter dreht sich zu ihnen und es scheint so, als würd er zu ihnen schauen. "Euer Bruder, Thoras der Zweite, stellt eine wichtige Frage. Und diese kann ich mir selbst nicht beantworten.", sagt er, "Meine Sicht war in jener Nacht vernebelt. Was ich sah, dass war, wie euer Vetter fiel. Ich sah Blut und hörte einen Schnitt, doch ich konnte keinen Mörder sehen. Nur Schatten, die die Wände hinaufkletterten und sie den Prinzen abstachen. Und ich sah das Schimmern von Metall und hörte das Klirren von Eisen." Tarek lief es kalt den Rücken hinunter. Er sah alles vor sich: Das Blut spritzen, die Schatten, die seinen Vetter verschlingen und das vom Monde schimmernde Metall. "Etwas hat Eure Sicht vernebelt. Wir wollen zum Portal von Varjomaailma. Dürfen wir zu ihm?", fragt Thoras. "Das Portal ist gefährlich. Doch gewiss gewähre ich euch, dass ihr dieses absucht. Wenn mein Blick es nicht hat kommen sehen, dann seht ihr es vielleicht. Doch seit gewarnt: Das Portal ist heimtückisch und wird eure Versuchung prüfen. Tretet nicht ein. Niemals! Denn sonst kann Zeus selbst euch nicht retten." "Wir nehmen Eure Warnung ernst, Wächter. Habt Dank.", spricht Floki abschließend und sie alle gehen durch das Portal in die unterste Ebene, um aus Urm zu gelangen. Sie gehen einen Pfad gen Norden und ein Stück durch den Wald von Egas. Die hohen Eichen und Birken um sie lassen ihre Blätter durch den Wind tragen und die letzten Blumen sprießen aus dem Boden. "Es ist sichtlich Herbst. Artemis und ihre Kinder bereiten sich auf den Schlaf vor.", sagt Floki und blickt in den grauen Himmel. "Herbst? Schon wieder? Die Zeit rennt viel zu schnell.", jammert Thoras. "Jammer nicht, Bruder. Du bist ein Rotbart. Du hast noch nicht einmal ein Viertel deines Lebens hinter dir.", muntert Torstein ihn auf. "Wahrlich, Torstein, wahrlich. Gewiss weiß ich dies, doch ich bin bereits 204 Jahre lang auf Erden. Ein Mensch wäre längst tot. Und wir, wir scheinen ewig zu leben." "Ist das nicht ein Geschenk?", fragt Tarek. "Es sollte eines sein, doch manchmal frage ich mich, ob ich nicht nur halb so alt hätte werden sollen, um das Leben wertzuschätzen. Das Leben ist ein schönes, wie grausames Geschenk. Merk dir dies, Tarek." Tarek rollt die Augen und hält plötzlich inne. Seine Brüder bemerken dies und bleiben ebenfalls stehen. "Was?", fragt Ravnarr genervt, doch Tarek zeigt er mit seinem Zeigefinger auf den Mund. Das Heulen von Wölfen ertönt in der Nähe. Knurren. "Werwölfe.", flüstert Floki zu seinen Brüdern. "Doch es ist nicht Winter. Wie kann das sein?", fragt Torstein. "Das weiß ich nicht, aber es bedeutet gewiss nichts gutes." Erneut ein Knurren. Die Zwerge ziehen ihre Waffen und stellen sich in einer Kreisform auf. Sie ducken sich alle, um nicht sofort gesehen zu werden. Donnergrollen. In wenigen Augenblicken schüttet es wie aus Eimern und ein Gewitter zieht auf. Heulen von Wölfen, dieses Mal noch näher. In den Büschen raschelt es und das kräftige Knurren der Bestien ertönt. Sie hören bloß, wie es näher kommt. Dann springen drei riesige Wölfe aus den Gebüsch. Sie reißen Ravnarr aus dem Kreis und werfen Tarek zu Boden. Thoras und Torstein treten zwei der Beiden weg und Floki sticht den dritten reflexartig in den Rücken. Die muskulösen, haarigen, gewaltigen Vierbeiner richten sich auf, wie ein Bär, und greifen die Brüder an. Thoras hält einen von sich, mit seinem hölzernen Schild und Torstein schlägt seine Äxte auf den anderen ein. Floki hilft Tarek auf und wird dann selbst vom dritten umgestoßen. Dieser taumelt bereits, doch greift es Tarek an, doch er ist diesmal vorbereitet und spaltet dessen Kopf mit seinem Schwert. "RAVNARR! ZIEH DIESES VIEH VON MIR!!!", ruft Thoras seinem Bruder zu. Ravnarr schüttelt sich kurz und springt dann den Werwolf an. Sie rollen ein paar Meter, doch Ravnarr hält nicht inne und springt auf es herauf. Er würgt den Werwolf mit bloßen Händen und bricht ihm das Genick. Thoras atmet tief durch und schaut erstaunt zu Ravnarr, von dem das Knacken des Genicks zu hören ist. Der Werwolf zuckt und winselt noch kurz, bis er endgültig verstirbt. Ihr schwarzes, flauschiges Fell ist voller Blut. Die Waffen der Zwerge sind von Blut getränkt und tropfen zu Boden. Ravnarr steigt vom Tier ab und schaut seine Hände an. Er ist verwundert von seiner Kraft und kann es nicht glauben. Ungläubig blickt er zu Thoras, der ebenso diesen anschaut. "Die Bestie von einer Bestie erlegt! HA! Das ist eine Geschichte, die ich Vater erzählen muss.", lacht Torstein und beginnt den Werwölfen das Fell abzuziehen. Auch Ravnarr und Floki tun dies und freuen sich über ihre Errungenschaft.

Das Portal funkelt und strahlt grell auf. Durch es springen Schatten und betreten Ikares. Dämonen und Schattenwesen haben es durchquert. Sie schauen sich um, ehe sie verschwinden. Die Zwerge kommen durch das Gestrüpp hindurch und schauen den steinernen Bogen an. Ein lila Strudel scheint in diesem zu sein und aus ihm rufen Stimmen nach ihnen. Frauen, Männer und Kinder. Sie alle schreien leise und flüstern Worte in der Schattensprache. "Keremus Skumbra (Komm in die Schatten).", flüstern sie zu ihnen. Mal zierlich, mal kräftig. Floki staunt und nähert sich dem Portal. "Floki.", sagt Thoras warnend, doch Floki gibt Entwarnung: "Keine Angst, Thoras. Ich bestaune bloß dieses magische Wunder." Er schaut von unten nach oben und atmet laut aus. Er streicht den Bogen und in seinen Augen spiegelt sich das Portal wider. "Keremus Floki (Komm Floki).", flüstern sie ihm zu, doch er lässt sich nicht locken. Ruckartig entfernt er sich wieder vom Portal und schaut zu seinen Brüdern. "Es...es ist faszinierend. Ein Wunder!", ruft er auf. "Was hörst du?" "Sie rufen nach mir. Die Stimmen.", spricht er ruhig. "Sie scheinen einen hineinzuziehen, doch...gelinkt es ihnen nicht. Sie...es ist heimtückisch. Wir sollten achtsam sein." Ravnarr wirkt unsicher, was seine Brüder wundert. Sonst ist er selbstsicher und sich allem bewusst, doch dies scheint ihn zu verunsichern. Thoras ist neugierig und er nähert sich ebenfalls dem Portal. Je näher er kommt, desto schwerer wird es für ihn, zu gehen. Seine beinen scheinen auf Wiederstand zu treffen und irgendetwas will ihn davon abhalten, dem Portal zu nahe zu kommen, doch der Zwerg kämpft sich bis zum Bogen. Als er den Bogen jedoch berührt, da wird er weggestoßen und fliegt in seine Brüder hinein. "Was war das?!" "Es wollte mich nicht an sich lassen. Es hat versucht mich abzuwehren." "Interessant.", merkt Floki an. "Das Portal scheint einen Willen zu haben. Es entscheidet wohl, wen es anspricht und an sich heranlässt. Und dabei dachte ich immer, es sei bloß eine Scheibe, durch die du durchgehst." Die Brüder stehen wieder auf und versuchen einzeln sich dem Portal zu nähern. Alle kommen an das Portal heran, bloß Thoras nicht. "Es mag dich nicht, Thoras.", lacht Tarek. "HA, Ha!", macht Thoras genervt. "Warum so genervt, Bruder? Nur weil Frauen und Portale nicht gerade auf dich stehen.", witzelt Torstein und die anderen brechen in Gelächter aus. Thoras wirft ihnen finstere Blicke zu und sofort verstummen sie alle wieder. "Statt dieses Mistportal zu bestaunen, solltet ihr lieber mal nach Hinweisen suchen!", schnauzt er sie an. "Na gut, na gut.", sagt Ravnarr und beginnt das Gebiet abzusuchen. Alle beginnen damit, außer Floki, der nachdenkend vor dem Portal steht. Thoras bemerkt dies recht spät und ruft nach seinem Bruder, doch dieser reagiert nicht, sondern scheint ihn zu ignorieren. Thoras wird zorniger und zorniger. Er dreht ab. Er geht rasch auf Floki zu, doch tritt er dabei auf etwas, was ein dumpfes Geräusch von sich gibt. Er bleibt stehen, geht zwei Schritte zurück und dreht sich um. Er guckt den Boden ab und sucht nach dem, worauf er eben getreten hatte. Er ist sicher, dass er auf Metall getreten war. Er gräbt mit den Händen in der Erde und stoßt dabei auf eine Schulterplatte. Sie ist dunkelgräulich und schimmert leicht. "Ich habe etwas!", ruft er und alle kommen zu ihm. "Eine Schulterplatte?", fragt Torstein und rollt die Augen. "Ja. Aus einem Material, welches ich lang nicht gesehen habe. Es beweist alles. Doch leider beweist es gewiss nichts Gutes." Thoras Begeisterung wird zu Sorge. Er schaut sich um und sieht, dass Floki nicht um ihn steht. "Floki? Floki!", ruft er und drängt sich durch seine Brüder. Er schaut zum Portal und sieht, dass Floki verschwunden ist.

Ikares: Das Land der ZwergeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt