Kapitel 1 ~ Partytime #3

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Ich würde mich heute Abend definitiv nicht amüsieren, dafür war ich viel zu angespannt. Und wenn jetzt jemand auf die brillante Idee kommen sollte, dass ich mich ja betrinken könnte, soll gesagt sein, dass ich grundsätzlich gegen exzessiven Alkoholkonsum bin.

Es machte nicht nur das Gehirn kaputt, sondern es war auch eine Blamage ohne gleichen. „Ich bin auch nicht wirklich gerne hier, eher notgedrungen“, gab ich zu. Irgendjemandem außer Zoey musste ich meine Probleme ja auf die Nase binden und Cale würde ich nach dem heutigen Abend vermutlich nie wiedersehen.

„Das muss aber eine ganz schön schlimme Not sein… etwa wieder der Traumboy deiner Freundin? Wenn er hier wirklich aufkreuzt, muss er echt in Not sein.“ Ich lächelte und für einen kurzen Augenblick vergaß ich, warum ich hier war.

Vielleicht würde der Abend mit Cales Hilfe doch gar nicht so unerträglich werden. Er war lustig und brachte mich auf andere Gedanken und dafür war ich ihm dankbar.

„Ich glaube sowieso, dass er alles tun wird, um mir aus dem Weg zu gehen, also werde ich ihn heute wahrscheinlich nicht einmal zu Gesicht bekommen.“ Fragend zog er eine seiner dunklen Brauen nach oben: „Lass mich raten: deine Freundin weiß nichts, von dem was zwischen euch war.“

Überrascht blickte ich ihn an. Hatte er wirklich so schnell zwischen den Zeilen gelesen? Respekt, er war gut. „Im Grunde war da ja gar nichts. Nur ein Kuss und naja, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.“

Meine einigermaßen gute Stimmung von grade eben war einer Frustration gewichen, für die ich mich hätte schlagen können. Es brachte mich nicht weiter, darüber nachzudenken, während er und Dessy drauf und dran waren, zusammenzukommen.

Jason war sicher nicht blind und er wusste ganz genau, dass sie ihn mochte. Wenn er mit ihr ein genauso mieses Spiel abziehen würde, sollte er mich kennenlernen. Aber vielleicht waren wir auch einfach nicht füreinander bestimmt.

Diese blöden Gefühle für ihn sagten zwar etwas anderes, aber mein Verstand wusste es besser. „Was für ein Kuss?“ Cales neugieriger Blick riss mich aus meinen Gedanken. Ja, was für ein Kuss war es denn eigentlich gewesen?

„Einer, bei dem ich dachte er würde mich vielleicht wirklich mögen. Zart und gefühlvoll. Einfach perfekt. Aber dann musste ich feststellen, dass es ihm wohl nichts bedeutet hat.“

Ich wusste nicht, warum ich einem Fremden das alles erzählte, aber er war immerhin ein Junge und konnte mir vielleicht sagen, was dass alles zu bedeuten hatte. „Wie hat er sich denn vorher so dir gegenüber verhalten?“

Cale schien es überhaupt nicht überraschend zu finden, dass ich mich ihm so schnell anvertraute, aber in einer gewissen Weise war es erleichternd, jemandem alles zu erzählen.

Er kannte Jason nicht und hatte somit einen objektiven Blick auf das Ganze. Na gut, er kannte zwar nur meine Seite der Geschichte, aber ich hatte es schon zahlreiche Male gedreht und gewendet: Jason war und blieb ein Arsch.

„Naja, zuerst war er unglaublich süß und witzig. Dann plötzlich hat er mich ignoriert, den Grund kenne ich nicht.“  Nachdenklich blickte Cale mich aus seinen grünen Augen an.

Sie hatten etwas Vertrauenserweckendes an sich, aber auch etwas freches, als wäre er Peter Pan. Ich mochte die Geschichte, aber vor allem den aufgeweckten Jungen, der nie erwachsen wurde.

Deshalb hatte ich auch geweint wie ein Schlosshund, als er und Wendy sich am Ende des Filmes nicht bekommen hatten. Aber wenigstens hatten sie sich für immer gut in Erinnerung behalten.

Das konnte ich von Jason im Moment nicht wirklich behaupten. Klar, da waren die guten Dinge und ich konnte nicht so tun, als wäre er immer nur ein Idiot gewesen, aber trotzdem hatte er mich verletzt und das tat weh.

„Also hat er sein Verhalten dir gegenüber vom einen Moment auf den anderen geändert?“ Achselzuckend nickte ich; ja, genau so war es gewesen. Plötzlich hatte er sich so seltsam benommen, als wäre ich Luft für ihn und dann hatte er mich geküsst.

Das mir nicht früher aufgefallen war, dass etwas faul sein musste, grenzte an ein Wunder. Oder ich war einfach blind vor lauter Gefühlen. Das musste es sein, er hatte meine Sinneswahrnehmung getrübt.

„Und du hast keine Ahnung warum? Nicht einmal einen Anhaltspunkt?“ Es war zwar lieb von ihm, dass er sich so viel Mühe gab, aber um ehrlich zu sein, wollte ich mit der Sache abschließen und sie nicht noch einmal wiederholen.

Andererseits könnte es auch helfen, wenn ich die ganze Geschichte jemandem anvertraute. Selbst Zoey wusste nicht jede Einzelheit, aber sie hatte auch nie weiter nachgehakt.

Wie ich sie kannte, wollte sie mich damit vor meinen eigenen Gedanken schützen und ich ließ sie in dem Glauben. „Es ist doch ohnehin zu spät. Heute Abend will meine ehemals beste Freundin ihr Verhältnis –wenn sie nicht schon längst was miteinander haben- zu ihm verbessern und glaub mir, es ist wahrscheinlich besser so, dass er mich direkt verletzt hat und nicht erst später. Vielleicht hätte ich mich sonst noch richtig in ihn verliebt, ohne zu wissen, dass ich ihm nichts bedeute.“

Cale legte den Kopf schief und seine schwarzen Haare fielen zur Seite. „Du bist längst in ihn verliebt. Selbst ein Blinder würde das merken. Und wie du den Kuss beschrieben hast, hört sich für mich nicht so an, als würdest du ihm nichts bedeuten. Wenn er andere Absichten gehabt hätte, hätte er entweder nicht so früh abgebrochen, oder der Kuss hätte eine ganz andere Richtung eingeschlagen.“

Er konnte mir erzählen, was er wollte, mir war klar dass er es nur schönredete. Aber da war nichts schönzureden. Ich hatte mich in einen Jungen verliebt, er hatte mich verletzt und fertig.

Das war die Geschichte, da ging es nicht weiter, egal was andere darin sahen.

„Er hat mir gesagt, dass mich nichts was er tut angeht. Reicht dir das, um einzusehen, dass ich ihm sehr wohl nichts bedeute?“ Blinzelnd blickte ich an die Decke, damit die Tränen meine Augen nicht verlassen konnten.

Ja, ich war schon wieder kurz davor zu weinen. Wie in letzter Zeit eigentlich ständig, was es aber auch nicht besser machte. „Ach komm schon, hör auf wegen dem Idioten zu weinen! Wir machen den Depp heute so eifersüchtig, dass er am Ende gar nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht, okay? Und wenn das nicht reichen sollte, wird sich sicher jemand finden, der ihm bereitwillig auf die Schuhe kotzt.“

Schmunzelnd sah ich ihn an; er war mir jetzt schon sympathisch, denn er brachte mich zum Lächeln, obwohl mir in letzter Zeit eher zum Heulen zumute war. Liebeskummer war gelinde gesagt einfach scheiße.

Wenn es etwas dagegen gab, war es die ansteckende gute Laune anderer Leute und Cale schien vor guter Laune nur so überzuquellen. Außerdem war er hilfsbereit und hatte damit schon mal eine der wichtigsten Eigenschaften, um meine schlechte Laune zu vertreiben.

„Denkst du wirklich, es ließe sich so jemand finden?“, fragte ich hoffnungsvoll mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. „Zur Not mache ich es selbst“, versprach er mir und ich zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass er es wirklich tun würde.                  

I won't let you hurt me againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt