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Langsam senkt sich die Dunkelheit über das Licht. Der Tag stirbt ein weiteres Mal und lässt der Welt, die Nacht mit seinen undurchdringlichen Schatten zurück. Es erinnert mich an die vielen Träume, die von dir handeln durften. Sie alle spielten in der Dämmerung, in der kurzen Zeit, in der das Licht und die Dunkelheit, der Tag und die Nacht sich begegnen. Die kurze Zeit, in der beides gleichzeitig existieren kann, in der es eine Welt voller Hoffnung und Schmerz, Glück und Trauer, Hell und dunkel, gut und böse, Schatten und Licht geben kann, ohne, dass das eine gut und das andere schlecht wäre. Ohne, dass das eine als falsch angesehen wird über das lieber nicht gesprochen werfen sollte. Immer wird nur davon geredet wie schön diese Welt sei, doch eine Münze hat immer zwei Seiten, die die betrachtet wird und die, die deshalb im Schatten bleibt. Denn was nicht gesehen wird, existiert in den Köpfen der Menschen auch nicht. Wieso sollte es auch? Es ist doch viel angenehmer nur die schöne Seite der Münze zu betrachten. Warum sollte man sie umdrehen, wenn die Möglichkeit bestände, dass die andere Seite einem sowieso nicht gefallen würde? Doch in dieser kurzen Zeit, fühlt es sich so an, als wäre alles möglich, als würden die Menschen doch mal einen kurzen Blick auf die andere Seite erhaschen, die eben nicht einfach verschwindet, nur wenn man sie nicht sieht. Doch diese Zeit ist viel zu kurz, denn eine Seite gewinnt immer die Oberhand. Abends die Dunkelheit, morgens das Licht. Tagein, Tagaus. Seit 4,6 Milliarden Jahren spielen sie ihr Spiel dort oben. Und dennoch verschließen die Menschen ihre Augen vor dem, was nicht in ihr Weltbild passt. Bis sie eines morgens aufwachen und merken, dass es zu spät ist. Das böse lauert überall und wenn man mal kurz nicht hinguckt, ist es schon zu spät und das eigene Leben vielleicht sogar für immer zerstört. Dann würde man sich wünschen, die Augen schon früher geöffnet zu haben. Vielleicht hätte es dann verhindert werden können. Diese Welt ist verdorben, die Menschen haben sie dazu gemacht. Menschen sind Sünder. Ihre Existenz allein ist Sünde. Egal wie viel man hat, es ist nie genug, wird nie genug sein und kann es auch gar nicht. Denn wir wollen immer mehr. Und immer das was wir nicht haben können.

Genau wie ich, ich will nur dich Emilia. Niemand anders soll dich haben.

Die Minuten auf meine Uhr verstreichen viel zu langsam und ich fühle mich noch immer nicht, wie ich selbst. Als würde ich gar nicht mehr ich sein, sondern eine andere Person, die alles von außen beobachtet. Ich fühle mich noch immer so unfassbar leer, während ich seit Stunden nichts anderes tue, als mein Blick von der Tür zu meinem Handy und wieder zurück zu lenken.

Tür. Handy. Tür. Handy. Tür. Handy. Tür. Handy. Tür. Handy. Tür. Handy.

Mein Nacken muss inzwischen schon steif sein und weh tun und ich spüre ein leichtes Übelkeitsgefühl, vom ständige hin und her, doch es geht wie alle anderen Gefühle und Regungen irgendwo unter. Und selbst wenn ich damit aufhören wollen würde, wäre ich nicht in der Lage dazu. Ich hab keine Kontrolle mehr über meinen Körper. Ich sitze bloß auf dem Beifahrersitz und beobachte mich selbst, wie ich apathisch hoch und runter, hoch und runter, hoch und runter gucke. Mein Körper hat sich verselbstständig. Ich höre einfach auf meinen Instinkt. Meine Wahrnehmung für dich. Für dich könnte ich bis in alle Ewigkeit warten, bis du deinen Gast herausschmeißt und ihn zu Tür bringst. Doch es zerfrisst mich weiterhin zu wissen, zu sehen wie er bei dir ist. Deine Eltern scheinen nicht da zu sein. Ihr Auto stand nicht vor der Einfahrt. wahrscheinlich sollen sie von diesem Freund genauso wenig wissen, wie von mir. Wie viel wissen deine Eltern wohl über dich, wenn du soviel von ihnen Geheim zu halten scheinst. Wie viel weiß ich überhaupt von dir? Bist du überhaupt die Person für die ich dich halte?

Nein, so will ich nicht denken. Auch wenn du aussiehst und dich verhältst wie ein Engel, bist du doch trotzdem nur ein kleiner, verletzlicher, schwacher Mensch. Menschen machen nun mal Fehler und haben Geheimnisse. Es ist in Ordnung. Ich werde dich immer lieben, egal was passiert. Du bist mein ganzes Leben, Emilia.

Liebe mich!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt