2. Innerer Frieden?!

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2. Innerer Frieden?!

Ich strich meine Kleider glatt und entfernte mich zügig von der einsamen Gasse, in die ich mein Opfer geführt hatte, ohne auch nur einen winzigen Beweis für das Geschehnis gerade eben zu hinterlassen.

Geräuschlos lief ich durch die dunklen und fast menschenleeren Straßen. Hier und da sah ich noch einigen Leute die diese schöne Frühlingsnacht genossen. Wobei die meisten von ihnen wahrscheinlich dies, durch den erhöhten Alkohol in ihrem Blut, kaum wahrnahmen.

Ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen schlenderte ich weiter.
Ich wusste nicht einmal in welcher Stadt ich mich genau befand, es war mir auch relativ egal. Vermutlich irgendwo auf einer der größeren asiatischen Inselgruppe, vielleicht die Philippinen oder auch an der Küste von Malaysia. Ich wusste nur, dass ich den Pazifischen Ozean hatte überqueren müssen.

Einerseits tat es sehr gut, so ganz alleine auf offener See zu schwimmen. Zu Fliegen oder mit dem Schiff zu verreisen war für mich viel zu langweilig und zeitraubend. Auch wenn mir nichts passieren konnte, so hatte es doch einen, wenn auch winzigen, Reiz auf mich, die Grenzen meiner Unsterblichkeit auszuschöpfen.

Aber die entstehende Ruhe lies auch schnell Gedanken zu, die ich normaler Weise zu verdrängen versuchte.

Ich spürte die wenigen Blicke, die misstrauisch in der Dunkelheit umherwanderten, auf mir. Hinter meinem Rücken, von der anderen Straßenseite aus. Überall zog ich die Aufmerksamkeit auf mich.

Zwei junge Frauen verließen gerade eine Bar. Sie blickten sich kurz um und wollten über die Straße laufen. Doch als sie mich entdeckten, blieben sie erstaunt stehen und musterten mich.

Das etwas jünger wirkende Mädchen senkte sofort ihren Blick und wurde rot, da ich sie beim Starren ertappt hatte. Sie trug ein knappes, hellblaues Kleid mit einem gelben Blumenmustern. Der breite und tiefe Ausschnitt legte ihre Schultern und den Hals frei. Ihr schwarzes, glattes, langes Haar wurde vom Wind um ihr zartes Gesicht mit großen dunklen Augen verweht.

Die Andere wirkte um einiges reifer und mutiger. Sie trug ein sehr reizvolles Outfit, bestehend aus einem eng anliegenden beigen Top mit weitem Ausschnitt und einer extrem kurzen schwarzen Lederhotpants. Dazu farblich passende hohe Stiefel. Sie hatte schulterlange honigfarbene Haare welche ihr leicht kantiges Gesicht in sanften Wellen umrahmten. Nach einigen Sekunden wandelte sich ihr überraschter Blick und ich konnte ein glitzern in ihre schmalen dunklen Augen sehen.

Sie richtete sich auf, streckte dabei ihre vollen Brüste unter ihrem Top heraus, und lächelte mich verführerisch an.

Sie würde mich ansprechen, dessen war ich mir sicher. Ich hätte kein Wort zu sagen gebraucht und sie wären beide mit mir mit gekommen - egal wo ich sie hin gebracht hätte.

Doch ich hatte ausnahmsweise keine Lust die Nacht mit diesen zwei Damen zu verbringen, trotz ihres sehr ansprechenden Aussehens. Ich wollte mich von dem heutigen Tag erholen und morgen wieder auf den Weg machen. Auch wenn ich natürlich keine körperliche Pause benötigte, so wollte ich mich irgendwo zurückziehen und nachdenken. Ein Teil in mir wollte mich davon abhalten, die Gedanken verhindern doch noch kam dieser Teil nicht gegen den Rest an.

Bei dem Gedanken daran, schon bald nach meinem nächsten Opfer zu suchen, begann das Amulett in meiner Taschen vor Vorfreude leicht zu vibrieren und ich konnte tief in mir ein unersättliches Verlangen spüren.

Es bekam nie genug.

Also lief ich stur nach vorne blickend, doch innerlich grinsend, an den verdatterten Mädchen vorbei. Sie hatten vermutet, dass ich auf ihr Werben eingehen würde und waren nun geschockt und empört darüber, dass ich ihre Schönheit nicht zu würdigen schien.

Ich hörte sie leise hinter mir flüstern. Die ältere hatte einige Schritte in meine Richtung gemacht. Anscheinend wollte sie mir folgen und versuchte jetzt ihre Freundin zu überreden. Mit beschleunigten Schritten schaffte ich es jedoch nach kurzer Zeit aus ihrem Sichtfeld.

In einiger Entfernung konnte ich den Eingang zu einem kleinen Stadtpark sehen, welches gerade von einem händchenhaltenden jungen Paar verlassen wurde. Ich wollte ihren Frieden nicht zerstören und Grund für einen Streit oder Ähnlichem sein. Denn dazu konnte es immer wieder leicht kommen, wenn mir von den Frauen in Anwesenheit von ihren Partnern hinterher geschmachtet wurde.

Ich bog, bevor ich in das Sichtfeld des Pärchens kam, an der nächsten Kreuzung in eine kleine Seitenstraße ein.
 Hier war niemand zu sehen. Nach ein Paar Schritten hatte ich mich vergewissert, dass mich keiner beobachtete.

Die Straße war nicht so hell beleuchtet, da hier deutlich weniger Straßenlaternen standen und sogar einige von diesen nicht einmal leuchteten. Doch für meine Augen stellte die Dunkelheit kein Problem dar, so dass ich weiterhin alles gestochen scharf sehen konnte. Also sprang ich leichtfüßig und ohne ein Geräusch zu verursachen auf das Dach des nächsten Hauses.

Für Menschen unsichtbar hüpfte ich auf den Dächern durch die Nacht, bis ich einen bequemes Plätzchen gefunden hatte. Das Gebäude war relativ hoch für die Häuser in der Gegend. Von hieraus konnte ich den hell leuchtenden Mond beobachten, der in seiner vollen Größe am Himmel hing und wurde gleichzeitig von niemandem gesehen.

Stöhnend lies ich mich nieder und mein Blick wanderte durch die Dunkelheit. Ich genoss die Stille und den frischen Wind, der meine Gedanken klärte.

Das Bild von dem glücklichen und so vertrauten Pärchens lies mich nicht los. Die Tatsache, dass ich dieses Glück hätte zerstören können, wenn ich ihnen begegnet wäre, machte mich wütend. Jede Minute, die ich unter den Menschen verbrachte, konnte ich für eine Trennung, Streit und Trauer verantwortlich sein – wenn nicht sogar schlimmeres.

Auch bei meinen Opfern war es immer das Selbe. Diese Mädchen hatten Wünsche, Träume und eine Zukunft. Hatte ich ein Recht ihnen das zu nehmen? Nur weil eine höhere Macht es so wollte?

So viele Fragen schwirrten immer wieder in meinem Kopf herum und ich bekam keine einzige Antwort. Mein Kopf fühlte sich so schwer. Seit wann war ich so menschlich? So wie in letzter Zeit hatte ich mich noch nie gefühlt.

Der einzige Ausweg, wenn auch nur für kurze Zeit, der mir in solchen Situationen blieb war eine Reise in die kata'raht, auch bekannt als Schicht der Erlösten. Sie war eine der sechs Schichten des Seins, die kata'yasha. Mir stand es eigentlich jeder Zeit frei zwischen dieser und der kata'lue, also die Schicht der Kurzlebigen, zu wandern.

Die kata'raht hatte den Vorteil, dass man alles wie in Watte gewickelt wahrnahm. Man vergaß zwar nichts, jedoch hatte man nie das Gefühl irgendwelche Probleme zu haben. Man könnte meinen, es gäbe nichts schlechtes dort.

An sich, wie für mich gemacht.

Wenn da nicht die Tatsache gewesen wäre, dass man nur als Seele dort hin wandern konnte. Und ich besaß nun mal, zu meinem Leidwesen, eine Art Körper hier von dem ich mich zum Wechseln der Schicht trennen musste. Es stellte für mich zwar keine Schwierigkeiten dar, jedoch entwickelte sich auf Dauer ein Gefühl des Unwohlseins, so dass ich mich dort nie längere Zeit aufhalten konnte.

Doch es war wiedermal Zeit für eine kleine „Auszeit“.

Nein, ich hatte mir vielleicht nichts von meinem Leben ausgesucht aber ich wusste, dass es so nicht lange weiter gehen konnte. Am Ende würde ich noch an diesem innerlichen Konflikt krepieren.

Mit leichter Vorfreude auf Ruhe stieg ich mit meiner Seele aus meinem Körper.

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