Eine Träne rollte über meine Wange. Der Ring wurde von meinem Finger gezogen. Endlich konnte ich meine Augen wieder öffnen und in das Antlitz Úmeas' blicken, welche etwas geschockt und überrascht zurückschaute.
„Faszinierend", hauchte sie leise und musterte meinen elenden Körper, der übersät war mit etlichen Schnitten und blauen Flecken. Ich versuchte zu realisieren, was ich gerade getan hatte, doch es war, als würde ich mich selbst davor bewahren wollen. Das Waldlandreich würde angegriffen und vernichtet werden, nur weil ich mich nicht hatte beherrschen können.
„Bringt sie in ihre Zelle zurück", befahl die Maia und sofort wurde ich hochgehoben. Meine Arme und Beine baumelten kraftlos hinab, während ich die Gänge zurückgetragen wurde. Alles war umsonst gewesen. Für die wenigen Jahre hatte ich mein Reich, meine Familie beschützen können. Warum war ich damals nur in den Wald gegangen? Warum hatte ich mich nicht durchsetzen können? Ich hätte meine Ausbildung längst beendet und würde ein glückliches Leben im Düsterwald führen.
Wie so oft dachte ich an den Tag, der mein Leben ins Dunkle gestürzt hatte, zurück. Ich konnte nicht aufhören mir Vorwürfe zu machen oder immer jemand anderem die Schuld zuzuschieben. Eigentlich hatte ich es längst akzeptiert, doch an solchen Tagen ertappte ich mich in meinen Erinnerungen schwelgend.~
„Arien! Wach endlich auf", rief Meril aufgeregt und warf die Tür hinter sich ins Schloss. Ich brummte unwillig und drehte mich von ihr weg. „Du wirst nicht glauben, was ich gerade herausgefunden habe!" Ich verdrehte genervt meine Augen, als sie auf mein Bett sprang und sich halb über mich beugte. „Was denn?", fragte ich desinteressiert und warf ihr einen bösen Blick zu. Sie lächelte bloß übertrieben fröhlich. „Legolas wird unser letztes Training übernehmen!" Ich seufzte und wartete auf die echte Information, doch weiterhin sah sie mich mit diesem viel zu glücklichen Blick an.
„Weißt du eigentlich, was uns das für Möglichkeiten eröffnet?" „Nicht wirklich", murmelte ich in mein Kissen hinein und schloss wieder meine Augen. „Das heißt, dass der Prinz sofort unsere Namen kennt und sobald wir die Prüfung demnächst abgeschlossen haben, werden wir vielleicht bei manchen Entscheidungen bevorzugt!"
„Wunderbar", antwortete ich immer noch nicht wirklich motiviert und zog meinen Arm unter ihr hervor. „Komm schon, also ich kann mich ganz gut an vor ein paar Jahren erinnern." Nun öffnete ich doch wieder meine Augen und starrte wütend geradeaus. Sie hatte mir versprochen es nie wieder aufzubringen. „Das ist ewig her", murmelte ich und drehte mich herum, sodass sie sich aufsetzte. „Glaubst du wirklich, dass es Zufall ist, dass er genau unsere Gruppe übernimmt?" Mir fiel wieder das Gespräch von damals ein, wie er mir Bogenschießen beigebracht und dann gesagt hatte, dass er vielleicht doch kein so schlechter Lehrer wäre. Ich hatte nicht gedacht, dass darin ein Funken Ernst steckte.
„Vermutlich nicht", knurrte ich und stand auf. Ich wusste nicht ganz, was ich davon halten sollte. „Wir müssen trainieren, zieh dich schon an!", befahl meine Mitbewohnerin und erhob sich ebenfalls. „Ich weiß nicht, ob es so viel Sinn macht, für ein Training zu trainieren, aber okay", murmelte ich vor mich hin und tat wie geheißen. Sie antwortete mir nicht und holte bereits unsere Waffen. Die letzten Tage hatte ich angefangen das Frühstück auszulassen. Ich war mir selbst nicht so sicher warum, doch mir war der Schlaf wichtiger und es ging mir ganz gut damit. Vielleicht lag es daran, dass ich am Abend immer länger aufblieb.
Dementsprechend war ich noch müde, als wir den Wald betraten. Es hatte sich zu damals viel verändert und auch, wenn für Legolas 15 Jahre nicht viel Zeit waren, so war es das für mein Alter sehr wohl.
„Fang du schon mal an", wehrte ich ab, als sie mir auffordernd zunickte. Wir waren auf einem kleinen Trainingsplatz angekommen, auf dem zu dieser Stunde natürlich noch niemand war. Meril stimmte zu und zückte ihren Bogen. Ich ließ mich erleichtert etwas weiter weg auf einem Baumstumpf nieder und döste im Sitzen noch etwas vor mich hin, während ich meine Freundin so halb beobachtete. Ich hatte immer noch Albträume von damals, wobei ich versuchte, mich davon zu entfernen. Dabei war es vermutlich nicht hilfreich, nun mit Legolas Training zu haben. Ich hatte keine Vorstellung, wie viel er von uns erwartete, da wir in den nächsten Wochen unsere Abschlussprüfung hatten, doch es würde sicherlich nicht wenig sein. Steckte vielleicht wirklich mehr dahinter, wenn er plötzlich genau meine Gruppe auswählte?
„Arien?", fragte Meril. Schnell sah ich auf. Sie war offensichtlich fertig und breitete ihren Arm ausladend aus, sodass ich aufstand und seufzend zu ihr trat. Ich gähnte noch einmal, bevor ich zum Zielen ansetzte und verschlafen die Platte anvisierte. „Du weißt schon, dass die Prüfung auch in der Früh stattfinden wird?", fragte Meril und verschränkte ungläubig ihre Arme. Ich warf ihr einen genervten Blick zu und ließ den Pfeil von der Sehne schnellen. Noch bevor dieser sein Ziel erreicht hatte, spannte ich bereits den nächsten ein. Das ging so weiter, bis ich alle Ziele perfekt getroffen hatte und mich dann demotiviert umdrehte. Meine Freundin schüttelte bloß den Kopf und hob ihre Augenbrauen. „Irgendwann musst du mir sagen, wer dein geheimer Trainer ist." Nun musste ich doch schwach lächeln und kehrte zu meinem Platz an dem Baumstumpf zurück. Natürlich hatte ich keinen, doch die Tipps von damals hatten mir so weit geholfen, dass ich nicht das kleinste Problem mehr mit meinem Bogen hatte und mich auf den Nahkampf konzentrieren konnte, welcher damit auch viel besser geworden war. Doch Meril versuchte trotzdem immer wieder mich zu schlagen, so wie heute. Jedes Mal ließ sie sich etwas Neues einfallen, diesmal waren es Augenbinden. Ich sah sie bloß ungläubig an.
„Soll ich die anziehen und dich dann abschießen, oder was?", fragte ich wenig überzeugt. Sie lächelte siegessicher. „Ich werde mich schon verteidigen können", antwortete sie und hielt sie mir hin. Ich seufzte und nahm sie an. Inzwischen waren schon ein paar Stunden vergangen, in denen sie sich aufwärmen wollte.
„Du weißt, dass es verboten ist so zu trainieren", murmelte ich noch, doch wusste, dass das bei ihr keinen Sinn hatte und nahm mir selbst die Sicht. Ich hörte, wie sie sich über den weichen Waldboden von mir entfernte und zog meinen Bogen.
„Los", sagte sie irgendwann und ich setzte einen Pfeil an die Sehne. Es war gar nicht so unangenehm wie erwartet, mich nur auf mein Gehör zu verlassen. Langsam drehte ich mich mit dem leisen Knistern, bis es irgendwann aufhörte, doch ich wusste es besser, als anzunehmen, dass sie einfach stehengeblieben war. An der Stelle war eine Kletterwand, wenn ich mich richtig erinnern konnte und von der verstrichenen Zeit und ihrem Können abhängig, versuchte ich abzuschätzen auf welcher Höhe sie sich ungefähr befinden sollte. Also zielte ich blitzschnell und ließ los. Zuerst hörte ich nur das Zischen, dann kurz nichts und ein dumpfer Aufprall. Verwirrt lauschte ich weiter. „Meril?", fragte ich leise. War sie einfach hinunter gehüpft, um sich in Sicherheit zu bringen? Doch es kam keine Antwort, weshalb ich doch besorgt meine Augenbinde hinunterzog und meine Augen entsetzt aufriss. „Meril!", rief ich aufgeregt und stürzte sofort auf sie zu. In ihrem Rücken steckte mein Pfeil. Ich konnte nicht genau sagen, ob er wirklich ihr Herz getroffen hatte und setzte mich mit zittrigen Fingern neben sie. Mein Atem ging unkontrolliert, während ich eine Hand auf ihre Schulter legte und versuchte einen Puls oder Atmung festzustellen. Ich blinzelte die aufkommende Feuchtigkeit in meinen Augen weg und sah mich verzweifelt um. „Es tut mir so leid", flüsterte ich und wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Sie hatte doch gesehen, wie gut ich schießen konnte! Warum riskierte sie das dann?
Ich schluckte schwer und hob sie vorsichtig hoch. Der Weg zum Palast war nicht weit und das Tragen war das geringste Problem im Moment. Es war um die Mittagszeit herum, weshalb ich glücklicherweise niemandem begegnete. Erst in den Hallen sah ich ein paar Wachen, doch die kümmerten sich nicht groß um mich. Mir war auch ziemlich egal, wie ich gerade aussah, mir war nur wichtig, Meril zu den Heilern zu bringen.
„Ich brauche Hilfe", sagte ich sofort, als ich durch die offene Tür kam und blickte verzweifelt im Raum umher.
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Die Ringe der Cementári // Herr der Ringe & Der Hobbit FF
FanfictionDrei Ringe, geschmiedet im Angesicht der Cementári und bestehend aus den heiligen Überresten derer, die sie am meisten schätzte. Eine Verbindung der Geister, der Seelen und des Wissens. Nach dem Feuer kommt Asche, die im Winde verwehen wird. Doch wi...