Kapitel 5

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Nachdem ich sonst nichts sagte, fragte Tabea mich "und was sind die restlichen Puzzleteile?" "Also dazu musst du ein bisschen was über unsere Familie wissen. Ich habe noch zwei Geschwister einen Bruder und eine Schwester. Ich bin die älteste und meine Schwester die Jüngste. Meine Mutter war Lehrerin und mein Vater Architekt. Sie wollten schon immer, dass ich das Architekturbüro meines Vaters übernahm. Alles was ich machen wollte wurde abgelehnt. Das einzige was sie für mich richtig fanden war die Architektur. Mein Bruder und meine Schwester kamen dafür nicht in Frage. Mein Bruder hätte gar keine Chance gehabt, seine Noten waren viel zu schlecht. Aber das fanden meine Eltern nicht schlimm, Hauptsache er wurde versetzt. Das war das einzige wichtige bei ihm. Und meine kleine Schwester war sowieso die Göttin für sie. Sie durfte alles, machen was sie wollte, Pläne und Wünsche für die Zukunft haben, jeden Sport treiben, der ihr gefiel und und und. Aber sie musste gut in der Schule sein. Das war für sie aber kein Problem sie war eine Einserschülerin. Beliebt bei jedem. Bei Lehrern, Lehrerinnen und Schülern, Schülerinnen gleichermaßen. Naja und dann gab es mich. Die Zukunftspläne für mich waren schon festgelegt worden von meinen Eltern. Ich musste Leistung bringen um dann einen Abischnitt von 1,5 zu bekommen. Danach hätte ich Architektur studiert und wäre sofort bei meinem Vater eingestiegen. Mit 30 hätte ich das Büro übernommen und auch erst da geheiratet. Er wäre natürlich auch Architekt und wir hätten zusammen weitergemacht im Büro. Mit 35 hätte ich zwei leibliche Kinder. Die beiden würden zweisprachig erzogen werden, da sich zum Großteil ein spanisches Aupair um die zwei gekümmert hätte. Junge und Mädchen versteht sich ja von selbst oder? Der Junge der ältere. Wie genau sie sich das aus biologischer sucht vorgestellt haben will ich lieber garnicht wissen. So ungefähr sah der Plan meiner Eltern für mich aus. Meiner sah als Teenager ziemlich anders aus. Aber was ich wollte war egal. weder meine Schwester noch ich waren wirklich zufrieden. Sie war es irgendwann leid alles machen zu dürfen und keine Grenzen zu haben. Ich war es leid einen genauen Lebensplan vorgeschrieben zu bekommen. Und wenn nur das kleinste Detail davon nicht eingehalten wurde wurde ich von meinen Eltern schlecht gemacht. Aber eins mussten wir beide: perfekt sein. Keinen Mackel durften wir uns erlauben. Verschiedene Kleinigkeiten die davon ausgelöst wurden bildeten einen Großteil der Puzzleteile. Zum Beispiel eine drei in Deutsch. Den anderen Teil der Puzzleteile bildete, dass ich damals mein Äußeres nicht akzeptiert habe. Ich fand mich zu dick und allgemein hässlich, hatte aber niemanden mit dem ich darüber hätte reden können, weil jegliche Versuche mit Ironie oder Humor abgetan wurden."

Tabea schaute mich noch eine kurze Zeit an und nahm mich dann stumm in den Arm. Dankbar darüber, dass sie es nicht lächerlich fand, legte ich meinen Kopf auf ihre Schulter. Schweigend saßen wir eine Weile so nebeneinander bis Tabea das Wort ergriff. "Wie haben deine Eltern dann reagiert als du nicht ihre genauen Pläne verfolgt hast?" Ich seufzte "sie waren sauer und meinten ich würde es nicht wertschätzen, dass sie mir so ein tolles Leben ermöglichen wollten. Da ich mir knapp 17 schon Abi gemacht hatte, gab es danach ein kleines Problem. Ich konnte nicht studieren was ich wollte, denn noch war ich minderjährig. Meine Eltern nutzten diese Chance und zwangen mich dazu ein Architekturstudium zu beginnen. So habe ich dann zwei Semester Architektur studiert und habe an meinem 18. Geburtstag das Studium abgebrochen und mich für ein Psychotherapiestudium beworben. Einen Tag danach haben mich meine Eltern rausgeschmissen und mir den Kontakt zu meinen jüngeren Geschwistern verboten. Meinen Bruder haben sie so sehr bearbeitet, dass er seitdem nicht mehr mit mir gesprochen hat. Mit meiner Schwester habe ich sofort wieder Kontakt aufgebaut nachdem sie ausgezogen ist. Das war fünf Jahre danach. Mit meinen Eltern habe ich keinen Kontakt mehr... Und ich glaube Freunde von meinen Eltern und weite Verwandte denken immernoch ich habe mit 18 ein Stipendium für eine der besten Unis in Amerika bekommen. Und habe da jetzt ein Architekturbüro." ich verdrehte leicht die Augen. "Oh krass. Hättest du gerne wieder Kontakt zu deinen Eltern?" ich nickte und eine Träne stahl sich aus meinem Auge bei dem Gedanken an meine Eltern und meinem Bruder. Tabea strich mir die Träne aus dem Gesicht und nahm mich daraufhin noch einmal in den Arm. "Und deine Schwester?" "kommt nächste Woche für eine Woche her" ich lächelte bei dem Gedanken daran. "mit einem Lächeln gefällst du mir viel besser! Aber du kannst trotzdem immer kommen wenn was ist." "danke", ich schenkte der Kinderärztin neben mir ein dankendes lächeln, stand dann mit den Worten "Maultaschen warten" und machte mich auf den Weg zurück in die Küche. Grinsend kam Tabea mir hinterher. Unten in der Küche schob ich meine Ärmel nach oben und machte mich daran den Nudelteig mit Füllung zu befüllen. "du solltest nur nachher deine Ärmel wieder runter machen, wenn du das Gespräch nicht noch ein paar Mal führen willst.", erinnerte mich Tabea lachend und auch ich stieg in das Lachen mit ein. Es hatte gut getan mit jemandem darüber zu sprechen und so war ich meiner Dummheit aber vorallem Tabea unglaublich dankbar. Nach mehreren Stunden Arbeit und total viel Spaß waren die Maultaschen fertig und wir froren die Hälfte ein. Die andere Hälfte begann ich schonmal zu braten, da der Rest bald von seiner Schicht zurück kommen würde. Währenddessen deckte Tabea schonmal den Tisch. Nachdem alle eingetrudelt waren begannen wir zu essen und unterhielten uns über alles mögliche. Mia gab mir noch alle Infos zu Bella weiter, dann hakten wir die Arbeit ab und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Am späten Abend schlief ich mit dem Gedanken an meine Schwester die nächste Woche kommen würde ein.

Spuren der Vergangenheit(ASDS FF)/abgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt