5. Vorhersagen

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Kaum hatten sie den Raum erreicht, stieg ihnen auch schon beißender Rauch in die Nase. Hustend ließen sie sich jeweils zu zweit an einem kleinen Tischchen nieder, ihre Augen tränten von der Parfümwolke, die sie zusätzlich umgab. Der Raum war stickig wie immer. Kurz darauf begann auch schon der schräge Unterricht und die Schüler versuchten halbherzig, etwas in ihrem Teesatz zu erahnen. Gelangweilt zeichnete Sirius mit einem Finger einen Smiley in seine Teereste und goss anschließend wieder etwas heißes Wasser darüber, um ein neues Bild zu kreieren.

Eigentlich hatten die Rumtreiber das Fach 'Wahrsagen' nur gewählt, um kein anderes ertragen zu müssen. Im Nachhinein hatte sich dies allerdings als eine hirnrissige Idee herausgestellt.

James hatte von allen die meiste Fantasie. Er interpretierte und reimte sich, zusammen mit Peter, seine kühnsten Zukunftsvorstellungen zusammen. Auch gerade hörte Sirius James mit einer übertrieben besorgten Miene sagen: "Oh Merlin, Peter, du Unglückswurm! Weißt du, was ich gerade gesehen habe? Ich fürchte, ich kann mich einfach nicht täuschen. Es sieht so aus, als würdest du in naher Zukunft sehr grausam sterben... Hier, erkennst du die Kuh dort? Ein Zeichen von ... ähm ... vermeintlicher Ruhe und das Wiegen in Sicherheit, aber siehst du wie sie ihre Zähne fletscht?", er nickte bedauernd, "Oh je, ich denke, das kann nur eines bedeuten! Tod durch Schokofrösche - es gibt keine andere Möglichkeit!"

Anklagend deutete auf eine wahllos aufgeschlagene Seite in seinem Buch und zitierte: "Wer dieses Zeichen zu erkennen vermag, der wird durch eine trügerisch süße Macht sein Leben lassen." Sirius, Remus und Peter prustete los und James sah sie spielerisch entrüstet an. "Ihr Ungläubigen! Wollt ihr etwa meinem Wort keinen Glauben schenken? Pah!", empörte er sich, aber seine Augen funkelnden neckisch.

"Meine Herren? Dürfte ich um etwas mehr Anstand bitten? Lassen Sie mich doch mal ihren Teesatz sehen", ertönte auch schon die rauchige Stimme von Professor Trelawney hinter ihnen. Diese beugte sich schwungvoll über James' Schulter und rückte ihre runde Brille zurecht. Unauffällig wandte James sich wenig von ihr ab und warf seinen Freunden einen verzweifelten Blick zu, den sie mit einem Grinsen quittierten.

Während Trelawney also James und Peter über ihre Fehlinterpretation aufklärte, hielt Sirius Remus seine Tasse unter die Nase und fragte gespielt hoffnungslos: "Mooony, hast du eine Idee, was das heißen könnte? Ich bin irgendwie fix und fertig... Soll das heißen, dass bald jemand meine geheimen Herzchen-Socken entdeckt? Ich check's einfach nicht."
Gerade wollte ihm Remus lachend antworten, als sie einen erstickten Laut vernahmen. Irritiert drehten sich die beiden Gryffindors um.

Ihre Professorin hatte sich kurz zu ihnen umgedreht und war nun mitten in ihrer Bewegung erstarrt. Mit großen Augen blickte sie zwischen Sirius und Remus hin und her, eine Hand auf ihren Mund gedrückt. "Nein...nein, was seh' ich da?", hauchte Trelawney und wuselte aufgeregt zu den beiden hinüber. Blitzschnell nahm sie von beiden jeweils eine Hand und schloss konzentriert ihre Augen. Sirius hob verwundert eine Augenbraue. Langsam fuhr sie mit den Daumen über ihre Handinnenflächen. "Unglaublich", murmelte sie immer wieder, "Einfach unglaublich."

"Wa-", wollte Sirius fragen, doch Trelawney schnitt ihm das Wort mit einer hektischen Handbewegung ab und griff anschließend wieder nach Remus' Hand, die sie dafür losgelassen hatte. Dann blickte sie nachdenklich an die Decke. Auf alle Todesurteile gefasst, blickten beide Schüler zu ihr auf, doch an diesem Tag tauchte auf Trelawneys Gesicht keine unheilverkündende Miene auf. Stattdessen begann sie ehrfürchtig zu sprechen: "So eine starke Bindung habe ich ja noch nie gesehen! ... Seid ihr - ? Ihr müsst doch - oder noch nicht?" Fragend blickte sie zwischen den beiden hin- und her.

"W-was?", fragte Remus nach einer kurzen Pause und blinzelte verwirrt. "Nein!", rief Trelawney erneut erfreut aus, "Ich wusste, ich konnte mich nicht täuschen!" Triumphierend griff sie quer über den Tisch nach Sirius' Tasse. Zufrieden blickte sie auf das von dem Animagi gezeichnete Herz auf dem Tassenboden und lächelte glücklich. "Aber das-", wollte Remus gerade erwidern, um ihre Annahme zu korrigieren, doch auch er kam nicht zu Wort. "Glaub mir, mein Lieber, ich sehe eure gemeinsame Aura!", beteuerte Professor Trelawney entzückt und zwinkerte ihnen zu. Dann tätschelte sie den beiden zum Abschluss noch einmal zufrieden die Hand und verschwand auch schon, um ein neues Opfer zu finden.

Fassungslos starrten die beiden Gryffindors ihr nach. "Mist!", murmelte Sirius und seine Wangen brannten. Das konnte ja lustig werden...

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Ja, Trelawney sucht hier Hogwarts schon früher heim. :)

Survive - WolfstarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt