Kapitel 3

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Lily´s P.O.V.

Als ich die Eingangshalle erblickte, wurde mir augenblicklich warm ums Herz. Ich verband so viele wunderbare Erinnerungen mit diesem Haus und dass, obwohl ich gerade mal ein wenig mehr, als ein Jahr hier gelebt hatte. Ich wollte einen Schritt hinein machen, doch James´ Hand, die noch immer mit meiner verschlungen war, hielt mich zurück. Als ich ihn ansah, trat ein trauriges Lächeln auf mein Gesicht und hinter meinen Augen begann es verräterisch zu brennen.
Er stand dort, wie zur Salzsäule erstarrt und blickte in die Halle vor uns. Sein Blick wirkte emotionslos, doch gleichzeitig schimmerten seine Augen und ich konnte eine winzige Träne in seinem Augenwinkel erkennen.
Eine Sache, die ich an ihm sehr schätze, war, dass er nicht versuchte seine Gefühle vor mir zu verstecken. Es zeigte mir, wie sehr er mich liebte und ich war unglaublich dankbar dafür, dass er nicht einer dieser arroganten Gockel war, die der Meinung waren, dass ein echter Mann nicht weinen durfte.
Eigentlich war es doch genau andersherum. Ein echter Mann, ein echter Mensch, hatte nun mal Gefühle und in meinen Augen war es eher eine Stärke, als eine Schwäche, diese zu zeigen.
Vorsichtig bewegte ich mich auf James zu. Während ich mit meinem Daumen sanft die Tränen von seiner Wange wischte, küsste ich ihn. Es war kein gewöhnlicher Kuss, nicht nur ein Schmatzer, wie zur Begrüßung oder vor dem schlafen gehen, viel mehr war es eine Bekundung meiner Liebe, ein Zeichen, dass ich für ihn da sein würde und dass es in Ordnung war zu trauern.
Kurz nachdem James´ Eltern gestorben waren, hatte ich mich starke Sorgen um ihn gemacht. Anstatt viel zu trauern, hatte er versucht stark zu sein. Er hatte sich um alles, was es zu klären gegeben hatte, gekümmert, obwohl all das hätte warten können. Er hatte   sich in seine Arbeit gestürzt und beinahe krampfhaft versucht unsere Tage so normal, wie möglich zu gestalten. In dieser Zeit war er nicht der James gewesen, den ich gekannt hatte und der nun mein Mann und der Vater meiner Kinder war.
Auch Sirius hatte ihn nicht zurückholen, viel zu sehr war er selbst in seiner Trauer versunken.
„Dan...Danke!“, flüsterte James und drückte meine Hand. Der Anschein eines Lächelns zierte seine Lippen. „Es…“, sagte er, „Es tut mir leid. Ich hätte nicht gedacht, dass… ich dachte, ich sei darüber hinweg.“
„James!“, meine Stimme klang leicht vorwurfsvoll, „Es ist okay! Nimm dir die Zeit, die du brauchst! Trauere um sie!“
Er nickte, doch ich war mir nicht ganz sicher, ob er es auch wirklich so meinte.
„Lass uns rein gehen!“, schlug er vor und wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht um die restlichen Tränenspuren verschwinden zu lassen.

Den ganzen Nachmittag über liefen wir von Raum zu Raum. Anfangs hatten wir uns nur einen Überblick über den Zustand des Hauses gemacht, doch dann hatten wir begonnen zu überlegen, wessen Zimmer wo sein sollte, was wir alles brauchen würden und wie lange  es wohl dauern würde, bis das Haus bereit für unseren Einzug war.
Anfangs war James noch sehr verhalten gewesen, doch mit der Zeit war seine gute Laune zurückgekehrt und nun sprang er regelrecht durch die Gegend und schlug mir die verschiedensten Ideen vor, die ihm in den Kopf kamen.
Schon komisch, wie er jetzt so begeistert vom Einrichten und Möbeliren schien, wo er es doch so nervig und anstrengend gefunden hatte, als wir unser kleines Häuschen in Godrics Hollow bezogen hatten.
„Hey, Lils!“, rief er, als er gerade dabei war sein altes Zimmer zu inspizieren, „Ich möchte, dass Harry dieses Zimmer bekommt!“ In seinen Augen lag ein Funkeln, das verriet wie viele schöne Erinnerungen er an diesen Raum band. „Mir gefällt die Idee!“, versicherte ich ihm, „Er ist ja jetzt schon wie eine Miniaturausgabe von dir.“ James lachte und ich meinte darin so etwas wie Triumph zu hören.
„Was hältst du davon, wenn wir für heute Schluss machen?“, schlug ich vor, „Die Kinder und gerade Mia vermissen uns wahrscheinlich schon und in meinem Kopf wimmelt es nur so vor Ideen!“
„Okay!“, James nickte, doch ich sah, dass er insgeheim noch länger bleiben wollte. „Wir können ja bald wiederkommen!“, versuchte ich ihn aufzumuntern.
„Ja, du hast ja recht.“, sagte James, „Es ist nur… Es war so schön endlich wieder hier zu sein!“
Rasch umarmte ich ihn und verflocht dann unsere Hände um ihn hinter mir herziehen zu können. Noch einmal liefen wir quer durch das riesige Haus, traten dann durch die Eingangstür zurück ins freie und verriegelten die Tür hinter uns. Mit einem letzten Blick auf das Anwesen disapparierten wir und tauchten den Bruchteil einer Sekunde vor der Wohnung von Sirius und Marlene auf.
James wollte gerade klopfen, hielt dann aber inne, um an der Tür zu lauschen. „Da scheint aber wer Spaß zu haben!“, sagte er lachend und klopfte dann. Es dauerte ein paar Sekunden, doch dann öffnete Marlene die Tür. Mia lag in ihren Armen und schien zu schlafen. „Na, wie war euer kinderfreier Nachmittag? Ihr hättet euch ruhig noch etwas Zeit nehmen können!“, sie zwinkerte, „Sirius und Harry amüsieren sich prächtig!“
„Marlene!“, wenn meine Tochter nicht friedlich in ihren Armen schlummern würde, hätte ich ihr gegen den Arm gehauen, „Es war nicht SO ein freier Nachmittag! Wir hatten etwas zu tun!“
Wir hatten unseren Freunden bisher nichts von unseren Plänen im Potter Manor einzuziehen, erzählt. Irgendwie fühlte es sich besser an es erst mal für sich zu behalten. Sie würden es schon noch früh genug erfahren, schließlich würden sie häufiger auf die Kinder aufpassen müssen, damit wir es schafften alles auf Vordermann zu bringen.
Es war einer dieser Momente, in denen mir schmerzlich bewusst wurde, dass unsere Kinder ohne Großeltern aufwachsen würden. Bevor ich nach Hogwarts gekommen war, hatte ich meine Großeltern häufig besucht. Ich hatte die Zeit mit ihnen stets genossen und  konnte mir eine Kindheit ohne sie gar nicht vorstellen.
„Naja, wie auch immer.“, sagte Marlene, „Kommt doch erst mal rein, ich habe für uns alle gebacken.“
Mein Bestürzen war mir wohl ziemlich deutlich anzusehen, denn sie lachte und sagte: „Was nur ein Scherz, du hast das doch nicht wirklich geglaubt, oder?“
„Doch, irgendwie schon.“, erwiderte ich mit einem erleichterten Grinsen. Marlene war einer dieser Menschen, die sich von der Küche fernhalten sollten, soweit es ging. Sie konnte einige einfache Gerichte kochen, doch backen lassen sollte man sie wirklich nicht!

Wir betraten das Wohnzimmer, in dem Harry gerade dabei war Sirius mit einem Kissen zu schlagen. Wobei anzustupsen vielleicht besser passte. Das Kissen war fast so groß, wie er selbst und probt landete er auf dem Po. Lachend drehte er sich um und rief: „Mummy, Sirus Kisseschlat!“ Mit einem Lächeln ging ich vor ihm in die Hocke und schloss ihn in meine Arme. „Ich hab dich vermisst mein Süßer!“, flüsterte ich in sein Ohr und er lachte vergnügt.

Harry Potter - A Life Without Voldemort✍Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt