Kapitel 10

1.5K 183 16
                                    

Racola starrte auf das schlichte Stück Pergament, dass Calarion ihn hatte zukommen lassen. Es war das erste Mal in der Geschichte der Drachenjäger, dass ein Bote der Drachen unbeschadet durch ihr Gebiet ritt und ihm niemand etwas antat.

Natürlich hatte sein Volk den Boten und seine Begleitung argwöhnisch betrachtet, aber da keiner von den Boten eine Waffe trug, waren sie etwas beruhigter. Allerdings hatte es Calarion in ihren Augen wieder geschickt angestellt, denn wären seine Abgesandten angegriffen oder sogar getötet worden, hätte er es als erneuten kriegerischen Akt auslegen können und sie als Drachen direkt angreifen können. Die Drachenjäger wären ausgelöscht worden.

Racola wischte sich fahrig über das Gesicht und war froh, dass ihn niemand dabei beobachtete.

Er wusste genau, dass Calarion nicht so dachte, aber so hatte es Racola seinen Leuten erklärt. Etwas, was ihm irgendwie zuwider war, aber er musste Schuld auf Calarion abwälzen, damit niemand seine wahren Absichten erkannte. Außerdem schützte er so die Boten.

Die offizielle Bestätigung für den Zweikampf und Calarions Bedingungen waren auf eine Schriftrolle festgelegt worden, die ihm der Bote in einer großen Geste überreicht hatte. Nur Racola hatte bemerkt, dass der Bote ihm diesen Zettel, dass nun auf dem Tisch vor ihm lag, geschickt in den Ärmel steckte.

Wenn er ehrlich sein sollte, fürchtete sich Racola davor, den Zettel zu lesen. Er hatte keine Ahnung, was Calarion ihm noch mitteilen wollte, aber er war sich sicher, dass es keinesfalls etwas Gutes wahr.

Er atmete noch einmal tief ein, dann nahm er ihn auf und öffnete ihn.



Ich sende dir Grüße Vetter,

ja, ich nenne dich Vetter, denn wir wissen beide, dass es in gewisser Weise stimmt.

Ich habe deine Nachricht von Meriwan erhalten.

Bevor du fragst, ihr geht es gut, so wie auch deiner Mutter, die sich mit Meriwan ausgezeichnet versteht. Ich weiß ganz genau, dass du nur an sie denkst, denn mir geht es mit meiner Lana genauso. Die Nachkommen der ersten Drachen sind in der Beziehung alle gleich. Wenn sie eine Frau lieben, dann tun sie alles, um sie zu beschützen.

Aber wir kommen vom Thema ab.

Der Zweikampf ist eine dumme Idee. Ich werde dich nicht töten und das weißt du auch. Es sind schon genug Menschen durch diesen dummen Streit, der sich nun schon seit Jahrhunderten hinzieht, gestorben. Ich habe schon immer die Absicht gehabt, diesen Zustand zu ändern.

Was sollen wir also machen?

Willst du dich wirklich opfern lassen? Denn das hast du doch vor. Das zeigt mir die Bitte an Meriwan, dass sie nicht dabei sein soll, wenn du mit gegenüber trittst. Es wird nichts bringen, außer wieder Kämpfe. Du weißt, dass sie dich als eine Art Märtyrer feiern werden und es beginnt von vorne. Ich glaube aber nicht, dass dies dein Wille ist.

Uns fällt wirklich nicht ein, wie wir alles friedlich beenden können, ohne das noch ein Mensch oder Drache stirbt.

Deswegen bitte ich dich: lass von dem Zweikampf ab, wenn es eine andere Möglichkeit gibt. Ich bin für alles andere offen.

Dein Vetter

Calarion





Racola fluchte.

Genau so etwas hatte er erwartet.

Die Drachen von Wikuna - Kanoran (Band 7)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt