𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟏

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"Sieh dir das an, Ian."
Staunend blickte ich aus dem kleinen Fenster neben mir. Unter uns erstreckten sich kilometerlange Inselgruppen. Ich kann es kaum erwarten, eine dieser Inseln für die nächsten zehn Tage mein Zuhause nennen zu dürfen.
"Es ist wirklich wunderschön," grinste mein Verlobter neben mir.
"Hast du eine Idee, auf welcher Insel wir wohnen werden?" fragte ich ihn und deutete erneut zum Fenster.
"Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Mir wäre jede Insel recht, solange ich jeden Tag einen Cocktail am Strand trinken kann."
Schmunzelnd blickte ich zu Ian, obwohl ich wusste, wie ernst er das gerade meinte.
"Da hast du auch wieder recht," stimmte ich zu und blieb den Rest des Fluges still.

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"Ladies and Gentlemen, please put on your seatbelts. We will arrive soon."

Jetzt geht es also los. Zehn Tage entspannen, Cocktails trinken und im klaren Ozean schwimmen. Mein Traum, seit ich zwölf Jahre alt bin, wird endlich wahr. Und das Beste daran: Ian ist an meiner Seite. Der Mann, der seit der Highschool immer für mich da war und mit dem ich mir ein Leben aufgebaut habe. Zwar hatte der Stress in den letzten Monaten viel Spannung in unsere Beziehung gebracht, aber ich glaube, das wird sich wieder legen. Was können zehn Tage im Paradies nicht wieder hinbiegen?

Einige Minuten später setzte der Pilot zum Landeanflug an. Als das Flugzeug immer heftiger zu ruckeln begann, verkrampften sich meine Hände leicht um die Armlehnen links und rechts von mir. Obwohl es nicht mein erster Flug war, hatte ich immer schon Angst vor großen Höhen.
"Hey, sieh einfach nur mich an, okay?"
Dankbar blickte ich zu Ian auf. Er hatte wohl gemerkt, wie unwohl ich mich fühlte. Ian war zwar nicht der beste darin, seine Gefühle zu zeigen, aber sich um jemanden zu kümmern, der ihm wichtig war, das konnte er wirklich gut. In diesem Punkt ähnelten wir uns sehr; uns um den anderen zu kümmern fiel uns nicht schwer. Seit wir nach New York gezogen waren, hatte sich jedoch vieles geändert. Sowohl Ian als auch ich waren immer mehr in Arbeit versunken. Anfangs hatten wir große Probleme, die Miete zu bezahlen. Jetzt war es zwar das Gegenteil, aber unsere Beziehung litt darunter. Ich hoffe, dass wir auf den Inseln wieder mehr Zeit miteinander verbringen können. Endlich nur entspannen und keine nervigen Business-Anrufe während des gemeinsamen Abendessens.
"Ich freue mich wirklich auf die nächsten Tage mit dir."
"Ich mich auch, Schatz," erwiderte Ian und legte sein Kinn leicht auf meinen Kopf.
"Ich mich auch," wiederholte er flüsternd und hauchte mir einen Kuss auf den Scheitel.

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Als das Flugzeug endlich gelandet war und ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, konnte ich mir ein erleichtertes Ausatmen nicht verkneifen. Lange hielt meine kleine Verschnaufpause jedoch nicht an, als ich zum ersten Mal meinen Blick über die Insel schweifen ließ. Der Blick aus dem Flugzeug war schon wunderschön, aber jetzt alles vom Boden aus zu sehen, war wirklich atemberaubend. Genauso wie ich mir das Paradies vorgestellt hatte, nur noch schöner.
„Bereit?" fragte mich Ian, nachdem er seinen Blick von der Aussicht losgerissen hatte. Ich konnte sehen, wie begeistert auch er war, was mich mehr als glücklich machte. Ohne zu zögern nahm ich seine ausgestreckte Hand entgegen.
"Mehr als bereit." Zufrieden verschränkte er sanft unsere Finger und half mir von dem wackeligen Steg.
"If you want, you can go for a little walk at the beach. Your room should be ready in about 20 minutes," sagte ein Inselmitarbeiter lächelnd.
Wir nickten zustimmend und machten uns auf den Weg. Erst über den Steg, dann über eine kleine Steinüberführung, bis wir endlich den warmen Sand unter unseren Füßen spüren konnten. Ich war in meinem Leben noch nicht oft am Meer, also plante ich keinen Moment hier zu verschwenden.

Nach einigen Minuten des Schweigens unterbrach Ian die Stille. "Ich bin wirklich froh, dass du mich hierzu überredet hast, Schatz."
Lächelnd drehte ich mich zu ihm, sodass wir uns nun genau gegenüberstanden. "Ich auch, Liebling," flüsterte ich sanft in sein Ohr, nachdem wir uns einige Sekunden nur in die Augen geschaut hatten. Wie ich diese Momente zwischen uns vermisst hatte. Ohne eine weitere Sekunde zu warten, zog ich Ian zart an seinem Nacken zu mir, um unsere Lippen zu einem Kuss zu vereinen. Ich fühlte mich zum ersten Mal seit Langem wieder wie der wichtigste Mensch in seinem Leben, und es fühlte sich mehr als gut an. Während wir uns küssten, kraulte ich leicht den Haaransatz seines Hinterkopfes, und Ians Hände fanden meine Hüften.
Doch plötzlich rollte eine Träne aus meinem Augenwinkel mein Gesicht hinab. Ian unterbrach den Kuss und wischte vorsichtig die Träne weg. "Ist alles okay mit dir?" fragte er leise. Ich nickte, drückte mich fest an ihn und hauchte ihm einen kleinen Kuss auf den Mund. "Es ist mehr als perfekt."
Das war es wirklich. Perfekt.
"Was hältst du davon, wenn wir weitergehen? Ich glaube, ich habe da hinten eine Strandbar gesehen." Begeistert von seiner Idee griff ich wieder nach seiner Hand und lief los. Naja, zumindest versuchte ich zu laufen, da der Sand mein Vorhaben erschwerte.

Wie Teenager liefen wir also am Strand entlang, bis uns die Puste ausging.
„Hey Cass, warte mal kurz." Sofort blieb ich stehen und drehte mich verwirrt zu Ian um. "Was ist denn?"
"Siehst du die Surfer da hinten? Die Wellen sind total stark. Denkst du, ich kann die nächsten Tage auch mal wieder aufs Surfbrett?" fragte er dann.
"Ich glaube, du kannst dir hier Surfsachen ausleihen. Was hältst du davon, wenn wir uns heute Abend beim Essen darüber informieren?" Kurz wendete er seinen Blick von den Surfern ab und schenkte mir ein breites Lächeln. "Das hört sich toll an, Cass."

Die letzten Momente, bevor wir in unser Haus einchecken konnten, nutzten wir, um den Surfern zuzusehen. Dabei blieb mein Blick auf einem von ihnen hängen. "Siehst du den in den roten Shorts?"
"Klar, Schatz, was ist mit ihm?"
Ohne zu antworten legte ich beide Hände an Ians Wangen und zog ihn erneut zu einem Kuss heran. Als ich mich nach einigen Momenten wieder von ihm löste, flüsterte ich leise in sein Ohr: "Wenn du vom Surfen auch so einen Body kriegst, heirate ich dich gleich hier. Ich stand schon immer auf Surferboys."
Zunächst blieb Ian still, und langsam machte ich mir Sorgen, mit meinem Scherz zu weit gegangen zu sein.
"Ian, es tut mir leid..."
Doch er unterbrach mich sofort und rief: "Na warte!"
Wieder fanden wir uns lachend im Sand rennend, bis er mich schließlich zu fassen bekam und wir laut losprusteten, als wir fast unsanft auf dem Boden landeten.
"Ich liebe dich, Cassy."
"Ich dich auch, Ian."

𝐓𝐡𝐞 𝐠𝐮𝐲 𝐢𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐫𝐞𝐝 𝐬𝐡𝐨𝐫𝐭𝐬 (𝙿𝚎𝚍𝚛𝚘 𝙿𝚊𝚜𝚌𝚊𝚕 )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt